„Es ist nicht wohl zu glauben, wie alle Herrschaft, Ritterschaft und Regenten in ganz Deutschland so verzagt wurden, daß auch zehen Bäuerlein ohne Harnisch ein ungewinnlich Schloß einnehmen konnte. – Darnach kehret’s sich wieder um, daß ein einziger Reuter zehen Bauern gefangen nehmen konnt.“
Friedrich Myconius (1490-1546)

Mit diesen Worten beschrieb der Gothaer Prediger und Reformator Friedrich Myconius (1490-1546) aus der Rückschau die turbulenten Ereignisse im Frühjahr 1525. Er fasste damit das Unverständnis vieler seiner Zeitgenossen über die scheinbar aus den Fugen geratene Welt zusammen. Grund hierfür waren die zahlreichen Aufstände, die vor allem im Südwesten und in der Mitte Deutschlands den Adel und die Kirchenvertreter in Atem hielten. Auch unter Berufung auf die Schriften der neuen evangelischen Prediger war aus regionalen Äußerungen von rechtlich-sozialer Unzufriedenheit bald ein Flächenbrand entstanden. Die Ursachen des Aufruhrs waren regional indes ähnlich unterschiedlich wie die soziale Herkunft der Aufständischen selbst. Dennoch wurden die Unruhen zur ersten freiheitlichen Bewegung der deutschen Geschichte.
Bis in die jüngste Vergangenheit erfuhr der Bauernkrieg verschiedenste Interpretationen und politisch motivierte Instrumentalisierungen. Thüringen war nicht nur Schauplatz eines entscheidenden Wendepunktes des Aufruhrs, sondern auch finaler Wirkungsort des radikalen Reformators Thomas Müntzer. Aus diesen Gründen hat die Thüringer Landesregierung beschlossen, den 500. Jahrestag des Deutschen Bauernkrieges zum Anlass zu nehmen, in Mühlhausen und in Bad Frankenhausen 2025 eine Thüringer Landesausstellung auszurichten.

Eiserne Hand des Götz von Berlichingen (Replik), 20 Jh., Freiherrlich von Berlichingen´sches Archiv, Foto: Willi Pfitzinger, Rothenburg

Eiserne Hand des Götz von Berlichingen (Replik), 20 Jh., Freiherrlich von Berlichingen´sches Archiv, Foto: Willi Pfitzinger, Rothenburg

Tauchen Sie ein in die bewegte Geschichte des Deutschen Bauernkriegs und erleben Sie, wie sich die Kämpfe um Freiheit vor 500 Jahren abgespielt haben. Die Ausstellung lädt dazu ein, die sozialen, politischen und kulturellen Umbrüche dieser Epoche aus neuen Perspektiven zu betrachten. In einer spektakulären Breite zeigt die Schau Hintergründe, Ereignisse und Wahrnehmung des Deutschen Bauernkriegs. Die Ausstellung sowie ein umfangreiches Begleitprogramm werden in Mühlhausen/Thüringen und Bad Frankenhausen durchgeführt. Die Mühlhäuser Museen präsentieren über 400 Objekte von 80 nationalen und internationalen Leihgeber auf sagenhaften 1.500 m², dabei nehmen die Macher eine breite überregionale Perspektive auf die Ereignisse der Bauernaufstände 1524/25 ein. Verschiedene Personen, seien es Aufständische, Vertreter des Adels oder der Kirche, eröffnen unterschiedliche Blickwinkel auf die Realitäten des Jahres 1525.
Highlights der Ausstellung werden unter anderem das Runenschwert von Thomas Müntzer, die eiserne Hand des Götz von Berlichingen sowie Skulpturen von Tilman Riemenschneider sein. Eine Vielzahl originaler Waffen der Zeit um 1525 und archäologische Zeugnisse des ländlichen Lebens zeugen von den Ereignissen dieser bewegten Epoche.

