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Die „Landshuter Hochzeit 1475“ zählt zu den größten und bedeutendsten historischen Festen in Europa und wird alle vier Jahre vom Verein „Die Förderer“ e.V. veranstaltet. Im Jahr 2018 wurde das historische Dokumentarspiel in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

Weit über 2000 Mitwirkende lassen in originalgetreuen Kostümen dieses herausragende Fest mit der ganzen Pracht des späten Mittelalters wieder aufleben – die Hochzeit der polnischen Königstochter Hedwig mit dem Landshuter Herzogssohn Georg. Gesandtschaften hatten im Jahr 1474 die Heirat mit der polnischen Königstochter in Radom ausgehandelt. Im Herbst des Jahres 1475 brach die 18-jährige Braut mit großem Geleit von Krakau auf und traf nach zweimonatiger Reise in Landshut ein. Hier empfingen Fürsten und Bischöfe die Braut und der Kurfürst von Brandenburg sprach von einer Schickung Gottes „zum Nutzen von Christenheit und Reich“. In der majestätischen Pfarrkirche St. Martin vollzog der Erzbischof von Salzburg die Trauung. Der Brautzug bewegte sich durch den weiten Platz der Altstadt und von oben grüßte wie heute die Burg herab, „eines Königssitzes würdig“. Aus den Fenstern der Häuser sahen die Damen den Rittern beim „Rennen über die Planken“ zu. Im Rathaus führte der Kaiser die Braut zum ersten Reigen und zehntausend Gäste zechten, spielten und tanzten. Um das Jahr 1880 schmückten Münchner Maler den Prunksaal des Landshuter Rathauses mit Szenen der „Landshuter Hochzeit 1475“. Diese Gemälde erweckten bei einigen Bürgern den Wunsch, den Zug der Fürsten, Bischöfe, Musikanten und Brautleute wieder ins Leben zu rufen. Sie gründeten 1902 den Verein „Die Förderer“ und führten im Jahr 1903 ihren „Brautzug“ zum ersten Mal durch die Stadt. Bei der Aufführung 2023 lassen sich die Gäste in ein Fest entführen, das durch seine historische Treue zum Dokumentarspiel geworden ist. Das Festspiel im Rathaussaal macht sie mit den aufregenden Vorgängen des Jahres 1475 vertraut. Die Konzerte „Musik zu des Fürsten Hochzeit“ und „Laudate Dominum“ vermitteln den Besuchern die Musikkultur der damaligen Zeit. Die szenische Burleske „Nächtlicher Mummenschanz“ und das „Tanzspiel“ lassen sie zeitgenössische Musik, Tänze und Spiel erleben. In der „Tavern in der Steckengassen“ frönen die Gäste dem mittelalterlichen Leben mit Musik, Speis und Trank. Bei der „Fechtschule auf der Burg“ erhalten sie Einblick in die Kampfkünste des Fechtmeisters Paulus Kal. „Festliche Spiele im nächtlichen Lager“ stimmen die Besucher auf das große Fest ein, beim „Hochzeitszug“ jubeln sie der Braut zu und auf der „Wiesmahd“ erleben sie spannende „Reiter- und Ritterspiele“.

Festliche Spiele im nächtlichen Lager © „Die Förderer“ e.V.

Festliche Spiele im nächtlichen Lager © „Die Förderer“ e.V.

Festliche Spiele im nächtlichen Lager
Es ist der Vorabend der Hochzeit. Tausende von Gästen haben nach langer Reise ihr Ziel in Landshut erreicht. Das bunte Gefolge der Hochzeitsgäste, das sich auf dem Zehr- und Lagerplatz in Zelten, Schänken und Trosswägen die Zeit vertreibt, erhebt sich im Schein von Holzfeuern zu farbenprächtigen Spielen. Gaukler und Feuerschlucker zeigen ihre Künste, Reisige und Reiter führen Kampfszenen vor, bei Ringelstechen und Feuerkopfrennen werden alte Reiterspiele lebendig. Inmitten des Geschehens formieren sich die Zunftherren, die einst beim Brautzug die Straßen säumten, mit Stablichtern zu einem Schreittanz. Von einem historischen Preislied auf Herzog Ludwig begleitet, übergeben einige eine Truhe mit dem Brautgeschenk.

Altstadttreiben © Förderer e.V.

Altstadttreiben © Förderer e.V.

Treffpunkt Altstadt
Einzelne Mitwirkende und Gruppen mit Musik und Tanz beleben die Altstadt, wo sich inmitten der gotischen Bürgerhäuser das festliche Geschehen abspielt, wie einst. Da und dort produzieren sich Komödianten mit deftigen Schwänken. Im unmittelbaren Kontakt mit den Besuchern geben sie einen Vorgeschmack der kommenden Ereignisse und schließen die Besucher von nah und fern in das Fest mit ein.

