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Die HALLE FÜR KUNST Steiermark positioniert sich als progressives Haus, das das Internationale nicht außerhalb des lokalen Kontextes und vice versa denken kann. Durch unterschiedliche Formate wie Einzel- und thematische Gruppenausstellungen, Performances und Residencies möchte das kuratorische Team unmittelbar auf die vielfältigen Ausdrucksmittel heutiger künstlerischer Produktion reagieren und ein offener Ort für die Resonanz von aktuell relevanten Diskussionen sein. Dabei bieten die wunderbare Architektur und die umliegende Parkanlage einen einzigartigen Rahmen für ein solches Programm. 

Stano Filko. A Retrospective
Mit der lange vorbereiteten Retrospektive des slowakischen Künstlers Stano Filko wirft die HALLE FÜR KUNST Steiermark einen frischen Blick auf dieses nachhaltig wirksame, utopische Werk. Mit großzügigen Leihgaben der Slovak National Gallery und der Linea Collection, Bratislava beleuchtet die Ausstellung die Bedeutung dieser herausragenden künstlerischen Position und deren progressiven Gesellschaftsentwurf für die heutigen – weniger visionären – Zeiten.
Filko war einer der wichtigsten Vertreter der mitteleuropäischen Neo-Avantgarden, dessen Werk sich über Jahrzehnte entwickelt und erstaunlich aktuell gehalten hat. Nach großen Erfolgen in den 1960er-Jahren wurde er infolge der Niederschlagung des Prager Frühlings zur Persona non grata, was nach schwierigen Jahren zu einer abenteuerlichen Flucht – mittels eines Škoda 120L, der weiß bemalt im Zentrum seiner Teilnahme an der Documenta 7 stand – und schließlich zu seiner Emigration nach New York führte. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs kehrte Filko nach Bratislava zurück und baute das einem „Gesamtkunstwerk“ ähnliche Atelierhaus Snesčenkova aus, dessen Räume und Kunstwerke einer nach Farben und Dimensionen geordneten Struktur folgten, dem System SF.
Diese bei aller Stringenz offene Konzeption hat es Filko gestattet nicht nur sein weitläufiges, ursächlich konzeptionelles Werk zu strukturieren und zu hinterfragen, sondern auch Begriffe wie das Transzendentale neu zu denken, im Sinne eines übergreifenden Impulses abseits einer essentialistischen Lesart, was sich auch in medialer Vielfalt und Offenheit des Kunstbegriffes zeigte.

Stano Filko, The Wardrobe in the 7 Chakra Colors / Skriňa vo farbách 7 čakier, 1995, Gefundenes Objekt, Holz, Farbe, 250 × 120 × 135 cm, Courtesy Peter Petrička, Bratislava

Stano Filko, The Wardrobe in the 7 Chakra Colors / Skriňa vo farbách 7 čakier, 1995, Gefundenes Objekt, Holz, Farbe, 250 × 120 × 135 cm, Courtesy Peter Petrička, Bratislava

In der Ausstellung wird sein Schaffen auszugsweise aus sämtlichen Perioden abgebildet, um den Blick von der Systematik vordringlich hin zum einzelnen Werk und dessen Verbindungen zu weiteren Arbeiten zu lenken. Neben thematisch und periodisch orientierten Räumen soll vor allem in der großen Ausstellungshalle der Versuch unternommen werden, Werke aus unterschiedlichen Phasen in loser, verdichteter Hängung zu zeigen, um den Arbeiten in freier Assoziation ihre Eigenständigkeit und Dynamik zuzugestehen. Auch die Gegenüberstellung in bislang unterschiedlich bewertete und untersuchte Perioden – in eine frühe, kunsthistorisch anerkannte, in eine neo-expressive „amerikanische“ und eine selbstreflexive späte Phase – soll im Sinne eines Überblicks und in Anerkennung der gesamten künstlerischen Position überwunden werden.
Im Außenraum sind Installationen geplant, die implizit mit der Begeisterung des Künstlers für die Raumfahrt und der Erschließung des Weltraums in Verbindung stehen. Auf dem Flachdach der Institution sind die raumgreifenden Skulpturen The Pyramid (1995) und eine Rakete (DSUQ 4.D. Rocket, 2000) zu sehen, jeweils zentrale künstlerische Elemente in der Verbindung von Kosmos und Welt. Zu Eröffnung und Finissage werden großformatige Ballon-Arbeiten (Breathing – The Celebration of Air, 1970; 12 Colors of Reality (Balloons), 1978 – 2011) im umliegenden Grazer Stadtpark präsentiert.
19. März bis 5. Juni 2022

