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Das Gefühl oder die Haltung enthusiastischer Peinlichkeit ist zweifellos mit einer Vorstellung humorvoller Unbeschwertheit verbunden – aber ebenso sehr mit einem Gefühl ernsthafter Hartnäckigkeit, allen Widrigkeiten zum Trotz. Sie ist sicherlich mit Ironie verbunden – aber auch mit einem zutiefst unironischen, eher enthusiastischen Glauben an die Notwendigkeit und Möglichkeit, etwas, das als unangenehm oder peinlich erkannt wurde, durchzuhalten und fortzusetzen. Eine der wichtigsten Haltungen oder Gefühle, die der modernen und zeitgenössischen Kunst zugrunde liegen, ist eine enthusiastische Albernheit, die auch vor dem Peinlichen, dem Unvernünftig-Dummen nicht zurückschreckt. Die epochenübergreifende Ausstellung umfasst Werke von rund 100 Künstlerinnen und Künstlern aus der ganzen Welt und spannt einen Bogen von früheren Jahrhunderten des Kunstschaffens bis in die unmittelbare Gegenwart.

In der Moderne seit dem 19. Jahrhundert im Allgemeinen und den klassischen Avantgarden des frühen 20. Jahrhunderts im Besonderen ist eine ganz bestimmte Dialektik am Werk: Auf der einen Seite kühne Innovationen, radikale Negation und ästhetische Dogmen – aber auf der anderen Seite auch eine gewisse Art des Lachens, die die Grundlage für die Entstehung dieses Ausstellungsprojekts bildete. Es ist ein Lachen, das Spaß macht und zugleich – ohne nur skandalisieren zu wollen – alle Konservativitäten, Bigotterien, Moralvorstellungen und nicht zuletzt avantgardistische Dogmatismen unterläuft. Indem es sich gegen den Gebrauch von Kultur zur Einschüchterung, zur Absicherung unverdienter Privilegien wendet, zeigt dieses Lachen, wie Autorität ihren Halt verliert, wie die pompöse Geste und das Bild des Helden entkräftet werden.

Pauline Curnier Jardin, Grotta Profunda Approfundita, 2011 – 2017, Filminstallation, Ton, Farbe und Schwarz/​Weiß, Granulat-Plazenta und Schaumstoff-Handskulptur, Courtesy Ellen de Bruijne Projects, Foto: Lionel Roux

Pauline Curnier Jardin, Grotta Profunda Approfundita, 2011 – 2017, Filminstallation, Ton, Farbe und Schwarz/​Weiß, Granulat-Plazenta und Schaumstoff-Handskulptur, Courtesy Ellen de Bruijne Projects, Foto: Lionel Roux

In thematischen Sektionen sind Werke zahlreicher bedeutender Künstlerinnen und Künstler vertreten – von Franz Xaver Messerschmidt über Alfred Jarry und Elsa von Freytag-Lohringhoven, Marcel Duchamp und René Magritte, Giorgio de Chirico und Sturtevant, Maria Lassnig und Martin Kippenberger bis hin zu zahlreichen jüngeren Positionen der Gegenwartskunst wie zum Beispiel von Paul McCarthy, Nicole Eisenman, Fischli & Weiss, Isa Genzken, Katrin Plavčak, Kilunji Kia Henda oder Ming Wong. „Ernsthaft?!” kokettiert mit dem Humor der Katastrophe, dem schlechten Geschmack, dem Camp-Ansatz, der B‑Movie-Kultur, Science-Fiction, Horror etc., sowie der Unreife, der Idiotie, der Intuition und natürlich der Leidenschaft – und nicht zu vergessen mit dem Enthusiasmus.
Ernsthaft?! Albernheit und Enthusiasmus in der Kunst wurde zuvor in der Bundeskunsthalle Bonn und in den Deichtorhallen Hamburg/ Sammlung Falkenberg gezeigt. In Graz findet die Ausstellung in Kooperation mit der Neuen Galerie am Universalmuseum Joanneum statt.
13. Oktober 2023 bis 25. Februar 2024

Künstlerinnen und Künstler
Assume Vivid Astro Focus, Johannes Baargeld, Hugo Ball, Judith Bernstein, Jean-Luc Blanc, Anna & Bernhard Blume, Pieter Bruegel d. Ä., Nina Childress, Velimir Chlebnikov, Yun Choi, Pauline Curnier Jardin, Jeremy Deller, Theo van Doesburg, Rosie Dowd-Smyth, Mimosa Echard, Nicole Eisenman, Max Ernst, Hans Finsler, Peter Fischli und David Weiss, Isa Genzken, Jos de Gruyter & Harald Thys, Georg Anton Gumpp, Ramin Haerizadeh & Rokni Haerizadeh & Hesam Rahmanian, Raoul Hausmann, Heinrich Hoerle & Anton Räderscheidt, Marcel Janco, Alfred Jarry, Mike Kelley, Katia Kelm, Martin Kippenberger, Jakob Lena Knebl, Jiří Kovanda, Marko Lulić, Calvin Marcus, Fabian Marti, Paul McCarthy, John Miller, Shana Moulton, MRZYK et MORICEAU, Henrike Naumann, Wong Ping, Pierre la Police, Rob Pruitt, Hans Richter, Roee Rosen, Mika Rottenberg, Ashley Hans Scheirl, Jim Shaw, Roman Signer, Cora Spassvogel, Erich Spießbach

Nina Childress, Le grand standing, 1988, Acryl und künstliches Teakholz auf Leinwand, Courtesy die Künstlerin; Nathalie Karg, New York und Art : Concept, Paris; Foto: Nina Childress

Nina Childress, Le grand standing, 1988, Acryl und künstliches Teakholz auf Leinwand, Courtesy die Künstlerin; Nathalie Karg, New York und Art : Concept, Paris; Foto: Nina Childress

Weitere Künstlerinnen und Künstler in der Neuen Galerie Graz:
Saâdane Afif, Jack Arnold, Dan Attoe, Cosima von Bonin, Ulla von Brandenburg, Robert Breer, Giorgio de Chirico, René Clair, Josef Danhauser, Brice Dellsperger, Josef Dobner, Marcel Duchamp, Lara Favaretto, Hans-Peter Feldmann, Hans Finsler, Elsa von Freytag-Loringhoven, Jef Geys, Jacob de Gheyn, Martin Gostner, Nicholas Grafia mit Mikołaj Sobczak, George Grosz, Kiluanji Kia Henda, Hannah Höch, Peter Land, Maria Lassnig, Gabriel Lester, Erik van Lieshout, René Magritte, Bjarne Melgaard, Nathaniel Mellors, Franz Xaver Messerschmidt, Francis Picabia, Katrin Plavčak, Rembrandt van Rijn, Sun Ra, Andreas Schulze, Kurt Schwitters, Sturtevant, Jeffrey Vallance, Jean-Luc Verna, Olav Westphalen, Ming Wong.
https://halle-fuer-kunst.at
www.museum-joanneum.at/neue-galerie-graz/

Katia Kelm, Kopfschmuck 3, 2020, Gouache auf Papier, Courtesy die Künstlerin, Foto: Katia Kelm

Katia Kelm, Kopfschmuck 3, 2020, Gouache auf Papier, Courtesy die Künstlerin, Foto: Katia Kelm