Für das Jahr 2024 sind im nitsch museum Mistelbach zwei große Einzelausstellungen geplant. Der italienisch-britische Künstler Andrea Cusumano, ein ehemaliger Assistent von Nitsch und langjähriger musikalischer Leiter des Orgien Mysterien Theaters, dessen Werk stark von Hermann Nitsch beeinflusst wurde, macht den Auftakt. Eröffnet wird die Ausstellung „Andrea Cusumano – Raumdramaturgie“ am 2. März 2024. Die Ausstellung findet in Kooperation mit dem Italian Council (XI Edition, 2022), einem internationalen Förderprogramm für italienische Kunst unter der Leitung der „Generaldirektion für Zeitgenössische Kreativität“ des Italienischen Kulturministeriums, statt. In der Krypta und der Seitenhalle des Museums sind weiterhin permanent Werke und Installationen von Hermann Nitsch zu sehen.
Ab 9. Juni 2024 zeigt das Museum eine Gegenüberstellung von Hermann Nitsch und dem dänischen Künstler Asger Jorn, Mitglied der COBRA Gruppe. Kuratiert wird die Ausstellung von Florian Steininger, dem künstlerischen Direktor der Kunsthalle Krems. Parallel dazu ist im Asger Jorn Museum in Silkeborg/Dänemark eine Einzelausstellung von Hermann Nitsch zu sehen.
Andrea Cusumano Raumdramaturgie
Retrospektive 1993-2023
Andrea Cusumano (geboren 1973) ist ein internationaler Multimedia-Künstler, Performer, Komponist, Maler, Regisseur, Dramaturg, Autor, Kurator und Art Director italienisch-britischer Herkunft.
Andrea Cusumano ist nicht nur ein preisgekrönter italienischer Künstler, sondern war in jungen Jahren Schüler, später dann Assistent von Hermann Nitsch, und musikalischer Leiter des Orgien Mysterien Theaters. Er unterrichtete „Performance Kunst“ an der renommierten Goldsmith University in London, war Stadtrat für Kultur in Palermo sowie Direktor der Manifesta 12 und Gründer bzw. künstlerischer Leiter der BAM – Biennale Arcipelago Mediterraneo, Palermo.
Sein Werk bedient sich unterschiedlicher Medien und bewegt sich grenzüberschreitend zwischen mehreren Einzeldisziplinen der Kunst. All diese Bestandteile ergänzen sich notwendig und formen ein kohärentes intermediales Werkkonstrukt. Sein Werk, der Künstler spricht in diesem Zusammenhang gerne über seine Experimente und seine Forschung, konzentriert sich auf das dramaturgische Potenzial von Objekten und Räumen. Cusumano schafft letztendlich theaterreferenzierte Raumdramaturgien. Deren zentrale Themen reichen vom Tod über die Transzendenz bis hin zu einer möglichen Katharsis, die Kunst tatsächlich auslösen kann.
Das Kunstexperiment ist komplex und vielschichtig, konzeptionell angelehnt an das und verwandt zum Werk von Hermann Nitsch, doch zugleich ist es eigenständig, es spricht eine signifikante Sprache und beeindruckt auf eine ganz besondere Weise. Durch die performative Komponente entstehen Bühnenbilddramaturgien und Tafelbilder, intermediale Installationen, intensive Denk- und Erinnerungsfragmente. Cusumano schenkt uns reale Geschehnisse in dramaturgisch aufgebauten Räumen, Räumen ohne Zeit, Räumen ohne Ort. Man könnte dieses Werk auch als „Labor für Intermedialität und existenzielle Dramaturgien“ bezeichnen.
3. März bis 20. Mai 2024
Jorn – Nitsch
Jorn – Nitsch ist die erste Ausstellung im nitsch museum, bei der Hermann Nitschs künstlerisches Werk einer zweiten Position gegenübergestellt wird. Asger Jorn (1914 Vejrum – Aarhus 1973, Dänemark) zählt neben Karel Appel und Pierre Alechinsky zu den bekanntesten Protagonisten der CoBrA-Gruppe, eine der führenden Avantgardebewegungen der Nachkriegszeit in Europa, die sich für Ursprünglichkeit und Freiheit der Kunst ausgesprochen haben. Zeitgleich wird Hermann Nitsch im Museum Jorn, Silkeborg eine Personale ausgerichtet.
Die größten Gemeinsamkeiten der beiden Künstler finden sich im mythisch-Kultischen sowie im gestisch-Materiellen der Malerei. Asger Jorn thematisiert die Nordische Kultur, das „Vandalische“ in Form von archaischen Gemälden, Zeichnungen und Skulpturen. Jorns künstlerische Auseinandersetzung mit dem Keltischen im nordeuropäischen Kulturkreis der Urgeschichte bildet einen Brückenschlag zum benachbarten MAMUZ-Museum in Mistelbach. Nitsch taucht in die spirituell dionysische Welt des Rausches, der Ekstase, Erotik, des Schmerzes, der Vernichtung, und schlussendlich Auferstehung ein. Protestantischer Norden trifft auf katholisch-barockes Weinviertel.
Jorns sowie Nitschs Malerei ist von sinnlicher Kraft, körperlichem Einsatz und Materialität geprägt. Mit seinen Aktionsmalereien und Schüttbildern ab den frühen 1960er-Jahren hatte der Wiener Aktionist das Tafelbild entschieden erweitert und als Vorstufe zu seinem Orgien Mysterien Theater definiert. Vor allem ist sein malerisches Spätwerk von gestischen Entladungen in pastoser Materialität und kräftigem Kolorit erfüllt. Jorn schöpft aus dem Unbewussten jenseits der rationalen Welt und schafft hybrid-organische Formverwilderungen, die sich in eine abstrakte Malereisubstanz auflösen.
Eine weitere Parallele findet sich im Einsatz der Zeichnung und dem Primat der Linie, ob Jorns archaisch-kindliche Kopffüßler und Mensch-Tier-Kreationen oder Nitschs anatomisch sowie organisch geprägte Architektur-Notationen seines grafischen Werks.
Ab 9. Juni 2024