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Wer einmal von einem Berggipfel in den Alpen in die Ferne geschaut hat, kennt die Stille des Steins. Wer einmal an einer Steilküste zugesehen hat, wie die Wellen an die Klippen schlagen, kennt die Kraft des Steins. Susanne Tunn kondensiert in ihren zum Teil monumentalen Werken aus Stein diese Kraft der Stille und erlaubt dem Stein seine eigene Geschichte zu erzählen.

Die Steinzylinder im Erdgeschoss des Museums erinnern vielleicht an Säulenfragmente eines gigantischen antiken Tempels oder behauene Findlinge. Doch sie wurden mit enormer maschineller Kraft dem Berg abgerungen. Sie sind – jeder Stein für sich mit seiner eigenen Persönlichkeit – zu Objekten geworden, die uns zu einer menschlich anmutenden Interaktion einladen. Diese kann darin bestehen auf sie zu zugehen, sie zu umschreiten, ihre Kraft zu spüren, ihre Stille wahrzunehmen oder ihre Oberfläche zu erkunden. In diesen Werken kommen Geologie, Archäologie und unsere individuelle Psychologie der Wahrnehmung zusammen.
In Anerkennung der Natur, der Mutter Erde als künstlerische Partnerin geht es ihr darum das Wesen des Steins zu erkennen und dieses frei zu legen. Wie Dr. Stephan Lüddemann in seinem Artikel Susanne Tunns Steine als Mittler zwischen Materie und Gedanken ergänzt: „Allem wohnt ein jeweils eigener Bauplan, ein eigenes Bewegungsgesetz inne. Es geht darum, diese zu erspüren und freizulegen. Skulpturale Gestalt ist für Susanne Tunn dann erreicht, wenn der Stein so bearbeitet ist, das er eigentlich zu seinem Wesen kommt.“
Während es über Jahrhunderte in der männlich dominierten Steinskulptur eher um den heroischen Triumph des Bildhauers ging, um sein Kräftemessen mit der Materie, und die Überwindung ihres Widerstands schließlich als Bezwingung der rohen Natur gefeiert wurde, so umfasst das heutige Kunstverständnis auch die Güte und die Kraft der Materie an sich. Susanne Tunn eröffnet uns diese in ihren Werken und somit auch einen wichtigen, weiblichen Kosmos der Skulptur und dem Umgang mit dem Objekt im Raum. Dr. Stephan Lüddemann resümiert: „Denken ist Plastik, sagte Joseph Beuys. Susanne Tunn führt vor, in welch sublimer Weise dieses Postulat künstlerische Wirklichkeit werden kann.”
Susanne Tunn, verbringt jedes Jahr mehrere Monate in ausgesuchten Steinbrüchen Europas, um ihr skulpturales Werk weiter zu entwickeln.
25. September 2022 bis 10. September 2023

lechner-museum.de