Die Staatlichen Antikensammlungen und die Glyptothek in München gehören zu den
international führenden Museen für antike Kunst. Immer wieder zeigen die Institutionen
temporär in Sonderausstellungen auch künstlerische Positionen der Gegenwart, die sich in Bezug zur eigenen Sammlung setzen. Beispielhaft dafür stehen etwa die berühmt gewordenen „Glyptotek Drawings” – Schreibweise im Original – des US-amerikanischen Künstlers Jim Dine (*1935) oder die im vergangenen Jahr unter dem Titel „Jenseits von Hellas” gezeigten vierzehn großformatigen Skulpturen aus Schmiedeeisen sowie eine Auswahl von Zeichnungen und Aquarellen des spanisch-schweizerischen Architekten und Künstlers Santiago Calatrava (*1951).
Vom 15. Oktober 2023 bis zum 14. April 2024 wird zentral im Innenhof der Glyptothek eine begehbare Großskulptur von Hildegard Rasthofer (*1967) und Christian Neumaier (*1965) zu sehen sein. Als Künstlerduo arbeiten beide unter dem Label Rasthofer/Neumaier interdisziplinär in den Feldern experimentelle Architektur und plastisch-skulpturale Gestaltung.

Rasthofer/Neumaier, Raum O, 2023 © Anne Wild

Rasthofer/Neumaier, Raum O, 2023 © Anne Wild

Ihr Objekt mit dem Titel „Raum O” besteht aus sechs gebogenen Elementen aus spiegelpoliertem Edelstahl, die einen von allen Seiten betretbaren Raum in Form einer Rotunde von neun Metern Durchmesser bilden. Die sanft beweglichen Flügel geben einen Zugang in das leere Innere frei.
Eines der großen Themen der antiken griechischen Kunst ist die Darstellung des
menschlichen Körpers. Während den Arbeiten von Dine oder Calatrava in der Glyptothek
eine künstlerische Reinterpretation historischer Darstellungen zu Grunde liegt, verfolgen Rasthofer/Neumaier einen anderen Ansatz. Zwar schaffen sie mit ihrem „Raum O” ebenfalls eine Begegnung mit Körpern. Doch erst in der Konfrontation mit den Betrachtenden enthüllt sich das skulpturale Ereignis. Ihre dreidimensionale Konstruktion definiert einen räumlichen Körper, dessen Grenzflächen verschwimmen. Auf der polierten Hülle bilden sich sodann schemenhaft umgebende Körper ab. Durch Bewegung im Raum geraten die Spiegelbilder in Auflösung, formieren sich wie in einem Kaleidoskop immer wieder neu zu Zerrbildern, die in Widerspruch zu idealisierten Abbildungen stehen.
15. Oktober 2023 bis 14. April 2024
www.antike-am-koenigsplatz.mwn.de