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Zum ersten Mal in Deutschland wird böhmisches Porzellan des 19. Jahrhundert in einer monografischen Ausstellung präsentiert. Das Ziel der Sonderschau im Porzellanikon Hohenberg ist es, die einzigartige Qualität des Porzellans der böhmischen Hersteller zu zeigen. Bisher haftete dem Porzellan aus Böhmen der Ruf des Billigen, Gewöhnlichen und Massenhaften an. Eine Bewertung, die vor allem durch die Erzeugnisse seit dem Ende des 19. Jahrhunderts nicht ganz zu Unrecht entstanden ist.
Dass die Porzellanhersteller Böhmens aber seit dem Beginn der regionalen Porzellanherstellung – ab 1792 – Porzellan in allerbester Qualität der Formen und Dekoraionen herstellten, wird mit dieser Ausstellung deutlich. Die Exponate zeugen von den ausgesprochen hohen künstlerischen und handwerklichen Fähigkeiten der böhmischen Porzellanhersteller in Hinsicht auf die technische, formale und besonders malerische Gestaltung von Porzellan. Es stand den Produkten der großen Manufakturen qualitativ in nichts nach. Und mit dieser Qualität erreichten die Hersteller auch die politische und gesellschaftliche Elite Europas, die das Porzellan aus Böhmen schätzte und kaufte.

Zu den Highlights der Ausstellung gehört das Frühstücksservice, von dem die österreichische Kaiserin, genannt „Sisi“ gespeist hat (Abb. 1). Es wurde im Auftrag des österreichischen Kaisers Ferdinand I. von der Thun´schen Porzellanfabrik in Klösterle 1852 gefertigt und ging nach seinem Tod in den Besitz der Kaiserin über. Ein weiteres herausragendes Objekt ist ein großer Weinkrug im Stil der Neorenaissance, den der deutsche Kaiser Wilhelm I. bei seinem Besuch der Weltausstellung 1873 in Wien für sich erwarb (Abb. 2). Dies wird erstmalig in dieser Ausstellung der Öffentlichkeit vorgestellt. Aus der Vielzahl der präsentierten Gebrauchs- und Zierporzellane sind zwei Ziervasen zu erwähnen, die von der Porzellanfabrik Lippert & Haas aus Schlaggenwald produziert wurden. Die plastische Gestaltung, die filigranen Blüten, die den Vasenkörper verzieren und die exzellente Genremalerei auf den Vorderseiten sind herausragend. Ebenso qualitätvoll und reichhaltig ist das breite Spektrum der Artikel, die von den böhmischen Fabriken gefertigt wurden. So zeigt die Ausstellung neben vielen Sprudelbechern, die in den Badeorten zum Trinken der Heilwasser genutzt wurden und auch als Souvenirs gesammelt wurden, auch Service für die Tafel und für Kaffee und Tee ebenso wie Einzeltassen mit Genre-, Landschafts- und Portraitdarstellungen. Aber auch monumentale Ziervasen, die als besondere Schaustücke auf den großen Weltausstellungen gezeigt wurden, sind Teil der Präsentation.

Weinkrug mit Neo-Renaissancedekor, Klösterle, um 1855 © Kunstgewerbemuseum Prag, Foto Gabriel Urbánek

Weinkrug mit Neo-Renaissancedekor, Klösterle, um 1855 © Kunstgewerbemuseum Prag, Foto Gabriel Urbánek

Die Sonderschau richtet sich neben dem Fachpublikum, an ein breites, kulturhistorisch interessiertes Publikum. So setzt die Präsentation des böhmischen Porzellans auf ein unterhaltsames Storytelling. Die Besucherinnen und Besucher werden mitgenommen auf eine Zeitreise in die legendären böhmischen Kurbäder Karlsbad, Franzensbad und Marienbad, die heute den Weltkulturerbe-Status haben. Die Kulisse ist bewusst gewählt, denn hier kamen Menschen aus ganz Europa zusammen, um zu kuren, aber auch um das gesellschaftliche und internationale Flair der Badeorte zu genießen. In deren Nähe waren die Porzellanhersteller angesiedelt, denn mit ihrem qualitätvollen Porzellan wollten sie die sich in den Kurbädern tummelnde, anspruchsvolle und vermögende Klientel erreichen.
In der Ausstellung erleben die Museumsgäste den Ablauf eines Kurtages nach. Der Postkutscher Wenzel Wolfert „begleitet“ sie dabei. Er war wegen seiner unterhalt-samen Fahrten bekannt und fuhr so manche berühmte Persönlichkeit, wie zum Beispiel den österreichischen Kaiser Franz Josef I. Dem Kaiser sowie seiner Gemahlin, der Kaiserin „Sisi“, oder auch Johann Wolfgang von Goethe können die Gäste bei ihrer „Fahrt“ durch die Ausstellung begegnen und erfahren, was man an einem Kurtag im 19. Jahrhundert erleben konnte. In den Tagesablauf eingebettet sind die mehr als 250 Porzellane aus namhaften tschechischen, österreichischen und deutschen Sammlungen.
Die Ausstellung ist in Zusammenarbeit mit dem Kunstgewerbemuseum in Prag und dem Westböhmischen Museum in Pilsen entstanden. Sie ist der Beitrag des Porzellanikon zu den von Mai bis August 2023 in Selb und Umgebung stattfindenden „Bayerisch-Tschechischen Freundschaftswochen Selb-Asch 2023“.
1. April bis 15. Oktober 2023
www.porzellanikon.org

Die Blumenmalerei
Auf oder unter der Glasur, Schicht für Schicht, gespritzt oder mit dem Pinsel – es gibt mehrere Möglichkeiten Porzellan farbig zu gestalten. Kurator Thomas Miltschus erklärt an Hand einiger Beispiele aus der Sammlung unterschiedliche Dekorationstechniken.

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