Doug Miller, Bauernkriegsschachspiel, Foto: Alexander Hartleib / Mühlhäuser Museen

Doug Miller, Bauernkriegsschachspiel, Foto: Alexander Hartleib / Mühlhäuser Museen

Ausstellungsorte:

Museum St. Marien | Müntzergedenkstätte
Die eindrucksvolle Mühlhäuser Marienkirche mit dem höchsten Kirchturm Thüringens ist weit über die Stadtgrenzen sichtbar. Als Architektur- und Geschichtsdenkmal, Müntzergedenkstätte, Konzerthaus sowie Begegnungsort mit Religion und Kultur ist die Marienkirche eng mit dem Geschick der Stadt und ihrer Bürger verbunden. Die Ausstellungsbereiche in dem seit 1975 säkularisierten und seither museal genutzten Gebäude bieten ein vielfältiges Angebot. In den Seitenschiffen der Kirche zeigt aktuell die Ausstellung „Von Einhörnern und Drachentötern“ zur Thüringer Kunst des Mittelalters wertvolle Altäre und Skulpturen. Dem radikalen Reformator und ehemaligen Prediger der Marienkirche, Thomas Müntzer, ist ein eigener Bereich in den Kapellen gewidmet. Zu Baugeschichte und Restaurierung des eindrucksvollen Gotteshauses informiert das „Turmmuseum“.
Zur Landesausstellung 2025 ist der Ausstellungsbereich im Museum St. Marien | Müntzergedenkstätte der Gesellschaft und ihrem Wandel zu Beginn des 16. Jahrhunderts gewidmet. Hier werden die Besucherinnen und Besucher in die historische Lebenswelt, bestehenden gesellschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen sowie auftretenden gesellschaftlichen Verwerfungen eingeführt.

Bauernkriegsmuseum Kornmarktkirche
Die ehemalige Klosterkirche „St. Crucis“ zählt deutschlandweit zu den bedeutendsten Bettelordenskirchen, die sich bis heute erhalten haben. Sie beeindruckt durch eine schlichte, von Maß und Proportion bestimmte Architektur. Die 1802 profanierte Kirche wird seit 1975 museal sowie als Konzert- und Tagungsstätte genutzt. Über die Zeit der Vor- und Frühreformation sowie den Bauernkrieg in Thüringen informiert derzeit die 2016 neukonzipierte Dauerausstellung „Luthers ungeliebte Brüder“. Die Gruft der Kirche beherbergt heute einen Ausstellungsbereich zur wechselvollen Bau- und Restaurierungsgeschichte des ehemaligen Gotteshauses. Zudem laden im Außenbereich ein Klostergarten sowie ein Lapidarium mit Bauteilen historischer Gebäude zum Verweilen ein. Während der Landesausstellung 2025 stehen im Bauernkriegsmuseum Kornmarktkirche die Geschehnisse und Umstände des Bauernkrieges der Jahre 1524 und 1525 im Fokus. Ausgehend von den bäuerlichen Forderungen und entlang der überlieferten Ereignisse werden die Besucherinnen und Besucher an die handelnden Akteure sowie die gesellschaftlichen Herausforderungen der Zeit herangeführt. Diese Herausforderungen und historischen Fragestellungen weisen mit ihrer ungebrochenen Aktualität und Relevanz direkt in die Gegenwart eines jeden Einzelnen.

Sensenschwert Thomas Müntzer, Rüstkammer, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Jürgen Lösel

Sensenschwert Thomas Müntzer, Rüstkammer, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Jürgen Lösel

Kulturhistorisches Museum
Das Haupthaus der Mühlhäuser Museen wurde zwischen 1868 und 1870 ursprünglich als Gymnasium im Stil der Neorenaissance errichtet. Seit der Gründung eines Heimatmuseums 1928 wird das Gebäude am Lindenbühl jedoch vor allem museal genutzt. Nach einer umfangreichen Modernisierung im Jahr 2013 eröffnete das Haus als Kulturhistorisches Museum neu. Die umgestalteten Dauerausstellungen zeigen gegenwärtig die wichtigsten Stücke aus dem Sammlungsbestand zur Ur- und Frühgeschichte des Unstrut-Hainich-Kreises, der Stadtgeschichte sowie der Thüringer Kunst des 20. Jahrhunderts. Mit der musealen Neugestaltung verbunden ist ein modernes museumspädagogisches Konzept mit Hör- und Mitmachstationen zum Entdecken, Anfassen und Spaß haben.
Im Kulturhistorischen Museum wendet sich die Landesausstellung 2025 der Deutung und Rezeption des Bauernkrieges seit dem 16. Jahrhundert zu und endet schließlich in der Gegenwart. Zentral ist hierbei die teilweise widerstreitende Verquickung von Erinnerung, konfessioneller oder politischer Instrumentalisierung und künstlerischer Interpretation. Die Besucherinnen und Besucher werden angeregt, die Freiheit(-en) von Erinnerung, Wissenschaft und Kunst zu hinterfragen.

