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2016 gab die Gemeinde Murnau der Historikerin und Privatdozentin Dr.in Edith Raim den Auftrag, die politische und gesellschaftliche Geschichte Murnaus zwischen 1919 und den 1950er-Jahren zu erforschen. Die Ergebnisse dieser Studie werden im Rahmen einer Ausstellung im ersten Stock des Schlossmuseums Murnau präsentiert.

Die Provinz ist politisches und gesellschaftliches Brachland? Von wegen! Wie in einem Brennglas komprimiert sich die deutsche Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Murnau in Oberbayern. Hier lebten der nationalsozialis­tische Wirtschaftstheoretiker und frühe Förderer Hitlers Gottfried Feder, der spätere Präsident des Jüdischen Weltkongresses Nahum Goldmann, der amerikanisch-jüdische Mäzen James Loeb, die Malerin Gabriele Münter, der Dramatiker Ödön von Horváth und der Widerstandskämpfer Christoph Probst. Adolf Hitler, aber auch Heinrich Himmler und Julius Streicher machten in der Gemeinde am Staffelsee Station.

Wie erlebte Murnaus Bevölkerung Revolution, Republik, Diktatur und die Besatzungszeit? Weshalb errangen seit 1924 völkische Parteien und die NSDAP bei den Wahlen stets die meisten Stimmen in Murnau? Einschneidende Ereignisse, wie zum Beispiel die Murnauer Saalschlacht, die „Machtergreifung“ vor Ort oder die Durchführung des ersten HJ-Hochlandlagers, sind Themen der Ausstellung. Erstmalig ist auch ein tiefes Eintauchen in den Kriegsalltag der Murnauer Bürger möglich. Zeitzeugen und dokumentarische Aufnahmen der Amerikaner beim Einmarsch gehen auf das Kriegs­ende 1945 ein. Und wie lebten Amerikaner, Deutsche, befreite Zwangsarbeiter und jüdische Holocaust-Überlebende nach 1945 zusammen?

Unter Einbeziehung einer Vielzahl von historischem Fotomaterial, Plakaten und Objekten aus Privatarchiven wird das poli­tische, gesellschaftliche und kulturelle Panorama kleinstädtischen Lebens in bewegten Zeiten deutlich, das über den lokalen Kontext hinaus nationale und internationale Bedeutung hat.

Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher bebilderter Katalog. Für die Ausstellung wurde ein Begleitprogramm mit einem Audioguide mit ausgewählten zusätzlichen Informationen entwickelt, ferner sind Kuratorenführungen, Zeitzeugengespräche und eine Filmvorführung vorgesehen.
2. April bis 22. November 2020

Schattenzeiten. Künstler zwischen Anpassung und Widerstand
Parallel zur Dauerausstellung setzt sich das Museum in einer Sonderausstellung mit den Positionen der Künstler seiner Sammlung zwischen Anpassung und Widerstand auseinander. Wie gingen und gehen Künstler mit Unterdrückung, Repressionen und Zensur um?

Welche Sprache, welche Metapher und welche Ausdrucksmittel fanden sie, um entweder subtil oder drastisch dagegenzuwirken? Wie weit nahmen die Künstler in verschiedenen Jahrhunderten Einfluss, und wie erfolgreich waren sie?

Mit Gemälden und Grafiken unter anderem von Alfred Kubin, Franz Marc, Käthe Kollwitz, Otto Dix, Carl Rabus, Cuno Fischer, Max Beckmann und Gabriele Münter gibt die Ausstellung Einblick in Lebenssituationen und Handlungsweisen im 20. und 21. Jahrhundert und spannt den Bogen von Francisco de Goya und frühen Dystopien von Max Klinger und Franz von Stuck bis hin zu zeitgenössischen Arbeiten von Rita de Muynck.
7. Mai bis 6. September 2020

https://schlossmuseum-murnau.de