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Die Spielzeit 2020–21 der Bayerischen Staatsoper beginnt bereits am 1. September 2020 mit der Uraufführung von Marina Abramovićs Opernprojekt „7 Deaths of Maria Callas”. Ebenfalls Premiere feiert die Opernstudio-Produktion „Mignon”. Unverändert bleibt Frank Castorfs Inszenierung von „Die Vögel”, danach folgt die eigentlich für die Festspiele 2020 geplante Neuproduktion von „Falstaff”.

„7 DEATHS OF MARIA CALLAS” von Marina Abramović
Sieben verschiedene Arien, in denen Maria Callas zeitlebens als Interpretin glänzte, werden von sieben Sängerinnen konzertant vorgetragen: „Addio del passato“ aus La traviata, „Vissi d’arte“ aus Tosca, „Ave Maria“ aus Otello, „Un bel dì vedremo“ aus Madama Butterfly, „Habanera“ aus Carmen, „Il dolce suono“ aus Lucia di Lammermoor und die wichtigste Arie überhaut im Leben der Sopranistin: „Casta Diva“ aus Norma. „In dieser Aufführung verfolgen wir einen sehr konzeptuellen Ansatz. Wir reduzieren die üblichen Elemente der Kunstform Oper auf ein Minimum und verbinden die Elemente Video und Performance, narrative Erzählung und Musik.“, erklärt Abramović. Das Publikum hört ihre Stimme, die aus ihrer Perspektive Aspekte aus der Oper erläutert, woraufhin die zentrale Szene daraus gesungen wird. Gleichzeitig sieht man in einem Film, wie Marina Abramović den Tod der jeweiligen Opernheldin spielt: „Ich werde die Todesszenen aus sieben Opern nachstellen – Opern, in denen Maria Callas schon vor mir gestorben ist.“, so Abramović. In vielen Szenen stirbt die Opernfigur nicht alleine, sondern wird von einem Mann umgebracht. „Für Maria Callas war der Mann, der sie auf der Opernbühne tötete, immer Aristoteles Onassis gewesen“, schreibt Abramović in ihrer Autobiografie. An ihrer Seite wählte die Künstlerin als Mörder den mehrfach Oscar-nominierten Schauspieler Willem Dafoe (Platoon, The Florida Project, At Eternity’s Gate).
Verbunden werden die Szenen durch neu komponierte Musik des serbischen Komponisten Marko Nikodijević. Als Höhepunkt des Abends wird die Königin der Performancekunst selbst auf der Bühne stehen und zu einer 20-minütigen Neukomposition Nikodijevićs als Maria Callas auftreten: „Dieses Projekt liegt mir sehr am Herzen. Es geht um das Sterben an einem gebrochenen Herzen, um den Tod aus Liebe. Ich hoffe, dass das Publikum sich direkt mit diesen zeitlosen Themen identifizieren kann.“
1., 3., 5. und 6. September 2020

„Mignon” von Ambroise Thomas
Während Giacomo Meyerbeer und Charles Gounod beide das Angebot einer Vertonung des Librettos von Mignon ablehnten, wagte sich schließlich Thomas an die Adaption von Johann Wolfgang von Goethes Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre. Die Titelheldin wurde als Kind entführt und als junge Frau von Wilhelm aus ihrer Gefangenschaft freigekauft. Sie verliebt sich in ihren Retter, der seine eigene Liebe zu Mignon allerdings erst erkennt, als es um Leben und Tod geht.
Mirjam Mesak teilt sich die Titelpartie mit dem Opernstudio-Neuzugang Sarah Gilford. Außerdem singen Caspar Singh, Oğulcan Yılmaz und Daria Proszek. Auch die Neuzugänge Juliana Zara (Sopran) und Christian Valle (Bassbariton) sind in der Neuproduktion zu hören. Die neuen Mitglieder wurden aus über 850 Bewerbungen ausgewählt.
Seit zwölf Jahren fördert die Bayerische Staatsoper mit dem Opernstudio hochtalentierte junge Sängerinnen und Sänger und bereitet sie praxisbezogen auf eine Karriere als Opernsänger vor. Jede Saison erarbeitet das Studio eine eigene Opernproduktion. In den vergangenen Spielzeiten waren dies unter anderem Benjamin Brittens Albert Herring (2016), Gian Carlo Menottis The Consul (2017), Ernst Kreneks Der Diktator und Viktor Ullmanns Der zerbrochene Krug (2018) sowie in diesem Jahr die beiden Einakter Mavra von Igor Strawinsky und Iolanta von Peter I. Tschaikowsky.
3., 6., 8., 11. 14. 16. und 19. September 2020

