Die Ausstel­lung mit dem doppel­deutigen Titel spielt mit den unter­schied­lichen Auf­fas­sungen von Sexua­lität im Juden­tum. Moderne und zeit­genös­sische Kunst, tradi­tio­nelle Arte­fakte, Film und moderne Medien illus­trieren unter­schied­liche jüdischen Posi­tionen, die im Kanon der rabbi­nischen Literatur seit Jahr­hunder­ten disku­tiert wurden. Von der zen­tralen Bedeu­tung von Ehe und Zeu­gung über Begehren, Tabus und Infrage­stellung sozialer Normen, bis hin zur Erotik der Spiritu­alität, präsen­tiert Sex. Jüdische Posi­tionen das Spektrum jüdischer Haltun­gen und zeigt die Aktua­lität traditio­neller Debat­ten in heu­tigen jüdischen Posi­tionen zur Sexua­lität auf.

JMB-Direktorin Hetty Berg betont: „Sexua­­lität ist ein universelles Thema – und wir be­leuchten die zentrale Bedeutung von Sex­ua­lität im Juden­tum. Wir wollen vielfältige Anknüpf­ungs­punkte bieten: für verschiedene Gene­rationen und unabhängig von der indi­viduellen Lebens­erfahrung und Prägung.“ Dabei wird jedoch kein ein­heitliches Bild von Sexua­lität im Juden­tum enstehen, warnt Hetty Berg: „Die Aus­stellung zeigt, wie vielfältig die Auf­fassungen von Sex­ua­lität innerhalb des Juden­tums sind. Damit tritt das JMB verbreiteten Klischees jüdischer Lebens­zusammenhänge entgegen.“

R.B. Kitaj, Nose to Nose (Los Angeles Series #24), 2003, Öl auf Leinwand; R.B. Kitaj Estate, courtesy Piano Nobile, London © The Estate of R.B. Kitaj

R.B. Kitaj, Nose to Nose (Los Angeles Series #24), 2003, Öl auf Leinwand; R.B. Kitaj Estate, courtesy Piano Nobile, London © The Estate of R.B. Kitaj

Selten spricht das Juden­tum mit einer Stimme; auch beim Thema Sex­ua­lität gehen die Mei­nungen auseinander: Ob talmudische Gelehrte oder zeit­genössische Künstlerinnen und Künstler, ob mittel­alterliche Philosophen oder moderne Sexual­therapeutinnen und Sexualtherapeuten, ob mystische Denkerinnen und Denker oder TikTok-Kommen­tatorinnen und TikTok-Kommen­tatoren – sie alle vertreten unter­schiedliche Auf­fassungen von Sexua­lität und kommen in der Aus­stellung zu Wort.
Die Ausstellungs­kuratorin Miriam Goldmann fächert die Band­breite der Themen auf: „Ehe und Zeugung kommt eine zentrale Bedeutung zu, ebenso wie dem sexuellen Begehren und seiner – nach heutigem Verständnis – möglichen Kontrolle. Die Exponate stellen soziale Normen in Frage, ver­weisen auf sexuelle Tabus und ver­weisen darauf, was Sex­ua­lität jeweils für die indi­viduelle Identität bedeutet. Auch die der Spiritualität inne­wohnende Erotik verdeutlichen wir mit Beispielen aus Ritus, Kunst und Literatur. Die Aus­stellung öffnet den Blick für das weite Spektrum jüdischer Haltungen und zeigt, wie sich heutige jüdische Positionen zu Sexua­lität zu den traditio­nellen Debatten verhalten.“
Exponate aus der Sammlung des JMB und Leih­gaben aus öffentlichen und privaten Sam­mlungen in Europa, Israel und Nord­amerika veran­schaulichen die Heterogenität der unter­schiedlichen Standpunkte. Zu sehen sind Skulpturen, rabbinische Schriften, Filme, Foto­grafien, TikTok-Videos, Ritual­gegenstände und Gedichte. Zu den aus­stellenden Künstlerinnen und Künstlern gehören unter anderem Judy Chicago, R. B. Kitaj, Mierle Laderman Ukeles, Lee Lozano, Boris Lurie, Stéphane Mandelbaum, Benyamin Reich und Yona Wallach.
17. Mai bis 6. Oktober 2024
www.jmberlin.de

Dorothea Moerman, Holy, 2023, Linoldruck; Courtesy of the artist

Dorothea Moerman, Holy, 2023, Linoldruck; Courtesy of the artist