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Angesagte Weltuntergänge finden in der Regel nicht statt. Mit seiner einzigen Oper Le Grand Macabre gelang György Ligeti ein großes und diskursives Welttheater, in dem die ungeschminkte Conditio humana mit all ihren Trieben und Schwächen nichts weniger als eine bevorstehende Apokalypse zu Fall bringt:

In ein imaginäres, korruptes Schlaraffenland – das »verfressene, versoffene und verhurte« Breughelland – platzt eines Tages der Tod alias Nekrotzar alias der dämonische Große Makabre, um die unmittelbare Zerstörung der Welt und der frivolen Menschheit zu verkünden. Durch die ihm unbekannten Gelüste des Lebens verführt und überwältigt, stirbt am Ende aber ausschließlich Nekrotzar selbst. Alle anderen gelangen zur Moral, dass ihr vorläufiges Überleben zur Beibehaltung des bis dahin geführten Lebenswandels genutzt werden sollte.
Mit dem am 12. April 1978 an der Königlichen Oper Stockholm ur-aufgeführten Werk gelang György Ligeti ein groteskes Meisterstück, das nicht nur ein zentrales Werk im Schaffen des österreich-ungarischen Komponisten darstellt, sondern sich weltweit dauerhaft im Repertoire verankern konnte. Durch ironische Distanz, Verfremdung und eine durchgehende Doppeldeutigkeit, die »den Ernst humoristisch und das Komische todernst nimmt«, wird das Grundthema der Oper – die notwendige Aufhebung der Angst und der Triumph des Eros – vor Augen und Ohren des Publikums entfaltet.
Inspiriert von Kafka, Jarry, Herzmanovsky-Orlando, von Goethes Faust, den mittelalterlichen Mysterien- spielen, aber auch der Pop-Art und Hieronymus Bosch, verfolgte Ligeti mit Le Grand Macabre die Idee eines »hyperfarbigen, comicartigen Geschehens, in dem die Charaktere und Bühnensituationen direkt, knapp gehalten, unpsychologisch, verblüffend und doch ganz sinnlich sein sollten.« Als Vorlage diente ihm das 1934 entstandene Schauspiel La Balade du Grand Macabre des Belgiers Michel de Ghelderode. Von daher rührt auch der französische Titel des im Original deutschsprachigen Librettos, das der Komponist gemeinsam mit dem Regisseur Michael Meschke verfasst hat.
Premiere 11. November 2023
weitere Aufführungen: 14., 17., 19. und 23. November 2023

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