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In der Turmstube von St. Lamberti versehen seit vielen hundert Jahren Türmer ihren Dienst. Erstmals urkundlich erwähnt wurde ein solcher Turmwächter 1383. 631 Jahre später arbeitet die erste Frau auf diesem Posten. Martje Saljé ist seit Januar 2014 die Türmerin von St. Lamberti.

Traditionell ist der Türmer ein Angestellter der Stadt und nicht der Kirche. Galt der Beruf im ausgehenden Mittelalter bis in die frühe Neuzeit als „unehrlich”, im Sinne von „ohne ständisches Ansehen”, so sind die Münsteraner heute stolz auf ihren Türmer und die lange Tradition.
Auch heute noch gehört es zu den Aufgaben der Türmerin, aus 75 Metern Höhe vom St. Lamberti-Kirchturm nach Bränden Ausschau zu halten. Eventuell gesichtete Feuer meldet sie sofort der Feuerwehr, mit der die Turmstube telefonisch in Verbindung steht.
Eine weitere und weithin hörbare Aufgabe der Türmerin ist das „Tuten“. Zwischen 21 Uhr und Mitternacht erklingt täglich außer dienstags jede halbe Stunde das Türmer-Horn, ein Nachbau von 1950 des altehrwürdigen Horns aus dem 16. Jh. Das Zeitsignal wird jeweils in alle Himmelsrichtungen getutet: Prinzipalmarkt und Lambertusbrunnen im Süden, Domplatz im Westen, Drubbel im Norden… Um die vierte Windrichtung, Osten, rankt sich die Legende, es habe dort einmal ein Friedhof gelegen. „Und die Totenruhe soll man ja bekanntlich nicht stören, sonst geschehen am Ende noch ähnlich gruselige Dinge wie in Goethes ‚Totentanz'“, erklärt Martje Saljé mit einem Augenzwinkern.
Bevor sie Türmerin von St. Lamberti wurde, hat Martje Saljé Musik und Geschichte studiert. Jetzt hält sie mit dem Kupferhorn und ihrer Arbeit ein Stück Stadtgeschichte lebendig. Zugleich hat mit ihr auch die Moderne Einzug in die Turmstube gehalten – in Form des Internets. Die Türmerin schreibt ein Blog. Auf diese Weise lässt sie auch die interessierte Leserschaft an ihrer Arbeit auf dem St. Lamberti-Kirchturm teilhaben – zumindest virtuell. Denn aus versicherungsrechtlichen Gründen sind öffentliche Führungen leider nicht möglich.

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