Ein Sehnsuchtsort für Musikerinnen und Musiker – mitten in den Alpen: 1922 begleitet Richard Strauss die Sopranistin Lotte Schöne beim ersten „Meraner Musikfest“ im Stadttheater und ein Jahr zuvor komponiert der junge Paul Hindemith hier unter dem Pseudonym „Paul Merano“ die Musik zum Spielfilm „Im Kampf mit dem Berge“ des Regisseurs Arnold Fanck, den er in Meran zufällig kennengelernt hatte. Fanck schneidet seinen Stummfilm in der Kurstadt und Hindemith vertont diese cineastische „Alpensinfonie in Bildern“ in einer 75-minütigen Partitur. 1986 knüpft das südtirol festival meran anlässlich des 150. Geburtstags der Kurstadt an dieses kulturelle Erbe an – und setzt sich in seiner 40. Saison ebenfalls mit seinem alpinen Umfeld auseinander.
Am 27. August spielen die von Alexander Gilman geleiteten LGT Young Soloists mit dem Pianisten Martin James Bartlett – neben Astor Piazzollas „Cuatro Estaciones Porteñas” – das Klavierkonzert Nr. 1 des Minimalisten Philip Glass mit dem Beinamen „Tirol” und die Uraufführung des vom südtirol festival meran in Auftrag gegebenen Werks „Dolomites“ von Rachel Portman. Die britische Komponistin wird 1996 in Hollywood als erste Frau mit einem „Oscar“ für die beste Filmmusik ausgezeichnet und liefert später Soundtracks für Kino- Highlights wie „Beloved“ oder „Chocolat“ mit Juliette Binoche. In diesem „open concert” feiert das südtirol festival meran seine 40jährige Konzerttätigkeit, bedankt sich bei seinem Publikum und lädt alle Menschen dazu ein, Musik zu einem symbolischen Eintrittspreis live zu erleben.

Royal Philharmonic Orchestra London © Ben Wright, RPO
Im August und September bietet das südtirol festival meran an dreizehn Spielorten in der Stadt Meran und in den Schlössern und Kirchen des Meraner Umlands 26 Konzerte in sechs Konzertformaten an – und die „sinfonische“ Reihe „classic“ ist wieder das Herzstück dieses europäischen Musikfests. Am 21. August eröffnet das Royal Philharmonic Orchestra London unter der Leitung von Vasily Petrenko und mit dem Violoncellisten Pablo Ferrández die Festivalsaison im Kursaal. Danach gastiert dort das von Jaime Martín dirigierte Melbourne Symphony Orchestra aus Australien mit dem Pianisten Behzod Abduraimov, der isländische Pianist Víkingur Ólafsson spielt in einem Recital Werke von Bach, Beethoven und Schubert, das Hong Kong Philharmonic Orchestra unter Jaap van Zweden bringt den Klavierstar und Beethoven-Spezialisten Rudolf Buchbinder mit und das Philharmonia Orchestra London reist mit seinem Chefdirigenten Santtu-Matias Rouvali und dem Pianisten Bruce Liu nach Meran. Das von Gordon Safari geführte Ensemble BachWerkVokal präsentiert in der Stadtpfarrkirche einen Händel-Abend mit dem Oratorium „Der Messias” und dem „Utrecht Te Deum”, die herausragende Violoncellistin Anastasia Kobekina spielt mit dem Ensemble Il Pomo d’Oro ein Programm, das von Vivaldi bis Strawinsky reicht und am 22. September beendet die Dresdner Philharmonie unter Dima Slobodeniuk die Festivalsaison mit den Pianisten Boris Giltburg.

Anastasia Kobekina © Julia Altukhova
Die Academy of St. Martin in the Fields und der Pianist Jan Lisiecki interpretierten in zwei Konzerten Beethovens fünf Klavierkonzerte und auch der Violinist Daniel Hope tritt in Merangleich zwei Mal auf: Mit dem Zürcher Kammerorchester, der jungen Pianistin Marie Sophie Hauzel und dem aus Südtirol stammenden Geiger Julian Kainrath spielt er im Kursaal Musik von Bach, Elgar, Grieg und Chausson und im Jugendstilambiente des gerade erst renovierten Stadttheaters ist er mit dem Posaunisten Nils Landgren zu hören. Der Abend unter dem Motto „Rendezvous” kombiniert Stücke von Bernstein und Gershwin mit Songs des Popstars Sting. Mit Rachmaninoffs letzter Arbeit in Russland – einem liturgischen Klangfresko in 15 Gesängen – beginnt die Reihe vox humana. In der Pfarrkirche Niederlana interpretiert das estnische Vokalensemble Vox Clamantis unter der Leitung von Jaan-Eik Tulve dieses Werk, das im deutschen Sprachraum viele Namen trägt wie „Großes Abend- und Morgenlob, „Vesper“ oder „Ganznächtliche Vigil“. Das A-Cappella-Programm wird mit Auftritten der britschen Ensembles Voces8 auf Schloss Tirol und Apollo5 auf Schloss Katzenzungen fortgesetzt. Im young artists portrait stellt sich das Streichquartett Quatuor Agate auf Schloss Schenna und Schloss Baslan vor.

Voces8 © Andy Staples
Als „strahlend talentierten Violoncellisten und eine Ein-Mann-Band“, bezeichnet die britische Tageszeitung „The Telegraph” den südafrikanischen Opus-Klassik-Gewinner Abel Selaocoe. Der Grenzgänger zwischen europäischen und afrikanischen Musikwelten, der auf der Bühne Improvisationen mit Body-Percussion und Gesang kombiniert, eröffnet im Kursaal mit seinem Bantu-Ensemble die Reihe „colours”. In diesem Format leiten der Cellist Matthias Bartolomey und der Geiger und Mandolaspieler Klemens Bittmann im Stadttheater eine musikalische Abenteuerfahrt, die von der Klassik bis zum Jazz und Rock ’n‘ Roll führt. In der Reihe „barocco” spielt der Violoncellist Francesco Galligioni in der Bel Etage des Palais Mamming drei Suiten von Johann Sebastian Bach und die Reihe matinée classique startet im Pavillon des Fleurs mit einem Konzert des renommierten Hagen Quartetts und wird mit dem Konzertdebüt des neuen Trios Meran-Teheran fortgesetzt. Zwei Ensemblemitglieder – die Klarinettistin Andrea Götsch, die zum Ensemble der Wiener Philharmoniker gehört, und der Violoncellist Jakob Mitterer – sind in Meran aufgewachsen. Die Violinistin Nika Afazel wurde in Teheran geboren.
Mit dem dritten Matinee-Konzert besucht das Festival zum ersten Mal die über dem Meraner Talkessel gelegene Fragsburg. Der Violinist Linus Roth und die Gitarristin Anabel Montesinos bespielen das spätmittelalterliche Bauwerk mit Musik von Corelli und Vivaldi. Seit seiner Gründung ist das südtirol festival meran – mit der Ausweitung des musikalischen Angebots von der klassischen Symphonik bis zum Gegenwartsjazz und zur Weltmusik sowie mit der Eröffnung attraktiver Veranstaltungsorte – langsam, aber stetig gewachsen und dieses erfolgreiche „crescendo” setzt sich auch in der 40. Konzertsaison fort.
21. August bis 22. September 2025
www.meranofestival.com

Academy of St. Martin in the Fields © Damian Pertoll