Unter dem Titel Christo und Jeanne-Claude – Ein Leben für die Kunst präsentiert das Kunstmuseum Lindau noch bis 13. Oktober 2024 rund 70 Werke des wohl berühmtesten Künstlerduos unserer Zeit. Die Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit der Christo und Jeanne-Claude Foundation (New York) entstanden ist, zeigt virtuose Zeichnungen, detailreiche Collagen, frühe Objekte und faszinierende Fotografien und ist die erste umfassende Museumsschau zu Christo und Jeanne-Claude in Süddeutschland und Österreich. 

Die großartige Schau dokumentiert die lebenslange Reise, die die beiden Ausnahmekünstler immer wieder zu ihren temporären Großprojekten gebracht hat – Projekte, die Millionen von Menschen zusammengeführt und unseren Blick auf die Welt verändert haben. Sie haben den Reichstag verhüllt, einen gigantischen Vorhang zwischen zwei Berghänge in Colorado gespannt und es hunderttausenden von Menschen ermöglicht, über das Wasser des Iseosees zu gehen. Christo und Jeanne-Claude waren Visionäre – sie wurden nie müde, an ihre Träume zu glauben. Ihre monumentalen Projekte wurden zu Kultur-Pilgerstätten auf der ganzen Welt. Die Lindauer Sonderausstellung gewährt nun mit bemerkenswerten Leihgaben Einblicke in das Schaffen und Lebenswerk des Künstlerpaares, das sich stets mit Vehemenz und Überzeugung für seine Kunst im öffentlichen Raum einsetzte und alle Arbeiten selbst finanziert hat. In Lindau erleben die Ausstellungsbesucherinnen und Besucher neben den kühnsten Träumen des Künstlerpaares und den originalen Werken von Christo den besonderen Blick des exklusiven Fotografen und Wegbegleiters Wolfgang Volz, der seit 1972 in enger Zusammenarbeit mit dem Paar die internationalen Projekte dokumentarisch begleitet hat. Vor allem seine Aufnahmen haben dazu beigetragen, die Entwicklung und Realisierung der einzigartigen Kunstwerke für zahllose Menschen erlebbar zu machen. So sind sowohl die Skizzen und Collagen als auch die Fotografien zu eigenständigen Kunstwerken geworden, die die Vergänglichkeit der Projekte dokumentieren und sie gleichzeitig unvergesslich machen und die Zeit überdauern lassen.

Die Ausstellung Christo und Jeanne-Claude – Ein Leben für die Kunst ist bis 13. Oktober im Kunstmuseum Lindau zu sehen. Bild: Christian Flemming

Die Ausstellung Christo und Jeanne-Claude – Ein Leben für die Kunst ist bis 13. Oktober im Kunstmuseum Lindau zu sehen. Foto Christian Flemming

Die Schau mit dem Untertitel „Ein Leben für die Kunst“ beleuchtet aber nicht nur das Werk des wohl bedeutendsten Künstlerduos unserer Zeit, sie erzählt auch die berührende Geschichte eines Paares, das sich auf Augenhöhe begegnete, sich gegenseitig unterstützte, nicht ohne einander konnte. Christo und Jeanne-Claude sind am selben Tag, am 13. Juni 1935, geboren, er in Bulgarien, sie in Marokko. Sie begegneten sich 1958 in Paris und wurden ein Paar. Gemeinsam verwirklichten sie ihre aufsehenerregenden Projekte, wie etwa die Installation »The Gates« im New Yorker Central Park (1979–2005), „The Floating Piers” auf dem Iseosee in Italien (2014–16) oder die Verhüllung des Reichstags in Berlin (1971–95) und des Triumphbogens in Paris (1961 – 2021). Er war dabei der Visionär, der bereits in vollkommener Perfektion in seinen Zeichnungen jede Falte festlegte, sie das Kommunikationstalent. Beide waren getrieben von einer fast schon kindlichen Freude, über Grenzen zu gehen, gemeinsam konnten sie begeistern. Nach dem Tod von Jeanne-Claude im Jahr 2009 arbeitete Christo allein weiter. Er starb 2020.

Kuratiert wird die diesjährige Sonderausstellung von Prof. Dr. Roland Doschka und von Dr. Sophie Sümmermann. Die gebürtige Lindauerin ist eng mit der Christo und Jeanne-Claude Foundation in New York verbunden, die einen Großteil der Werke für die Ausstellung zur Verfügung stellt. „Diese Werkschau“, erzählt die Kunsthistorikerin, „ist innovativ und zugänglich“. Es ist die erste Ausstellung des Kunstmuseums Lindau, die nicht nur im Museum selbst, sondern auch durch großformatige Fotografien im Außenraum auf der Lindauer Insel zu sehen sein wird. Begleitend hierzu ist eine Rätseltour durch Lindau mit einer Schatzkarte entstanden, die vor allem Kindern das Werk und die Geschichte von Christo und Jeanne-Claude näher bringt. „Christo und Jeanne-Claude waren einzigartig, pulsierend und nie müde, an ihre Träume zu glauben, und zeigen uns einmal mehr in diesen Zeiten, dass es sich lohnt, dafür zu kämpfen. Ihre Kunst scheint zu beweisen: Alles ist möglich“, sagt Sophie Sümmermann. Unvergessen ist beispielsweise das Ringen um die Genehmigung für die Verhüllung des Reichstages in Berlin: Dreimal war das Projekt bereits abgelehnt worden. 1994 schließlich stimmte der Deutsche Bundestag nach einer hitzigen Debatte für das Vorhaben – fast 25 Jahre lagen zwischen den ersten Skizzen und der Realisierung.
13. April bis 13. Oktober 2024, täglich 10 bis 18 Uhr

Die Ausstellung Christo und Jeanne-Claude – Ein Leben für die Kunst ist bis 13. Oktober im Kunstmuseum Lindau zu sehen. Foto Christian Flemming

Die Ausstellung Christo und Jeanne-Claude – Ein Leben für die Kunst ist bis 13. Oktober im Kunstmuseum Lindau zu sehen. Foto Christian Flemming

Mit den erfolgreichen Sonderausstellungen hat sich die Inselstadt Lindau in den vergangenen Jahren einen Namen in der Kulturszene gemacht. Ein ganz besonderer Höhepunkt steht im kommenden Jahr an: Das Stadtmuseum der Lindauer, der Cavazzen, wird nach der umfassenden Renovierung und Neukonzeptionierung wiedereröffnet. „Ich freue mich, dass es gelungen ist, in diesem Jahr noch einmal eine so vielversprechende Sonderausstellung in unserem Interimsmuseum im alten Postgebäude auf die Beine zu stellen, bevor wir unsere künftigen Sonderausstellungen im Cavazzen in einem großartigen Umfeld präsentieren können“, sagt die Lindauer Oberbürgermeisterin Dr. Claudia Alfons.
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