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Das Kunstmuseum Bonn gehört zu den großen, bundesweit beachteten Museen für Gegenwartskunst. Sein 1992 eröffneter, von dem Berliner Architekten Axel Schultes entworfener Neubau zählt deutschlandweit zu den wichtigsten Museumsbauten der letzten Jahrzehnte. Die Leitung des Hauses liegt seit 2008 bei Stephan Berg.

Herz und Identität des Hauses bildet die rund 9.000 Werke umfassende Sammlung des Kunstmuseums Bonn mit ihrem zentralen Werkkonvolut zu August Macke und der Kunst der Rheinischen Expressionisten sowie die bedeutende Sammlung zur deutschen Kunst nach 1945 mit Schwerpunkt auf der Malerei und ihren erweiterten, bildbezogenen Ausdrucksformen. Besonderes Kennzeichen des bundesweit einmaligen Profils ist die Konzentration auf eine überschaubare Anzahl herausragender Künstlerinnen und Künstler, deren Werk jeweils umfassend in großangelegten Künstlerräumen gezeigt wird. Die thematischen und monografischen Ausstellungsprojekte, die international ausgerichtet sind, werden in der Regel aus einem engen Bezug zum Sammlungskontext entwickelt.

Aufbruch in Die Moderne
Sammlungspräsentation August Macke und Die Rheinischen Expressionisten
Die Präsentation AUFBRUCH IN DIE MODERNE gliedert sich in drei Kapitel, die mit den malerischen und grafischen Werken der Sammlung der Klassischen Moderne – August Macke und die Rheinischen Expressionisten – einzelne Episoden der Geschichte zum Beginn des 20. Jahrhunderts erzählen und damit die Kunstwerke in einen größeren geschichtlichen Kontext stellen. Verfolgt wird hier keine strenge klassisch kunsthistorische Präsentationsform, sondern die Idee, dass Kunstwerke auf vielen Ebenen kommunizieren und Erkenntnis produzieren. Sie teilen uns etwas über ihr Entstehen, über die wissenschaftlichen Episteme der Zeit, über kunstwissenschaftliche Diskurse, über die Gesellschaften und die Menschen darin sowie über die heutigen Betrachter:innen mit. Wichtig hierbei ist die Beziehung der Kunstwerke zu den anderen Gegenständen, Werkzeugen, Erfindungen und Entdeckungen, die Ausdruck grundsätzlicher Einstellungen zur Welt sind. Jedem dieser Phänomene, seien sie bedeutend oder nichtig, liegt nicht nur diese Perspektivierung im Hinblick auf die Welt zugrunde, sondern es ist vielmehr diese Einstellung, die diese Phänomene erst entstehen lässt. Die Präsentation zeigt in Ausschnitten, was gleichzeitig auf verschiedenen Gebieten des kulturellen, wissenschaftlichen oder gesellschaftlichen Lebens geschah. Die Geschichte der Kunstwerke wird hier in unterschiedlichste Konstellationen der Dinge eingebunden.

August Macke, Stillleben mit Apfelschale und japanischem Fächer, 1911. Öl auf Leinwand, DLG aus Privatbesitz, Foto: Reni Hansen

August Macke, Stillleben mit Apfelschale und japanischem Fächer, 1911. Öl auf Leinwand, DLG aus Privatbesitz, Foto: Reni Hansen

Dies bedeutet, dass Kunstwerke immer mehrdeutig interpretierbar sind und es sich daher um komplexe Gebilde handelt, die mit verschiedenen Bezugssystemen verbunden werden können. Unter Bezugssystemen verstehen wir sowohl kunstimmanente Aspekte als auch außerkünstlerische – kulturelle, geschichtliche, technische, wissenschaftliche etc. – Diskurse, Vorstellungen und Erkenntnisse sowie Fiktionen. Die Werke besitzen daher eine offene Struktur, die ihre Interpretation nicht zum Abschluss kommen lässt. Unsere Leseweise der Präsentation steht im Zeichen des AUFBRUCHS IN DIE MODERNE, des Aufbruchs in ein neues Jahrhundert, das große Veränderungen auf allen Ebenen des menschlichen Lebens bereithält.
Bis 30. Juni 2022