Panorama Museum Bad Frankenhausen
Über der Stadt Bad Frankenhausen thront mit dem Panorama Museum ein zylindrisches Bauwerk, das ein beeindruckendes Gemälde von 14 Metern Höhe und 123 Metern Umfang birgt: das Panoramabild „Frühbürgerliche Revolution in Deutschland”, ausgeführt von Werner Tübke (1929–2004) in Öl auf Leinwand von 1983 bis 1987. Das imposante Kunstwerk zählt mit über 3.000 Einzelfiguren zu den größten und figurenreichsten Gemälden der neueren Kunstgeschichte und bietet ein lebhaftes Zeitpanorama des 16. Jahrhundert.
Im Rahmen der Landesausstellung 2025 werden dem zentralen Panoramabild die historischen Vorbilder Tübkes im Original zur Seite gestellt und in die Epoche von Humanismus, Renaissance und Reformation eingebettet.

„Der Welt Lauf“
Die kunsthistorische Betrachtung der zeitgeschichtlichen Quellen und deren künstlerischer Verarbeitung im Monumentalgemälde durch Werner Tübke bilden das Zentrum der Ausstellung „Der Welt Lauf” im Panorama Museum. Ausgewählte historische Werke (Bilder und Texte) werden unter kunsthistorischen Gesichtspunkten betrachtet und in ihrer Bedeutung analysiert, wobei der zeithistorische Bezug der Werke in ihrer Zusammenschau und Verknüpfung die Möglichkeit zu einer authentischen Widerspiegelung der künstlerischen und geistigen Veränderungs-Prozesse (Bildwelt – Weltbild) an der Wende vom Spätmittelalter zur frühen Neuzeit bietet. Bildnerisch wird der Akzent auf der Grafik liegen: Holzschnitte, Flugblätter, Flugschriften, Illustrationen, die Cranach-Werkstatt, die Kleinmeister, der Petrarca-Meister etc. Die Popularisierung der Grafik wird ebenso zur Darstellung kommen wie die Bedeutung der zeitgenössischen Medienrevolution. Herausragende Kunstleistungen der Zeit werden im Besonderen diskutiert.
Die unmittelbare Knüpfung des Projektes an das Bildprogramm von Werner Tübke gestattet zugleich, die Rezeption von Kunst und Geschichte als Mittel zum Verständnis der Gegenwart zu thematisieren. Die künstlerische Verarbeitung bei Werner Tübke bietet dank der widerspruchsreichen Ganzheit des Panorama-Gemäldes dazu Einblicke in eine gleichermaßen objektivierte (an den Quellen orientierte) wie persönliche (auch historisch-philosophische) Interpretation von Geschichte als Weltgericht, der zugleich die tiefe Überzeugung von einer zyklischen Wiederkehr des Gleichen als Kreislauf unterliegt.

Thüringer Landesausstellung „freiheyt 1525 – 500 Jahre Bauernkrieg“

Mühlhäuser Museen:
26. April bis 19. Oktober 2025
https://mhl-museen.de
www.bauernkrieg2025.de

Panorama Museum
, Bad Frankenhausen:
10. Mai bis 17. August 2025
www.panorama-museum.de

Werner Tübke, Monumentalgemälde (Ausschnitt) © VG Bild-Kunst, Bonn 2025

Panorama Museum, Bad Frankenhausen, Werner Tübke, Monumentalgemälde (Ausschnitt) © VG Bild-Kunst, Bonn 2025