Der Mannheimer Sommer ist ein internationales Festival für Musik und Theater von Mozart bis heute, das alle zwei Jahre im Wechsel mit den Schillertagen stattfindet. Er schlägt dabei einen Bogen von Mozart bis Pop, von Asien über Europa bis Amerika, von der Gartenparty bis zum Nachtclub und von der Musikmaschine bis zur großen Oper.

Wann haben Sie das letzte Mal gefeiert? Schon etwas länger her? – Kein Wunder, denn die Welt wird unablässig digitaler und schneller. Persönliche Begegnungen sind in vielen Lebensbereichen rar geworden. Was macht das mit uns? Und was mit der gefährdeten Staatsform, die auf athenischen Marktplätzen, aus dem körperlichen Miteinander, aus dem Theater geboren wurde: der Demokratie? Der Mannheimer Sommer geht diese Frage ganz lebenspraktisch an, indem 2024 das „Fest“ zum Zentrum des Programms wird. Das Fest ist eine Grundform menschlichen Verhaltens seit Urzeiten. Feste helfen, die Konflikte und Abgrenzungen des Alltags zu überwinden. Dem Fest wohnt ein Moment des Ekstatischen, der übernatürlichen Erfahrung inne. Es ist die Auszeit der Vernunft, das notwendige Gegenstück zur Aufklärung, die Utopie für eine Nacht. Ist es zu viel gesagt, dass auch die Kunst dem Fest entspringt? Wir glauben: Jedes Konzert, jede Oper, jede Performance bewahrt ein Spurenelement dieser archaischen Herkunft.
Der Geist des Festes zwischen Natur und Kultur ist eindrucksvoll in einer Schlossanlage wie der Schwetzinger verewigt. Hier wird 2024 der Hauptteil des Mannheimer Sommers mit seinem reichhaltigen Programm von Mozart bis heute stattfinden. Open-Air-Konzerte, Performances, Maskenbälle, internationale Gastspiele und die Neuproduktion von Mozarts „Don Giovanni” werden starke Akzente in Schlosstheater und Park setzen. Doch auch in Mannheim wird es wieder Sommer. Im Studio Werkhaus zeigen wir ein Schwerpunktprogramm rund um Albert Camus’ faszinierenden Roman „Der Fremde”. Nach zwei pandemiebedingt eingeschränkten Ausgaben wollen die Veranstalter den Mannheimer Sommer 2024 wieder uneingeschränkt dem Leben und der Kunst widmen.

Hier einige Highlights:

Don Giovanni von W. A. Mozart
Don Giovanni oder Don Juan: Ein Name, der eine tiefe Spur in der Kulturgeschichte hinterlassen hat. Verführer, Genießer, Philosoph, perfekter Liebhaber – und, wenn man ihn heute genau betrachtet, durch seine Laster ein beispielhafter Antiheld: Vergewaltiger, Mörder, Lügner, Ausbeuter, Betrüger – mit dem wir erstaunlicherweise auch Mitleid empfinden. Ein Verbrecher, dem es an Frechheit nicht mangelte, die Statue des von ihm ermordeten Mannes zum Abendessen einzuladen! Ein einziger Fehler ist ihm unterlaufen: Mit einer Zusage hatte er nicht gerechnet. Dieses als „Oper aller Opern” gefeierte Werk rundet den Mozart-Da Ponte-Zyklus in Koproduktion mit dem Nationaltheater Prag ab. Die Oper, die Mozart 1787 persönlich am Dirigentenpult in Prag uraufgeführt hat, wurde am Nationaltheater Prag durch das Team um den norwegisch-schwedischen Regisseur Alexander Mørk-Eidem bereits zur Aufführung gebracht. Die Premiere im Schlosstheater Schwetzingen bildet den Startschuss für den Mannheimer Sommer 2024.
27. Juni bis 18. Juli 2024

RE-CREATION
Konzert mit Konstantin Gropper (Get Well Soon), Ziggy Has Ardeur & dem Nationaltheater-Orchester
Natur und Musik – ein großes Thema. Das Erhabene als Kategorie zwischen Schönheit und Schrecken ist seit Haydns „Schöpfung” oder Mendelssohns „Hebriden-Ouvertüre” eine Quelle musikalischer Geniestreiche. Wobei diese Musik uns zugleich daran erinnert, dass heute meist nicht die Natur den Menschen, sondern eher der Mensch die Natur bedroht. Auch die Popmusik der Mannheimer Ziggy Has Ardeur und Konstantin Gropper – Sänger der Band „Get Well Soon” – kennt dieses schaudernmachende Gefühl. In ihrer faszinierenden Orchester-Komposition „Rhizom” für die Bundesgartenschau setzen sie sich klanggewaltig mit unserem Verhältnis zur geheimnisvollen Pflanzenwelt auseinander.
Das alles ist Grund genug für das Festival Mannheimer Sommer, ein Open-Air-Konzert im Schwetzinger Schlosspark zu veranstalten, das von klassischer Formvollendung über Filmmusikklänge bis zu Groppers lässigem Bariton reicht.
28. Juni 2024

