In ihrer zweiten Arbeit am Burgtheater widmet sich die australische Regisseurin Adena Jacobs der Frage nach der ungreifbaren Furcht, die sich heute in Nosferatu manifestiert und rückt dabei den weiblichen Körper ins Zentrum. Mit ihrer rätselhaften und tableau-artigen Bildsprache befragt Jacobs eine paralysierte Gesellschaft: Was ist uns zugestoßen, worin besteht unsere kollektive Angst und gegen wen wenden wir uns als Resultat unserer Ohnmacht?
„Ein Meer gemischter Gefühle umbrandet mich. Ich zweifle, ich fürchte, ich denke an seltsame Dinge, die ich meiner eigenen Seele gar nicht einzugestehen wage.“ Ein Grauen ergreift Besitz von den Menschen. Mitten unter ihnen wandelt ein Phantom, das eine uralte Angst in ihnen weckt. Nosferatu. Schattenwesen, Seuchenbringer, Verführer, blutgierig, untot. Eine Schreckensgestalt, die für jeden und jede etwas anderes bedeutet, deren innerer Kampf jedoch im Verborgenen bleibt. Unfähig, aus einem gemeinsamen Fiebertraum zu erwachen, versucht eine Gesellschaft, das fremde Grauen, und gleichzeitig das Böse in sich selbst zu identifizieren und zu bannen.
Seit Bram Stoker in seinem Roman „Dracula“ den modernen Archetypus des Vampirs schuf, lässt die Faszination für ihn nicht nach. Zahllose Neuinterpretationen der Dracula- bzw. Nosferatu-Figur sind seitdem erdacht worden. Der Gestaltenwandler Nosferatu verkörpert das Ringen um Unsterblichkeit ebenso wie den Fluch des Tötens um zu überleben.
Premiere 19. Januar 2024