Porträts zeigen, wer wir sind und wer wir gerne wären. Sie sind ein Medium der Selbstinszenierung, erzählen aber auch etwas über die Gesellschaft,in der sie entstanden sind. Die Beschäftigung mit Kunst und der Atelierbesuch gehörten zum Selbstverständnis des Bürgertums, zu dem ab Mitte des 19. Jahrhunderts durch die jüdische Emanzipation auch Jüdinnen und Juden zählten. Wer es sich leisten konnte, ließ sich porträtieren. Bürgerliche Porträts wurden öffentlich ausgestellt oder im heimischen Salon präsentiert. Familienporträts und Ahnengalerien hatten neben ihrer repräsentativen Funktion auch eine Erinnerungsfunktion innerhalb der Familie.
Die Porträts von Fanny und Lehmann Bernheimer, Begründer des bekannten Kunst- und Antiquitätenhauses, oder von dem Bierbrauer Josef Schülein und seiner Frau Ida erzählen die Geschichten jüdischer Familien in München, die meist in den bayerischen Landgemeinden begannen. Das Gemälde der Familie Lippschütz aus Hürben zeigt, dass auch dort bürgerliche Porträts entstanden. Der Umzug in die Stadt eröffnete neue Lebenswege; die Porträts der Ahnen erinnerten an die eigene Herkunft und den langen Weg zur Gleichberechtigung. In dieser Ausstellungsebene gehen wir den Geschichten fünf jüdischer Familien in München nach.

Porträt Margarethe Born, Hugo von Habermann, 1895, Foto: Franz Kimmel / Jüdisches Museum München

Porträt Margarethe Born, Hugo von Habermann, 1895, Foto: Franz Kimmel / Jüdisches Museum München

Ein Junge im Matrosenanzug, eine Dame mit Barett und übergroßen Puffärmeln, ein Rabbiner mit aufgeschlagenem Gebetsbuch. Das Jüdische Museum München zeigt in seiner Ausstellung „Bildgeschichten. Münchner Jüdinnen und Juden im Porträt“ bekannte und vergessene Münchner Gesichter und fragt: Wer ließ sich von wem porträtieren? Wie wollte man gesehen werden? Wen wollte man darstellen?
Der Atelierbesuch gehörte zum Selbstverständnis des Münchner Bürgertums, zu dem ab Mitte des 19. Jahrhunderts auch Jüdinnen und Juden zählten. Ihre Porträts erzählen von ihrem Beitrag zur Stadtgesellschaft, aber auch vom langen Weg zur Gleichberechtigung und ihrem Ringen um Sichtbarkeit. Die Ausstellung geht den Geschichten von rund 40 Porträts nach und zeigt die Vielfalt jüdischer Identitäten.
Ab 1933 änderte sich die Situation jüdischer Künstlerinnen, Künstler und Auftraggeberinnen und Auftraggeber schlagartig. Münchnerinnen und Münchner, die sich wenige Jahre zuvor noch als gleichberechtigte Mitglieder der Stadtgesellschaft haben porträtieren lassen, wurden systematisch entrechtet und verfolgt. Viele der gezeigten Porträts überdauerten im Exil und waren in München lange vergessen.
15. Mai 2024 bis 2. März 2025
www.juedisches-museum-muenchen.de

Porträt Hans Lamm, Unbekannt (KL-M.), um 1950, Foto: Eva Jünger, © Jüdisches Museum München

Porträt Hans Lamm, Unbekannt (KL-M.), um 1950, Foto: Eva Jünger © Jüdisches Museum München