Uraufführung Festspiel
Imaginärer Schauplatz des neuen Festspiels ist das Altstadthaus Nummer 24, das bis heute den Abschluss der Oberen Länd zur Altstadt hin bildet. Dort hat die Landshuter Brauerfamilie Schilthack zusammen mit ihren Dienstboten alle Hände voll zu tun, um den Anforderungen Herr zu werden, die die Herzöge von Bayern Landshut während der Hochzeitstage an ihre Residenzstadt stellen. Neben der Einquartierung auswärtiger Gäste, unter anderem aus dem fernen Königreich Polen, hat Familienoberhaupt Hans Schilthack auch den übergriffigen Avancen einer Landshuter Patrizierfamilie zu begegnen. Zu allem Überfluss sorgt im Hintergrund die Feierlaune der Dienerschaft für allerlei Furore, sodass durchaus fraglich erscheint, ob die Hausgemeinschaft von Altstadt 24 die ereignisreichen Tage im November 1475 unbeschadet überstehen wird.

Tanzspiel
An den Festabenden versammeln sich wie einst das Brautpaar und die fürstlichen Gäste zum Tanz. Gemessene Reigen- und Schreittänze der Zeit, aus den Notenbüchern berühmter Zeitgenossen aus ganz Europa rekonstruiert, werden unterbrochen vom Tanz des Kaisers mit der Braut, dem Tanz der polnischen Edelleute und von dem exotischen Tanz der Morisken (Mauren), deren Gestalten uns der Bildhauer Erasmus Grasser überliefert hat. Gleichsam als ein Gastgeschenk aus Polen reitet der „Lajkonik“, eine sagenhafte Gestalt aus der Geschichte Krakaus, ein.

Treffpunkt Trausnitz (Burg Trausnitz / äußerer Burghof)
Die Burg Trausnitz war Residenz der „Reichen Herzöge“ von Bayern-Landshut. Der zwanzigjährige Bräutigam Herzog Georg war 1475 bereits seit sieben Jahren Mitregent und in die Regierungsgeschäfte eingebunden. Heute ist die Burg stimmungsvolle Kulisse für ein buntes Spektakel mit verschiedenen Musikgruppen, Jongleuren, Komödianten, Gauklern und Fahnenschwingern. Die Gäste haben die Möglichkeit, sich im einmaligen Ambiente der weitläufigen Burganlage – hoch über der Stadt – auf den Hochzeitszug am Nachmittag und die daran anschließenden Reiter- und Ritterspiele einstimmen zu lassen.

Hochzeitszug
Zugweg: Dreifaltigkeitsplatz, Altstadt, Postplatz, Bischof-Sailer-Platz, Neustadt, denselben Weg zurück zum Turnierplatz
Der prunkvolle Einzug der Braut, den uns die Chronisten schildern, findet seine Nachgestaltung in dem Hochzeitszug von weit über zweitausend Mitwirkenden. Die glänzend herausgeputzten Hochzeitsgäste aus Polen und deutschen Landen bewegen sich durch die Stadt. Kaiser, Kurfürst, Fürsten und Grafen, aber auch Gesandte und Bürger, Trossknechte, Reisige und Bettelvolk begleiten die Braut. Damals war ihr Ziel die St. Martinskirche, wo der Erzbischof von Salzburg die Trauung zelebrierte. Heute wird der Festzug von dem begeisterten „Hallo“ Zehntausender durch die Straßen der ehemaligen Residenzstadt begleitet. Das späte Mittelalter stellt sich in Eleganz und Prunk zur Schau.

Ritterspiele © Förderer-e.V.

Ritterspiele @Förderer e.V.

Reiter- und Ritterspiele
Der Hochzeitszug mündet auf den Turnierplatz ein, jene „Wiesmahd“, auf der einst die Braut den Boden der Stadt betrat und von ihrem Bräutigam begrüßt wurde. An der erhöhten Hochzeitstafel sitzend, nehmen die fürstlichen Gäste und das Brautpaar die Huldigungen entgegen. Fahnenschwinger, Reisige und Ringelstecher zeigen ihr artistisches Können. Im spannenden „Rennen über die Planken“ kämpfen junge Edelmänner um den Ehrenpreis aus der Hand der Braut: Herzog Christoph von Bayern, Erzherzog Sigmund von Tirol, der junge Markgraf von Brandenburg, der junge Graf von Württemberg und ein Jugendgefährte des Bräutigams, Ludwig von Westerstetten. Wenn Herzog Christoph der Starke gegen einen polnischen Fürsten anrennt, lebt eine atmosphärische Szene dieser Hochzeit wieder auf, die schon vielen Chronisten bis zur Gegenwart erzählenswert erschien.

