Der Tod betrifft alle. Er ist das Thema der menschlichen Existenz schlechthin. Denn Mensch sein, heißt sterblich sein. Aber auch alle anderen Lebewesen – Pflanzen, Tiere, Mikroorganismen, selbst Himmelskörper – sterben, vergehen, verglimmen, erlöschen. Nach über drei Jahren Coronapandemie und eineinhalb Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine ist der Tod für viele Menschen als Bedrohung präsenter als jemals zuvor.
Die neue Ausstellung im Dom Museum Wien befasst sich mit dem unausweichlichsten Bestandteil jeder Existenz: „Sterblich sein“ spürt mittels Gegenüberstellung von Kunstwerken, die einen kulturhistorischen Bogen vom Mittelalter bis zur Gegenwart spannen, der tiefen Bedeutung von Tod nicht nur im individuellen, sondern auch im kollektiven und gesellschaftspolitischen Kontext nach. Intime, persönliche Ansätze werden genauso beleuchtet wie die öffentliche, politische Rolle des Sterbens und die Auseinandersetzung damit. „Wir sind davon überzeugt, dass wir unserem Publikum diese Ausstellung zumuten können, ja sogar müssen, denn zu den Kernaufgaben eines gegenwärtigen Museums gehört es nicht nur, zu unterhalten“, so Museumsdirektorin Johanna Schwanberg, die die Schau gemeinsam mit Klaus Speidel kuratiert hat. Das Dom Museum Wien ist einer der angemessensten Orte, um eine Ausstellung über das menschheitsbestimmende Thema Tod auszurichten: Angesichts der ungemeinen Präsenz der Todesthematik in der christlichen Kunst, verwundert es nicht, dass das Museum über Sammlungen verfügt, die reich an Exponaten sind, die direkt oder indirekt mit dem Tod zu tun haben. Der Tod spielt auch in der über 3.000 Werke umfassenden, modernen und weitgehend profanen Sammlung Otto Mauer eine zentrale Rolle – Grund genug um ein „Zeichnungskabinett“ innerhalb der Schau einzurichten, das vor allem eine Fülle an Grafiken aus den Beständen präsentiert, die ursprünglich im Besitz des Dompredigers und Kunstsammlers Mauer waren.
„Das Dom Museum Wien mit seinen intimen Räumlichkeiten und den hochemotionalen Skulpturen, Gemälden und Grafiken ist ein idealer Ort, um die Todesthematik aus verschiedenen Perspektiven entsprechend sensibel zu beleuchten“, so Johanna Schwanberg. „Dabei kann unsere Ausstellung auch ein ‚Safe Space‘ des Zu-sich-Findens anlässlich eines Verlustes oder der Bedrohung des eigenen Lebens aufgrund einer schweren Erkrankung sein. Wir sehen unsere Schau als Chance, gerade in schwierigen Zeiten einen Ort zu haben, an dem die vielen Eindrücke, Berichte und Erfahrungen der belastenden letzten Jahre durch Kunstwerke ästhetisch verdichtet, in Ruhe reflektiert und verarbeitet werden können.“ „Sterblich sein“ erzählt, wie in allen bisherigen Ausstellungen seit der Wiedereröffnung des Dom Museum Wien im Jahr 2017, keine chronologische Geschichte, sondern arbeitet vielmehr mit Kontrasten und Gegenüberstellungen von Werken unterschiedlichster Kunstepochen.
Die Ausstellung spannt anhand von Skulpturen, Gemälden, Zeichnungen, Fotografien und Videoinstallationen einen großen Bogen vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Die Auswahl zeigt sowohl Werke aus den historischen Beständen des Hauses als auch aus der Sammlung Otto Mauer Contemporary, umfasst aber darüber hinaus hochkarätige Leihgaben aus nationalen und internationalen Sammlungen, Museen, Stiften und Galerien. „Sterblich sein“ bezieht Arbeiten zahlreicher Gegenwartskünstlerinnen und Gegenwartskünstler mit mehreren zum Teil eigens für die Schau entwickelten oder neu für die Sammlung erworbenen Werken in die Ausstellung ein.
6. Oktober 2023 bis 25. August 2024