Konstantin Gropper © Jens Oellermann

Konstantin Gropper © Jens Oellermann

„Der Fremde” Kammeroper von Cecilia Arditto Delsoglio und Annette Müller
Eine poetische Welt aus Stimmen, Geräuschen, Instrumentalklängen, Ventilatoren und Wasserschüsseln? Die Komponistin Cecilia Arditto war die Gewinnerin des 2020 ausgerichteten Kompositionswettbewerbes für neue Kammeropern zu Albert Camus’ Roman „Der Fremde”. Sie liest Camus’ Schlüsselroman über das Leben im Zeitalter des Absurden als eine Art Partitur, bei der das Eigentliche immer zwischen den Zeilen steht: Die Sonne, die Hitze, die Gerüche, das Meer. »Der, der auf Raymond eingestochen hatte, sah ihn an, ohne etwas zu sagen. Der andere blies auf einer kleinen Flöte und wiederholte, während er uns ansah, unentwegt die drei Töne, die er aus seinem Instrument herausholen konnte. Während dieser ganzen Zeit war da nichts als die Sonne und diese Stille mit dem leisen Murmeln der Quelle und den drei Tönen.« Cecilia Arditto Delsoglio wird gemeinsam mit Co-Regisseurin Annette Müller die Geschichte des vollkommen gleichgültigen Algerienfranzosen Meursault, seiner Freundin Marie, dem Kleinkriminellen Raymond und einem ganz unbegreiflichen Mord an einem Algerier zu einem intimen Drama der Klänge machen.
30. Juni bis 13. Juli 2024

Landschaftsmusik
Musikparcours mit Konzerten und Workshops im Schlosspark
Kennen Sie den Schwetzinger Schlosspark? Wenn ja, dann brauchen wir nichts zu erzählen über die unglaubliche Schönheit der Alleen und Rabatten, die Fülle der Skulpturen, die beeindruckenden Sichtachsen. Es gibt nur eine Sache, die diesem Pfälzer Versailles vor Mannheims Toren fehlt: Musik!
Bei der traditionsreichen Landschaftsmusik im Rahmen des Mannheimer Sommers soll es daran nicht fehlen. Von Instrumentalmusik, von Streichquartetten, Blechbläserkanzonen und Harfenklängen reicht das Programm bis zu französischen Chansons oder einer Fassung der »Schönen Müllerin« mit Akkordeon. Hinzu treten die spannenden Klanginstallationen und Performances des Festivals: Ein reichhaltiges Programm, das einen in die unterschiedlichsten Ecken des Schlossparks entführt. Und zugleich die Chance bietet, in speziellen Workshops zu lernen, wie sich der Klimawandel auf die Schlossgärtnerei auswirkt oder wie Winzer der Region einen nachhaltigen, ökologischen und dennoch delikaten Wein herstellen – ein Nachmittag zum Genießen und Reflektieren.
6. Juli 2024

Orchesterkaraoke
Die „Orchesterkaraoke” aus Hamburg zeichnet sich durch ihr unberechenbares Potenzial zur Masseneuphorie und -ekstase aus. Die inzwischen auch am Nationaltheater Mannheim traditionsreiche Veranstaltung speist sich aus zwei Inspirationsquellen: aus der wörtlichen Übersetzung des Wortes Karaoke (= leeres Orchester) und einem kleinen Plakat an der Wand einer heruntergekommenen Hamburger Bar mit den Worten: »Wir glauben, dass gesellschaftliche Veränderung mit Singen im Chor beginnt.«
Das Prinzip dieses äußerst unterhaltsamen Kunst-Projekts von Matthias v. Hartz könnte nicht einfacher sein. Das Orchester übt unter dem Dirigat des Festivalleiters Jan Dvořák diverse Karaoke-übliche Popsongs von Sinatra bis Billie Eilish ein, Besucher wählen ihren Song aus und singen ihn dann mit Sinfonieorchester-Begleitung. Das ist dann mit hoher Wahrscheinlichkeit das großartigste Gesangserlebnis eines Laiensänger-Lebens und wohl das großzügigste Begleitungsangebot, das eine Kulturinstitution je gemacht hat. – Direkt im Anschluss an die Landschaftsmusik!
6. Juli 2024

www.nationaltheater-mannheim.de