Maria Lassnig. Wach bleiben
Wie eine emotionale und künstlerische Zerreißprobe spannt die Ausstellung Maria Lassnig. Wach bleiben einen Bogen von den frühesten Werken der Künstlerin (1919-2014) bis hin zum letzten großformatigen Bild ihres Œuvres. Die im Titel angedeuteten Konnotationen von „nicht müde werden, sich nicht ausruhen“ und zugleich von geistig „aufmerksam, neugierig bleiben“ charakterisieren nicht nur Lassnigs Werk, sondern auch ihre durchaus markante Persönlichkeit.
Mit fast 40 Arbeiten zeigt das Kunstmuseum Bonn eine signifikante Auswahl von Werken der Künstlerin, deren motivischer Leitfaden die Auseinandersetzung Lassnigs mit sich selbst, ihrer (Körper-)Wahrnehmung sowie die Präsenz des „Anderen“ bildet. Die kreative Zerrissenheit ihres Denkens spiegelt sich in den einzelnen thematisch gefassten Ausstellungsräumen wider – z.B. in Sprache vs. Sprachlosigkeit oder Fotografie vs. Malerei. Der bildsprachliche Ursprung ihrer Werke als Form des visuellen Denkens und der leiblichen Erkenntnis beruht auf intensiver Selbstwahrnehmung. Diese Wahrnehmung ist exklusiv, Selbstisolation ist eine Konsequenz daraus, Unzulänglichkeiten in der sozialen Kommunikation eine andere.

Maria Lassnig, Du oder Ich, 2005, Privatsammlung, Courtesy Hauser & Wirth Collection Services, © Maria Lassnig Stiftung / VG Bild-Kunst, Bonn 2022, Foto: Stefan Altenburger Photography Zürich

Maria Lassnig, Du oder Ich, 2005, Privatsammlung, Courtesy Hauser & Wirth Collection Services, © Maria Lassnig Stiftung / VG Bild-Kunst, Bonn 2022, Foto: Stefan Altenburger Photography Zürich

Im Bildfindungsprozess konzentriert sich Lassnigs Wahrnehmung nicht allein auf das Auge. Vielmehr avanciert ihr gesamter Körper zur Grundlage ihres künstlerischen Schaffens, das für die Betrachtenden, besonders in Zeiten der Pandemie und der Erfahrung von Isolation und Selbstbeobachtung eine mehr als aktuelle Relevanz gewinnt. Auf geradezu visionäre Art und Weise machen ihre Werke die Zerrissenheit unserer – sich grundlegend verändernden – Körperempfindungen am beginnenden 21. Jahrhundert sichtbar. Maria Lassnig hat paradoxerweise, obgleich sie sich intensiv auf ihr Selbst konzentriert, weit über das individuelle Sein hinausgehende Bilder von existenzieller Bedeutung geschaffen.
10. Februar bis 8. Mai 2022

Raum für fantasievolle Aktionen
Zu seinem 30-jährigen Jubiläum an der Museumsmeile zeigt das Kunstmuseum Bonn einen umfassenden Blick auf die Sammlung der Kunst der Gegenwart, die in zwanzig Räumen aus verschiedenen Perspektiven neu präsentiert wird. Auch wenn das Kunstmuseum in der Präsentation als ein besonderer Ort der Malerei sichtbar ist, sind Installation, Film und Foto wesentlich an der Argumentation beteiligt.

Albert Oehlen, Raum für phantasievolle Aktionen, 1983, Öl, Lack, Spiegel auf Leinwand, Kunstmuseum Bonn, © VG Bild-Kunst, Bonn 2022, Foto: Reni Hansen, Kunstmuseum Bonn

Albert Oehlen, Raum für phantasievolle Aktionen, 1983, Öl, Lack, Spiegel auf Leinwand, Kunstmuseum Bonn, © VG Bild-Kunst, Bonn 2022, Foto: Reni Hansen, Kunstmuseum Bonn

Die Ausstellung umfasst für das Profil der Sammlung wichtige Werke, die durch Neuerwerbungen, Schenkungen und Leihgaben aus Privatsammlungen ergänzt werden. Sie verbindet monografische und thematische Werkgruppen von Sigmar Polke bis Monika Baer über Tamara Grcic, Shannon Bool, Norbert Schwontkowski bis John Bock. So entsteht ein komplexer Parcours der Werke: Äußere und innere Räume sind zu begehen, werden kartografisch vermessen, zu unsicheren Interieurs geöffnet, der Körper wird zur Kampfzone erklärt, Gesichter verwandeln sich in Masken, das Ich spielt verschiedene Rollen. Malerei zeigt sich als verworrenes Gewebe und glatte Fläche, ordentliche und unordentliche Überlagerung, alchemistische Verschmelzung von Exotik und Populärkultur. Materialien führen ausgedehnte Gespräche, Fotoserien sammeln die Welt in flexible Speicher, Malerei und Fotografie prüfen die Gleichzeitigkeit des Deutlichen und des Undeutlichen. Das Museum wird zum „Raum für phantasievolle Aktionen“ (Albert Oehlen).
8. Mai 2022 bis 31. Januar 2024

www.kunstmuseum-bonn.de