Im Sommer 2024 präsentieren die malerisch in die Naturlandschaft der Alpen eingebetteten Tiroler Festspiele Erl ein prachtvolles, schon im Vorfeld viel rezipiertes Programm mit hochkarätig besetzten Produktionen. So lockt das berühmte Festival unter anderem mit einer aufregenden Neuinszenierung und einem vielschichtigen Konzertkalender, der mit einer glanzvollen Schubertiade, die sich mit Schuberts Klaviersonaten auseinandersetzt, zudem einen ganz besonderen Höhepunkt enthält.

Atemberaubende Opernpremiere
Mit der Neuinszenierung von Peter I. Tschaikowskis „Mazeppa” bringen die Sommerfestspiele in Erl eine packende, ungemein spannungsreiche und musikalisch überwältigende Opernrarität auf die Bühne des Festspielhauses. Basierend auf einem Poem von Alexander Puschkin verbindet Tschaikowski in seiner Partitur volksliedhafte Melodien, leidenschaftliche Arien und martialische Orchesterzwischenspiele zu einem atemberaubenden Klangerlebnis. Mit eindrucksvollem psychologischen Feingefühl zeichnet der Komponist überdies vielschichtige Charaktere, die zunehmend das rechte Maß verlieren: Statt Freundschaft und Mitgefühl regiert in der 1884 uraufgeführten Oper schließlich nur noch das Gesetz des Stärkeren. Die dramatische Handlung kreist um Maria, die Tochter des Gutsherren Kotschubei, die den deutlich älteren General Mazeppa liebt. Nachdem die beiden gegen den Willen von Marias Vater heiraten, entspinnt sich ein erbitterter Machtkampf: Kotschubei klagt Mazeppa beim Zaren wegen Hochverrats an, wird anschließend aber selbst hingerichtet. Als Maria die fatalen Folgen ihrer Liebe erkennt, verfällt sie dem Wahnsinn.

Petr Sokolov © Emil Matveev

Petr Sokolov © Emil Matveev

In Erl wird die anspruchsvolle Titelpartie des Generals Mazeppa der herausragende Bariton Petr Sokolov übernehmen, als Maria ist die exzellente südafrikanische Sopranistin Nombulelo Yende zu erleben, als Kotschubei der brillante Bass Alexander Roslavets und als dessen Frau Ljubov die wundervolle, aus Oberösterreich stammende Mezzosopranistin Helene Feldbauer.

Helene Feldbauer © Helene Feldbauer

Helene Feldbauer © Helene Feldbauer

Ebenfalls im Ensemble zu finden ist auch der mehrfach preisgekrönte Tenor Mikhail Pirogov als Andrej. Für die Regie dieser spektakulären Erler Aufführung zeichnet der erfolgreiche Regisseur Matthew Wild verantwortlich, die musikalische Leitung übernimmt Karsten Januschke – er zählt zu den größten Talenten der jüngeren Dirigentengeneration – und Bühne sowie Kostüme werden von dem international renommierten Bühnenbildner Herbert Murauer entworfen.
Ebenfalls im diesjährigen Opernprogramm zu finden sind überdies auch zwei komplette „Ring”-Zyklen mit den richtungsweisenden Erler Inszenierungen von „Rheingold”, „Walküre”, „Siegfried” und „Götterdämmerung”, die von Regisseurin Brigitte Fassbaender, Dirigent Erik Nielsen und Bühnenbildner Kaspar Glarner verantwortet wurden. Die von Publikum und Kritik umjubelten Produktionen werden im Passionsspielhaus zu sehen sein.

