Das Naturhistorische Museum Wien ist nicht nur die größte außeruniversitäre Forschungsstätte Österreichs, sondern vor allem ein Ort, an dem man die Vielfalt der Natur im imperialen Ambiente erleben kann.
Gottfried Semper und Carl Hasenauer schufen am Ende des 19. Jahrhunderts das Gesamtkunstwerk „Naturhistorisches Museum“: Jedes noch so kleine Element der Dekoration weist auf das im jeweiligen Saal gezeigte Thema hin. Sowohl die Ölbilder im Hochparterre als auch die Wandmalereien im ersten Stock korrespondieren mit den ausgestellten Objekten und machen den Besuch zu einem außergewöhnlichen kulturellen Erlebnis.Die Sammlung hat ihre Wurzeln in der Zeit Maria Theresias. Deren Gemahl Franz Stephan von Lothringen kaufte 1750 vom Florentiner Gelehrten Johann Ritter von Baillou die damals größte und berühmteste Naturaliensammlung der Welt. Im Laufe der Jahrhunderte entstand aus der Anfangskollektion von ca. 30.000 Stücken eine riesige Sammlung mit ca. 30 Millionen Objekten aus der ganzen Welt.Ein Besuch im Naturhistorischen Museum kann demnach als Zeitreise, aber auch als Weltreise gesehen werden. Beginnen Sie bei der weltberühmten, knapp 30.000 Jahre alten Venus von Willendorf, die 1908 in der Wachau gefunden wurde, oder besuchen Sie das fast 50 Millionen Jahre alte fossilen Urpferdchen aus der hessischen Messelgrube. Asiatische Elefanten und Orang-Utans, afrikanische Nashörner, australische Beuteltiere, Pinguine aus der Antarktis und glitzernde Smaragde aus Südamerika – ein Gang durch 39 Schausäle führt Sie rund um den Globus.
Extratipp: Wer mehr über die Geschichte des NHM und seiner Sammlungen erfahren möchte, dem sei die Führung „Über den Dächern Wiens“ empfohlen, die zum Abschluss vom Dach des beeindruckenden Neorenaissance-Gebäudes einen großartigen Blick über die Wiener Innenstadt bietet.
Bibliotheken
Die Bibliotheken des Naturhistorischen Museums Wien gehen auf Sammlungen der Habsburger aus dem 18. Jahrhundert zurück und umfassen derzeit etwa 500.000 Titel. Davon sind ca. 50.000 dem historischen Bestand vor 1900 zuzurechnen.
Entsprechend den Arbeitsschwerpunkten der wissenschaftlichen Abteilungen erstreckt sich die Ankaufs- und Sammeltätigkeit auf die Gebiete Anthropologie, Botanik, Geologie und Paläontologie, Mineralogie und Petrologie, Prähistorie, Speläologie und Zoologie.
Die Bibliotheksbestände sind in zentralen, öffentlich zugänglichen Fachbibliotheken sowie in dezentralen Handbibliotheken der wissenschaftlichen Sammlungen untergebracht. Es sind Präsenzbibliotheken mit Kopiermöglichkeit. Die Zoologische Hauptbibliothek, die Bibliothek der Geologisch-Paläontologischen Abteilung sowie die Bibliothek der Mineralogisch-Petrographischen Abteilung werden von Bibliothekarinnen bzw. Bibliothekaren betreut, alle übrigen von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Die Bibliotheken stellen einen ebenso wertvollen wie unverzichtbaren Arbeitsbehelf für die im NHM tätigen Spezialistinnen und Spezialisten dar, sind aber auch externen Fachleuten, Studierenden und interessierten Laien zugänglich. Der Katalog der Monographien und Zeitschriftentitel (KOHA) ist außerdem online abrufbar und wird laufend durch die Bibliotheksleitung aktualisiert, welche auch Fernleihe-Anfragen bearbeitet.
Neuaufstellung der pathologisch-anatomischen Sammlung des NHM Wien im „Narrenturm“
Die weltweit einzigartige Wiener pathologisch-anatomische Sammlung dient seit über 200 Jahren der Dokumentation und Erforschung von Krankheiten. Der sogenannte „Narrenturm“ wurde generalsaniert und hier präsentieren sich 19 modern gestaltete Ausstellungsräume, die einen Einblick in Krankheitslehre und Pathologiegeschichte geben.
Der sogenannte Narrenturm wurde 1784 für die Pflege von psychisch auffälligen Menschen erbaut und gilt nicht nur als Manifest für den Klassizismus in Österreich, sondern auch als Zeugnis der josephinischen Aufklärung. Die „k.k. Irrenanstalt im Narrenturm“ war die weltweit erste, allein zu diesem Zweck erbaute Einrichtung im Bereich des neu erbauten Allgemeinen Krankenhauses, in der versuchte wurde, psychische Krankheiten menschenwürdig zu behandeln, anstatt die psychisch Kranken einfach wegzusperren.
2012 fand die Eingliederung des pathologisch-anatomischen Bundesmuseums im „Narrenturm“ in das Naturhistorische Museum Wien statt, mit der vertraglichen Auflage, das Gebäude zu sanieren.
Im Zuge der Renovierung des denkmalgeschützten Gebäudes wurde die Dauerausstellung grundlegend überarbeitet und ist nun erstmals systematisch nach den Kriterien der Krankheitslehre aufgestellt. Diese hat das Ziel, die Inhalte der Sammlung nicht nur für Ärzte, Medizinstudenten oder Krankenpfleger, sondern auch Schülern und dem interessierten Laienpublikum zu vermitteln.
Die didaktische Aufarbeitung des Themas hat sich an die vorgegebene Raumstruktur des „Narrenturms“ mit seinen ehemaligen Zellen angepasst und macht diesen Museumsabschnitt zu etwas Einzigartigem. Aktuelle Themen und historische Aspekte werden aufgenommen. Die Ausstellung bietet Interessierten die Möglichkeit, mehr über Krankheitsbilder und die dazu gehörenden Informationen wie Ursache, Ausprägungen und Behandlungsmethoden zu erfahren.
„Ablaufdatum“. Wenn aus Lebensmitteln Müll wird.
Die Sonderausstellung „Ablaufdatum“ geht den Ursachen der Lebensmittelverschwendung auf den Grund. Von der Landwirtschaft über die Lebensmittelproduktion, den Handel bis zum Verbrauch im Haushalt oder der Gastronomie, die Gründe sind ebenso vielfältig wie verstörend.
Noch vor wenigen Jahrzehnten war es unvorstellbar, genießbare Lebensmittel wegzuwerfen. Das hat sich inzwischen radikal geändert. Schätzungen zufolge landet mindestens ein Drittel der globalen Lebensmittelproduktion auf dem Müll, mit drastischen sozialen und ökologischen Folgen. Das Mindesthaltbarkeitsdatum, umgangssprachlich oft als Ablaufdatum bezeichnet, ist nur einer von vielen Faktoren für den Verlust von Lebensmitteln. Zumeist bleiben sie über dieses Datum hinaus genießbar, doch der Handel entsorgt die Ware in der Regel bereits vor diesem knapp bemessenen Datum, um Platz für Neues zu schaffen. In der Ausstellung werden eindrucksvolle Daten und Fakten präsentiert. Aber noch viel wichtiger ist das Aufzeigen konkreter Wege aus dem Teufelskreis der Verschwendung. Denn unser aller Konsumverhalten kann dazu beitragen, die Welt zu verändern.
bis 16. Mai 2021