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Schon in den 1960er Jahren haben die Künstlerinnen und Künstler des Nouveau Réalisme und der Junk Art (darunter auch Jean Tinguely) den fundamentalen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel vom Mangel zur Konsum- und damit einhergehenden Wegwerfgesellschaft in ihrer Praxis durch die Verwendung von Abfall und Schrott als Material ihrer Kunstwerke gespiegelt.

Während die Abfallberge der überquellenden Deponien und der achtlos in der Natur entsorgte Müll in den 1960er Jahren überall sichtbar wurde, ist er heute in den westlichen Teilen der globalisierten Welt im Wesentlichen unsichtbar. Eine ausdifferenzierte Abfallwirtschaft entledigt uns von Unrat und Schmutz ebenso wie von den Überresten unseres Konsumverhaltens. Sortiert, abtransportiert, verbrannt, geklärt, kompostiert, recycelt, in Bergwerken deponiert und exportiert ist das Ausgesonderte zwar nicht weg, aber immerhin fort.
Heute wird in den zeitgenössischen Diskursen und ästhetischen Praktiken nach den versteckten und verdrängten ökologischen, geologischen und globalen Bedingungen unseres Konsums gefragt. So hat die Thematisierung der unsichtbaren Mikrodimension des Mülls in der öffentlichen Wahrnehmung zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die erdumspannende Omnipräsenz dieser Form von Abfall in Luft, Erde, Wasser, Eis und Lebewesen – und das auch in von Menschen nie betretenen Gebieten – hat nachhaltig die Vorstellung von Natur revidiert.
Gegenwärtig widmen sich Künstler insbesondere auch verstärkt der territorialen Verschiebungen von Waste entlang kolonialer Geografien. Zusammen mit den globalen werden die geologischen Aspekte in den Vordergrund gerückt. Zentral für diese «geosphärische» Bedeutung ist die Reflexion über die ökologischen Dimensionen von Rohstoffgewinnung insbesondere im Bergbau.
bis 8. Januar 2023

www.tinguely.ch