Hochkarätige Schubertiade mit Paul Lewis
1868 fertigte der Maler Moritz von Schwind (1804–1871) die Zeichnung einer Schubertiade bei Joseph von Spaun (1788–1865) an. Einer fiktiven Schubertiade allerdings, denn Franz Schubert war schon 1828 verstorben und Schwind musste „aus der Erinnerung” all jene Freunde des Komponisten im Bild – und vor einem prominent an der Wand platzierten Porträt von Komtesse Caroline Esterházy (1811–1851) – versammeln, die einst zu den Schubertiaden zusammengekommen waren: Verewigt sind hier neben Joseph von Spaun unter anderem Franz Grillparzer, Leopold Kupelwieser, Eduard von Bauernfeld, Franz von Schober und Moritz von Schwind selbst, die sich rund um den Klavierspielenden Franz Schubert gruppieren. Die interessante Zeichnung gibt einen Eindruck von der großen musikhistorischen Bedeutung der Schubertiaden, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts von Schuberts Freunden als Hauskonzerte zur finanziellen Unterstützung des zumeist unter Geldnot leidenden Komponisten initiiert worden waren. Schnell setzen sie sich – mit Franz Schubert am Klavier und befreundeten Sänger, die seine Lieder intonierten – in Wien als Salon-Höhepunkte durch.

Paul Lewis © UKARIA 2024

Paul LewiPaul Lewis © UKARIA 2024s © UKARIA 2024

Im Sommer 2024 präsentieren nun die Tiroler Festspiele eine vier Konzerte umfassende Schubertiade: Mit der hochkonzentrierten Wiedergabe von Schuberts herrlichen Klaviersonaten, die – einst von der Musikwissenschaft als „vernachlässigbar” bezeichnet – zum festen Repertoirebestandteil der großen Pianisten unserer Zeit avancierten. In Erl ist es der international gefeierte britische Pianist Paul Lewis, der sich im Rahmen dieser exemplarischen Konzertreihe den Schubert’schen Klaviersonaten im Festspielhaus widmet. Der 1972 geborene Lewis, einer der führenden Pianisten seiner Generation, zählt mit seinen meisterhaften Zyklen der wichtigsten Klavierwerken von Schubert und Beethoven zu den weltweit herausragenden Interpreten des mitteleuropäischen klassischen Repertoires.

Musikalische Glanzstücke mit spannenden Entdeckungen
Neben dieser Schubertiade präsentieren die Tiroler Festspiele Erl im Sommer 2024 zudem weitere musikalische Kostbarkeiten. So setzt das von Julia Jones dirigierte Eröffnungskonzert der Tiroler Festspiele Erl zentrale Kompositionen von Samuel Barber, Jean Sibelius und Gustav Mahler in einen Dialog mit dem Hauptwerk des Abends, Felix Mendelssohn Bartholdys genialer Vertonung von Goethes Ballade „Die erste Walpurgisnacht”. Auch das mehrfach preisgekrönte Schumann Quartett ist zu erleben, ebenso wie die Pianistin Claire Huangci und das Aris Quartett, die einen Abend voller spannender Entdeckungen (z. B. Fanny Hensels großartiges Streichquartett in Es-Dur) zusammengestellt haben. Das wunderbare Salzburger Ensemble Péridot hingegen widmet sich „Mozart in Prag” und präsentiert Kompositionen (etwa aus dem in Prag uraufgeführten „Don Giovanni”), die untrennbar mit der Stadt an der Moldau verbunden sind, wo Mozart die größten Triumphe seiner Karriere feiern konnte. Die einzigartige Musicbanda Franui aus Osttirol wiederum erinnert sich im 31. Jahr ihres Bestehens, dass der von ihr so verehrte Franz Schubert nur 31 Jahre alt wurde und widmet dem Komponisten daher ein fulminantes Schubert-Special. Ebenfalls in Erl am Programm steht auch das mitreißende Preisträgerkonzert der Bläserakademie mit hochtalentierten Künstlerinnen und Künstlern der jüngsten Generation. Und erwähnt werden muss natürlich das Familienkonzert für alle Generationen, das die faszinierende Welt von Richard Wagners „Ring” auf spielerische Weise erleben lässt. Abschließend soll noch ein ganz besonderer Programmhöhepunkt dezidiert hervorgehoben werden: Das Chorkonzert „Die große Erler Liturgie” bringt internationale Sakralmusik mit Werken von Anton Bruckner, Arvo Pärt, Frank Martin und Rodion Schtschedrin sowie Gospel und afrikanische Gesänge mit dem stimmgewaltigen Chor der Tiroler Festspiele Erl unter Olga Yanum zur Aufführung. Dringende Empfehlung!
4. bis 28. Juli 2024
www.tiroler-festspiele.at