Anita Leisz
Anita Leisz (*1968 Leoben, lebt in Wien) verknüpft ihre künstlerischen Werke fortlaufend mit den Orten ihrer Präsentationen: Die Ausstellungen der Künstlerin sind installative Inszenierungen, die das Außen und Innen des Raumes mit und durch die Kunst untrennbar miteinander verknoten. Objekt und Raum weisen sich auf diese Art Bedeutung zu. Leisz verwehrt sich mit dieser Strategie der Aneignung einer genormten und einheitlichen Rezeption. Sie schafft jedoch für ihr Publikum immer wieder punktgenaue und unmittelbare Setzungen von sich mit dem Raum differenzierenden Optionen und macht genau diese Wandelbarkeit zum Signifikant ihrer Praxis. Dieser Programmatik entsprechend wird sich die Künstlerin im Rahmen ihrer Personale dem Ausstellungsraum mit einer präzisen Bespielung nähern.
Die visuelle Sprache von Anita Leisz‘ Skulpturen, Objekten und Installationen changiert zwischen Anklängen aus der Minimal Art, der gegenstandslosen Malerei und des Industrialismus. Leisz setzt auf eher zurückhaltende Materialien, kalte Farben und Formen. Baumaterialien wie verschiedene Formen von Faserplatten, Metalle oder Bleche werden in mehreren Schritten aufbereitet und in Bezug zu Räumen und Betrachtern gebracht.

Anita Leisz, Untitled, 2017, Stahlstütze, verzinkt, korrodiert, 350 cm, Ø 8 cm, Courtesy Galerie Meyer Kainer, Wien

Anita Leisz, Untitled, 2017, Stahlstütze, verzinkt, korrodiert, 350 cm, Ø 8 cm, Courtesy Galerie Meyer Kainer, Wien

Das Ausstellungsprojekt von Anita Leisz wird im Nachklang des Würdigungspreises für Bildende Kunst des Landes Steiermark, den die Künstlerin 2020 zugesprochen bekam, ausgerichtet. Die mit 10.000.- Euro dotierte Auszeichnung wird alle zwei Jahre einmalig an eine Künstlerin oder einen Künstler als Anerkennung eines ausgezeichneten künstlerischen Gesamtschaffens vergeben. Die Jury lobte den durch ihre Ambivalenz als Werke zwischen Industrieproduktion und individueller Fertigung verorteten Charakter von Leisz Kunst und schloss ihre Begründung wie folgt: ​„Die Kunst von Anita Leisz ist sensibel wie kraftvoll, körperlich wie illusionistisch – stets aktuell, doch kein Mainstream. Der subtile Umgang mit Material und Form ergänzt sich durch das konsequente Denken und Wissen um Gegenwart.“
25. Juni bis 4. September 2022

Yalda Afsah: Every word was once an animal
Yalda Afsah setzt sich in ihren filmischen Arbeiten mit der Beziehung zwischen Mensch und Tier auseinander. Die HALLE FÜR KUNST Steiermark präsentiert gemeinsam mit dem Kunstverein München mit Every word was once an animal ihre erste institutionelle Einzelausstellung, die Arbeiten aus über fünf Jahren umfasst. Darin stehen Fragen von Macht, Fürsorge und Kontrolle in Bezug auf verschiedene Formen von Domestizierung im Zentrum. Anhand von drei Beispielen – dem Stierkampf, der Pferdedressur und der Taubenflugkunst – nimmt sie die oftmals verschwommenen Grenzen zwischen Pflege, Zuwendung und Identifikation mit Tieren auf der einen, und Disziplin, Unterwerfung und menschlicher Dominanz auf der anderen Seite in den Blick.

Yalda Afsah, TOURNEUR, 2018, Filmstill, Courtesy die Künstlerin

Yalda Afsah, TOURNEUR, 2018, Filmstill, Courtesy die Künstlerin

Die Ausstellung Every word was once an animal ist auch ein Verweis auf die bröckelnde Grenze zwischen ​„Natur“ oder ​„Kultur“. Sie findet während der anhaltenden Corona-Pandemie statt, deren Entstehung ein noch immer nicht gelöstes Rätsel bleibt, aber dessen Hauptverdächtige eine Fledermaus ist. Solch zoonotische Influenza resultieren in immer größerer Dichte aus einem gestörten Gleichgewicht zwischen Mensch und Tier, und wird in der Regel durch intensive Zucht, Schlachtung und Handel mit Tieren verursacht. Die Krise zwingt uns dazu, den Begriff des Politischen zu weiten und neu zu denken. Natur ist nicht bloß passiver Gegenstand politischer Einflussnahme, sondern eine widerspenstige Akteurin des Politischen. In den Arbeiten von Afsah sind Betrachter mit dem intimen Portrait der gegenseitigen Abhängigkeiten menschlicher und nichtmenschlicher Protagonisten konfrontiert. Afsah suggeriert dabei nie, dass ein ​„Zurück“ in eine vermeintlich reine Natur möglich sei, sondern provoziert dazu, andere Konzepte des Miteinanders und Gegeneinanders zu verhandeln.
25. Juni bis 4. September 2022

https://halle-fuer-kunst.at