„Die Vögel” von Walter Braunfels
Es ist sprichwörtlich geworden: das „Wolkenkuckucksheim“ der antiken Komödie Die Vögel von Aristophanes. In unübertrefflicher Hybris glauben die Vögel, sich mit den Göttern anlegen und einen eigenen mächtigen Staat aufbauen zu können, der die Götter quasi verhungern lassen soll. Was für ein Irrtum – vermessen und lächerlich-lachhaft zugleich, mit bitterem Ende für die Rebellen.
Für den Komponisten Walter Braunfels war die Uraufführung seiner Adaption des antiken Stoffes in München 1920 der große Durchbruch. Ein riesiger Erfolg, dem allein in München 50 Vorstellungen folgten! Seine Version ist eigenständig und eigenwillig: Braunfels fügt dem Werk trotz Komödienhaftigkeit einen zutiefst romantischen Zug hinzu. Das neue Gemeinwesen der Tiere versteht Braunfels nicht nur politisch, sondern auch künstlerisch und schwärmerisch: Das Scheitern des neuen Staates ist nicht allein der Machtgier, sondern zugleich einer missverständlichen Idealisierung geschuldet. Der antike Mythos ist gespiegelt an den traurigen Erfahrungen aus einer Welt von Gestern. Die Trümmer des Ersten Weltkrieges sind für Braunfels überall sichtbare Zeichen des politischen wie geistlichen Zerfalls, seine Oper ist ein letztes emphatisches Aufbäumen gegen die Brüche der Gegenwart. Nach hundert Jahren folgt nun die erste Neuproduktion am Ort der Uraufführung.
31. Oktober, 5., 8., 12. und 15. November 2020,
20. Juli 2021 (im Rahmen der Bayerischen Opernfestspiele 2021)

„Falstaff” von Giuseppe Verdi
Sir John Falstaff, der enorme, immense Falstaff, wie er sich selbst begeistert nennt, ist in Schwierigkeiten. Sein Bauch, sein größter Stolz, Synonym seiner Stattlichkeit, braucht dauernde Pflege in Form von überreicher Zufuhr an Speisen und Getränken. Aus ebendiesem Grund aber sind seine Mittel erschöpft. Falstaffs Schläue soll Abhilfe schaffen, gepaart mit seiner Pracht als Mann: Er verfasst gleichlautende Liebesbriefe an Mrs. Alice Ford und Mrs. Meg Page, um mit den Herzen der Damen die Vermögen von deren Ehemännern zu erobern. Die beiden „Merry Wifes of Windsor“ aber sind dem großspurigen Galan überlegen, die (lyrische) Komödie nimmt ihren Lauf.
Verdis letzte Oper war sein erst zweiter Ausflug ins komische Genre: Fast fünfzig Jahre nach dem Misserfolg des Frühwerkes Un giorno di regno wagte er sich an den Shakespearschen Stoff, den sein Librettist Arrigo Boito kongenial aufbereitete. Falstaff solle Geist haben, schrieb Verdi an Boito, und der ergänzte zu diesem Zweck die Vorlage, Shakespeares The merry wifes of Windsor, durch Passagen aus Henry IV (in dem Shakespeare Sir John Falstaff erstmals auftreten ließ), sparte nicht an literarischen Verweisen und dichterischen Kunstgriffen und erfand einige der wunderbarsten Schimpftiraden der Literaturgeschichte. Verdi folgte dem Libretto mit einer detailreich durchkomponierten Tour de Force voll Witz und Tiefe, in der die treibende Groteske ebenso unvergleichlich in Musik gesetzt ist wie die lyrischen Momente.
26. und 29. November, 2., 5. und 12.Dezember 2020
16., 19. und 22. Mai 2021 (im Rahmen der Bayerischen Opernfestspiele 2021)

www.staatsoper.de