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„Seit 1972 beschäftige ich mich mit ‚Umsetzungen’ von klassischen Kunstwerken. So sind Zyklen entstanden über Giotto, Jacopo Bellini, Rogier van der Weyden, Leonardo da Vinci, Michelangelo, Hans von Marées, Wilhelm Lehmbruck, Oskar Schlemmer, Kurt Schwitters, Max Ernst und Carlo Carrà.“
Jürgen Brodwolf

Anlässlich von Jürgen Brodwolfs 90. Geburtstag zeigt das Kunstmuseum Bayreuth eine Auswahl aus nahezu 40 verschiedenen Paraphrasenzyklen.

Die Ausstellung zeigt erstmals den eindrucksvollen Werkzusammenhang der Paraphrasen nach Werken anderer Künstler, darunter auch die Zyklen „Zeitebenen“, „Nibelungenlied“ und „Zyklus zu Richard Lindner“, die das Kunstmuseum Bayreuth als großzügige Schenkung des Künstlers bewahrt.
Jürgen Brodwolf gehört zu den bedeutenden europäischen Vertretern einer neuen, inhaltlich geprägten Figuration nach 1945. Ein großer Teil seines reichen Werkes ist in Zyklen oder Serien angelegt, die ein Thema umkreisen und immer wieder neu von verschiedenen thematischen Aspekten aus untersuchen und bearbeiten. Oft verbindet Brodwolf verschiedene Techniken und bildnerische Medien: Er bildet aus Farbe, Leinwand, Holz, Gaze, Blei und verschiedenen anderen Werkstoffen und Alltagsdingen neue Wirklichkeiten, die erzählerisch Menschenleben und -schicksale reflektieren.
Seine Protagonistin dabei ist die „Tubenfigur“, die er seit 1959 aus leeren Farbtuben formt und die seine Bilder in verschiedenen menschlichen Gestalten und Konstellationen und auch als Figurenschnitt oder Zeichnung „bewohnt“. Auch den öffentlichen Raum hat sie erobert: Seine erste lebensgroße Bronze-Außenskulptur – die „Bayreuther Gruppe“ – ist seit 2012 am Chor der Bayreuther Stadtkirche zu sehen.

Jürgen Brodwolf, „Zeitebenen“: Liegende Frau aus dem Westgiebel Olympia, gelbliches Papier, Bleistiftzeichnung aus den 80er Jahren, Aquarell und Bleistift von 2002, 22,3 x 29,9 cm © Jürgen Brodwolf

Jürgen Brodwolf, „Zeitebenen“: Liegende Frau aus dem Westgiebel Olympia, gelbliches Papier, Bleistiftzeichnung aus den 80er Jahren, Aquarell und Bleistift von 2002, 22,3 x 29,9 cm © Jürgen Brodwolf

Seit 1972 setzt sich Brodwolf intensiv mit dem Werk anderer Künstlerinnen und Künstler auseinander. Auf seine poetische Weise untersucht er ausgewählte Bildwerke auf unterschiedliche Möglichkeiten der figurativen Darstellung: Mal nähert er sich mit dem Rötelstift zeichnend oder mit Aquarellfarbe malend den Bildfiguren, mal treten seine körperhaften Tubenfiguren in einen Dialog mit den Figuren im Bild, indem sie sich in Gruppen und Konstellationen „einmischen“, mal reagiert Brodwolf mit kräftigen Farbsetzungen, mal mit Installationen in die Kompositionsstrukturen.
Immer geht es ihm um das Miteinander von Menschen, die einander beschützen und benutzen, lieben und töten, anbeten und vernichten.
Brodwolf zieht in seinen Paraphrasenzyklen von der Antike bis heute einen großen Bogen über 2500 Jahre europäischer Kulturgeschichte und begegnet dort unter anderem Lysipp und Praxiteles, Bellini und Giotto, Leonardo und Michelangelo, Masaccio und Holbein, Hans von Marées und Ferdinand Hodler, Paul Klee und Oskar Schlemmer, Meret Oppenheim und Paula Becker-Modersohn, Richard Lindner und Gerhard Hoehme – um hier nur einige zu nennen.
20. März bis 19. Juni 2022

www.kunstmuseum-bayreuth.de/