Landshuter Hochzeit 1475 © Stefan Eisberger

Landshuter Hochzeit 1475 © Stefan Eisberger

Musik zu des Fürsten Hochzeit
Die „Landshuter Hofkapelle“ erzählt in ihrem Konzert Episoden aus dem Munde eines Zeitgenossen der „Landshuter Hochzeit 1475“. Die Geschichte des Erzählers bildet im Rathausprunksaal den heiteren roten Faden für die historische „Musik zu des Fürsten Hochzeit“, die mit ihrer spätmittelalterlichen Klangvielfalt ein stimmungsvolles und abwechslungsreiches Erlebnis bietet. 1475 war die „Landshuter Hochzeit“ ein Anziehungspunkt für Künstler aus aller Herren Länder. So ist überliefert, dass zu dieser Gelegenheit „trumetter, paugker, pfeiffer“ und andere Spielleute des Kaisers Friedrich und der Könige von Polen, Ungarn und von Dänemark anwesend waren und mit einer damals sehr stattlichen Summe von 1273 Gulden entlohnt worden sind. Zusätzlich hatten der Herzog und seine hohen Gäste ihre eigenen Musiker und Musikanten zur Hochzeit beordert, um sie zu begleiten, akustisch in Szene zu setzen und möglichst eindrucksvoll zu repräsentieren. In ihrem Konzert lässt die „Landshuter Hofkapelle“ diesen Reichtum an Klängen und Bildern wieder aufleben.

Laudate Dominum
Das Vokalensemble „ad libitum“ und das Instrumentalensemble „Musica cumpaneia“ laden die Zuhörer ein, die große Vielfalt mittelalterlicher geistlicher Musik zu entdecken.„ L’homme armé“, den „Mann in Waffen muss man fürchten…“: Dieses mittelalterliche Lied, dessen Ursprung und Herkunft völlig im Dunkeln liegen, war zwischen 1450 und 1550 in ganz Mitteleuropa bekannt und sehr populär. Die allgegenwärtige Angst vor Kriegshandlungen war sicherlich der naheliegendste Grund hierfür. Aber auch die musikalische Kraft des Liedes, vor allem seine rhythmischen Eigenheiten, machten es für viele namhafte Komponisten jener Epoche zu einer Melodie, die es zu vertonen galt. So entstanden zahlreiche Parodiemessen, denen „L’homme armé“ thematisch zu Grunde liegt. Das Konzert wird durch ein zeitgenössisches Einzugszeremoniell eröffnet, das unter den Klängen von Pauken und Trompeten im Wechsel mit spätgotischer Vokalmusik mehrere während der Hochzeitsfeierlichkeiten in Landshut weilende Fürstbischöfe in den spätgotischen Kirchenraum führt. Unter den Augen der hohen Gäste lässt „ad libitum“ neben unterschiedlichen Interpretationen der Melodiegrundlage Messteile von Guillaume Du Fay, Josquin Desprez und weiteren spätmittelalterlichen Komponisten erklingen. Das Spannungsfeld zwischen Gut und Böse, Brutalität und filigraner Feinsinnigkeit findet durch „Musica cumpaneia“ auf vielfältige Weise seinen musikalischen Ausdruck. Madrigale, die kriegerische Hetzjagden beschreiben, Ballatas, die die Hoffnungslosigkeit des Krieges und die Sehnsucht zu sterben besingen oder auch eine Überhöhung des Rittertums zum Ausdruck bringen, runden das Konzertprogramm ab.

Nächtlicher Mummenschanz (Residenz)
Der Glaube an Dämonen war in der mittelalterlichen Gesellschaft tief verwurzelt. In der Vorstellungswelt der Menschen tummelten sich nicht nur eine Menge Geister aus der Zeit vor der Christianisierung, auch die Kirche ängstigte sie mit der Furcht vor Hölle und ewiger Verdammnis. Unzählige, teils drastische Darstellungen an den Wänden der Kirchen erinnerten die Gläubigen bei jedem Gottesdienst daran und waren auch Mahnung, ein gottgefälliges Leben zu führen. In unserer Geschichte erliegen die Männer einer kleinen Stadt den Verlockungen in einer Schänke. Im täglichen Leben vernachlässigen sie ihre Pflichten und sind bald zu nichts mehr zu gebrauchen. Als sie merken, dass der Teufel selbst der Wirt der Schänke ist, ist es bereits zu spät. Sie sind ihrer Seelen beraubt und haben statt ihrer eigenen Köpfe die von Tieren auf. Die Frauen beschließen, die Seelen ihrer Männer zurückzuholen und besuchen selbst die „Schänke des Teufels“ – nicht ohne ihrerseits beinahe den Verlockungen dort zu erliegen. Doch rechtzeitig erkennen sie die Gefahr und ersinnen eine List, mit der sie ihre Männer erlösen.
30. Juni bis 23. Juli 2023

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Ausstellung im Rathausfoyer: Gesichter der Landshuter Hochzeit
Porträts von Sebastian Beck

Die Landshuter Hochzeit ist ein Fest der Landshuter. Sie füllen ihre Rollen mit großem Engagement aus und haben den Anspruch, alles so originalgetreu wie möglich darzustellen. Mit seinen Porträts von Mitwirkenden hat der Fotograf Sebastian Beck die Authentizität dieses Festes eingefangen. Die Porträts sind, wie auch die Kostüme des Vereins „Die Förderer“ e.V. mittelalterlichen Gemälden nachempfunden und entführen die Betrachter in die goldene Zeit des Herzogtums Bayern-Landshut.

www.landshuter-hochzeit.de