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Duftende Liebesgedichte, ein Spiegelgarten mit Kirschbäumen, ein künstlicher Vogelschwarm als Baum der Erinnerung, ein wachsendes Kunstwerk aus Kunstdünger und Fans, die verzückt Lieder von Madonna singen: Mehr als 40 internationale Künstlerinnen und Künstler verwandeln den letzten HÖHENRAUSCH in ein weltliches Paradies, schaffen Raum für individuelle Träume. Blicke hinter die Fassaden käuflicher Illusionen und der künstlerische Aufbruch in eine ungewisse Zukunft sorgen für die notwendige paradiesische Durchlüftung.

Mit seiner achten Ausgabe geht der HÖHENRAUSCH in die letzte Runde. Diese erfolgreiche und ungewöhnliche Ausstellungserie hat es seit ihrer Premiere bei der Kulturhauptstadt 2009 geschafft, zeitgenössische Kunst und kulturwissenschaftliche Themen einem breiten Publikum näherzubringen: Hunderte von Kunstwerken wurden spezifisch für den Ort ausgewählt, aufgebaut, atmosphärisch installiert oder neu produziert. Künstler*innen von Weltruhm waren ebenso dabei wie Talente und Arrivierte aus der regionalen & österreichischen Szene. Mehr als 1,3 Millionen Besucher sind seit Beginn über die ungewöhnlichen Parcours geschritten, gestiegen, geklettert und flaniert: Von den Kunsträumen im OÖ Kulturquartier hinauf bis zur Spitze des Aussichtsturms mit Panoramablick; von den historischen Dachböden über Stege, Wege und Brücken auf die Passage Linz und bis zum Parkhaus-Deck.
Aber gerade die sehnsüchtig herbeibeschworene, „paradiesische“ Überhöhung unserer Lebenswirklichkeit lässt Zweifel aufkommen: Das Paradies als große utopische Vorstellung einer idealen Welt hat sich verabschiedet. So werden Paradiese heute kaum noch in eine ferne Zukunft projiziert, sondern sollen möglichst hier und jetzt abrufbar und konsumierbar sein. Die Frage bleibt, was wir darunter verstehen, wenn wir von diesen weltlichen Paradiesen schwärmen: Bloß einen zufriedenen Zustand „in uns“, wie Adalbert Stifter schon anmerkte, oder eine kollektive ekstatische Verzückung wie im Fantum?  Ist das Paradies in unserer konsumorientierten Gesellschaft etwas, das man sich kaufen kann oder das einem einfach so zufällt? Wie schaut es aus und wie fühlt es sich an?
Der Traumurlaub in der Karibik kann ebenso gemeint sein wie das Fliesenparadies im Einkaufszentrum oder der Swingerclub auf der anderen Straßenseite. Paradiesisch kann aber auch der eigene Schrebergarten sein.
Der Vergleich „wie im Paradies“ belegt jedenfalls, dass wir nur über Momente der Glückseligkeit und nicht über einen dauerhaften Zustand sprechen können.  Das Paradiesische im Diesseits erscheint als „Projektionsfläche“ (Tex Rubinowitz) für die unterschiedlichsten Wünsche und Vorstellungen, die von sozialen Rahmenbedingungen ebenso abhängen wie von individuellen Glücksvorstellungen.

Cyril Lancelin, flamingo one arch, 2019, Foto: Otto Saxinger

Cyril Lancelin, flamingo one arch, 2019, Foto: Otto Saxinger

Die Ausstellung „Wie im Paradies“ versammelt Werke von mehr als 40 internationalen Künstler*innen, die sich scharfsinnig, humorvoll, kritisch und lustvoll mit paradiesischen Vorstellungen, Zuständen und Zuschreibungen auseinandersetzen. Sie nähern sich von verschiedenen Seiten und spielen alle Tonlagen – anders ist diesem schillernden und widersprüchlichen Begriff wohl nicht beizukommen:  Ihre Paradiese sind bunt, grell und schwarzweiß – sie  zeigen sich spielerisch, scharfsinnig, humorvoll, aber auch sarkastisch  oder traurig; sie  sind hyperrealistisch oder abstrakt; sie sind sinnlich, erkenntnisreich, visionär, poetisch und vernebelt gleichermaßen.
Nach elf beanspruchenden Jahren hat die Holzstruktur auf den Dächern ein respektables Alter erreicht und müsste im nächsten Jahr rundum erneuert werden (inkl. Turm). Teile des Rundwegs wurden bereits heuer stillgelegt. Ein physischer Einschnitt, der dem ständigen Drang der Gegenwartskunst nach Wandel, Aufbruch und Innovation sehr entgegenkommt. Das OÖ Kulturquartier und der Höhenrausch sind kein kunsthistorisches Museum! Nach dem paradiesischen Abschluss heuer ist es deshalb ab 2022 definitiv Zeit für etwas Neues.

Martine Guiterrez, Demons, 2018, © Martine Gutierrez

Martine Guiterrez, Demons, 2018, © Martine Gutierrez

Künstlerinnen und Künstler:
Candice Breitz | DE/ZA, Sam Bunn | GB/AT, Claudia Czimek | AT,  Inci Evenir | TR, Fallen Fruit | US, Kendell Geers | ZA,  Florian Graf | CH, Gregor Graf | AT, Yuan Goang-Ming | TW,  Martine Gutierrez |US, Soda_Jerk | AUS/US, AnnaJermolaewa | AT/RU, Ilya & Emilia Kabakov | RU, Elisabeth Kramer | AT, Cyril Lancelin | FR, Peter Land | DN, Ton Matton | AT/NL mit Kerstin Reyer, Sophie Netzer &  Matthias Narzt (space&designStrategies Kunstuniversität Linz), Sonja Meller | AT, Nabuqi | CN, Fujiko Nakaya | JP, Alexander Ponomarev | RU, Ella Raidel | AT/TW/SG,  Reiner Riedler | AT, Eva Schlegel | AT, Hsiao Sheng-Chien | TW,  Sammlung Erich Spitzbart | AT, Edith Stauber | AT,  Gerda Steiner & Jörg Lenzlinger | CH, Katharina Struber | AT, Sophia Süßmilch | DE, Time‘s Up | AT
Bis 17. Oktober 2021

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