In Alexander Zemlinskys Oper Der Kreidekreis, 1933 in Zürich nach dem gleichnamigen Schauspiel von Klabund erstaufgeführt, geht es um die Willkür der Mächtigen und den immerwährenden Kampf Gut gegen Böse und Arm gegen Reich – Themen, die uns bis heute beschäftigen.

Zu Beginn der Oper wird das mittelose chinesische Mädchen Haitang von ihrer Mutter an den Besitzer eines Etablissements verkauft. Unmittelbar zuvor hat sich ihr Vater, der seine Steuern nicht mehr zahlen konnte, erhängt. Ein Prinz verliebt sich in sie, doch Haitang wird ausgerechnet vom reichen Steuerpächter Ma, der ihren Vater in den Selbstmord getrieben hat, als Zweitfrau ersteigert. Die unfruchtbare Erstfrau Mas fürchtet um ihr Erbe, als Haitang einen Sohn zur Welt bringt. Hasserfüllt vergiftet sie ihren Ehemann und schiebt die Schuld auf Haitang. Sie behauptet ferner, sie selbst wäre die leibliche Mutter des Kindes, besticht Zeugen und Richter, um als Erbin und Mutter anerkannt zu werden. Doch in auswegloser Lage wendet sich unverhofft das Schicksal der unschuldigen Haitang.
Schon im Schauspiel, das 1925 uraufgeführt und danach von etwa 100 Bühnen nachgespielt wurde, vermischen sich die stilistischen Ebenen zwischen Märchenstück und kriminalistischem Sozialdrama, steht Karikaturistisches neben emotionalem Pathos. Klabund hatte sich dabei an einem chinesischen Singspiel aus dem 14. Jahrhundert orientiert. In Zemlinskys letzter vollendeter Oper wird dieser faszinierende Mix aus Dramatik und Lyrik noch verstärkt. Schon am Anfang sorgen schwüle Saxofonklänge für das nötige Kolorit zum Slow-Motion-Ballett des Bordellbesitzers. Der Komponist verschachtelt Spätromantik mit Kabarett-Szenen à la Kurt Weills Mahagonny, das Zemlinsky 1931 dirigierte. Er mischt Mahler und Strauss mit fernöstlichen Klängen, weiß die Balance aber durch differenzierten Einsatz von Stimme und Orchester zu erreichen. So pendelt die abwechslungsreiche und farbige Partitur situationsgemäß zwischen musikalisch subtil gestützten Sprechpartien, kammermusikalisch feinen Lyrismen und hochdramatischen Ausbrüchen. Regie führt Sebastian Ritschel, seit 2022 Intendant am Theater Regensburg.
Premiere 2. Juni 2024
weitere Aufführungen: 15. und 21. Juni, 4., 14., 16. und 20. Juli 2024

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