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Seit der Spielzeit 2013/14 gastiert das Schauspiel Köln auf dem Carlswerk-Gelände in Mülheim. Es bietet den Zuschauern ein breites Spektrum an Theater- Aufführungen von Klassikern bis zu Stücken der Gegenwart. An der Spielstätte im Carlswerk wird auf drei Bühnen Theaterkunst geboten. Neben den beiden Bühnen im Depot, ist auch in der Grotte eine Spielstätte eingerichtet. Vor dem Depot ist zusätzlich der Carlsgarten eingerichtet worden, eine Begegnungsstätte für Theaterbesucher, Theaterschaffende und Besucher aus der Nachbarschaft. Hier einige Uraufführungen 2021: 

Atemschaukel von Herta Müller
In einer Fassung für das Theater von Bastian Kraft
Als Grundlage für ihre Erzählung von einem jungen Rumäniendeutschen, der 1945 nach Russland deportiert und dort interniert wird, dienten Herta Müller Oskar Pastiors Aufzeichnungen aus seiner Zeit in einem sowjetischen Arbeitslager. Auch Herta Müllers Mutter war, wie Zehntausende Rumäniendeutsche, am Ende des Zweiten Weltkriegs nach Russland verschleppt worden, worüber in der Familie allerdings nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen wurde. In einer ästhetisierenden Sprache, die die gewohnte Wahrnehmung aufbricht, schildert Herta Müller anschaulich den allgegenwärtigen Hunger, die Entbehrungen und Schikanen durch Lageraufseher. Ihr Roman Atemschaukel, für den sie 2009 den Literaturnobelpreis erhielt, führt vor Augen, wie Menschen im Lager ihrer Würde und Werte beraubt werden und moralisch verwahrlosen. Auf poetische, dabei höchst präzise Weise zeigt er zudem die traumatischen Folgen von Verschleppung und Unterdrückung.
Uraufführung 26. März 2021

Die Blechtrommel von Günther Grass
In der Bühnenbearbeitung von Oliver Reese
Zu seinem dritten Geburtstag bekommt Oskar Matzerath eine rot-weiße Blechtrommel geschenkt. Zugleich beschließt er, nicht mehr zu wachsen und sich somit der Welt der Erwachsenen zu entziehen. Wer ihm die Trommel nehmen oder ihn züchtigen will, dem antwortet Oskar mit einem Schrei, der Glas zerspringen lassen kann. Trommelnd und schreiend trotzt er der Wirklichkeit und wird zum mitleidslosen Beobachter einer instabilen und grausamen Zeit: Die Weimarer Republik geht zugrunde, die Nationalsozialisten ergreifen die Macht, Krieg und Gewalt sind allgegenwärtig. Oskar, schlau und grausam, außen vor und mittendrin, sieht und erinnert alles. Und lässt auch die anderen nicht entkommen mit ihrem Opportunismus und ihrer Scheinheiligkeit.
Über mehrere Jahrzehnte spannt sich die Geschichte, die Günter Grass in seinem Debütroman wortgewaltig und schonungslos erzählt. 1959 erschienen, erschütterte und polarisierte das Buch die Nachkriegsgesellschaft und wurde zum literarischen Welterfolg. Die Regisseurin Marie Schleef, die erstmals am Schauspiel Köln arbeitet, bringt Grass’ Jahrhundertwerk nun als Monolog auf die Bühne und fügt der Geschichte eine weibliche Perspektive hinzu.
Premiere Frühjahr 2021

Das Opferfest von Ibrahim Amir
Ibrahim Amir, geboren 1984 in Aleppo, studierte Theater- und Medienwissenschaft in Aleppo. Nach drei Semestern wurde er wegen seines Engagements in einer kurdischen Studentenorganisation exmatrikuliert. 2002 ging er nach Wien, wo er ein Medizinstudium absolvierte und inzwischen als Arzt arbeitet. Während des Studiums begann er in deutscher Sprache zu schreiben.
Was ist das Opferfest? Das Opferfest ist das höchste islamische Fest. Man erinnert sich dabei an das große Opfer, das der Prophet Abraham (Ibrahim) brachte, als er bereit war, Gott seinen Sohn Ismael zu opfern. Als Gott erkannte, dass Abraham dies wirklich tun wollte, schickte er ihm ein Schaf, das er statt seines Sohnes Ismail opfern sollte. Deshalb schlachten die Muslime alljährlich ein Schaf, eine Kuh oder ein Kamel. Das Fleisch wird in drei gleich große Stücke geteilt: Ein Teil wird armen Menschen gespendet, der zweite Teil Freunden und Verwandten geschenkt und der dritte Teil wird für die eigene Familie behalten.
Moritz Sostmann, der Hausregisseur am Schauspiel Köln wird die Uraufführung inszenieren.
Uraufführung 9. April 2021

Triple
Metric Dozen / Liedgut / My Generation von Richard Siegal
Mit gleich drei Stücken meldet sich Richard Siegal zum Ende der Saison zurück: Drei internationale Erfolgsballette, die der US-Choreograf in den letzten Jahren für das Ballet National de Marseille, für Cedar Lake / New York und für das Hessische Staatsballett inszeniert hat, werden hier für das Ballet of Difference, die Kompanie der Stadt Köln, neu einstudiert und zu einem schillernden Abend zusammengefasst. Im Zentrum steht dabei der menschliche Körper, durchzogen von Triebkräften und Energien, zwischen einer Feier des Lebens und der hedonistischen Hingabe an den Exzess.
Premiere 24. April 2021

Saison der Wirbelstürme nach dem Roman von Fernanda Melchor
In „Saison der Wirbelstürme“ leuchtet Fernanda Melchor einen besonders finsteren und hoffnungslosen Winkel Mexikos aus und führt auf direktem Weg in die Hölle. In La Matosa, in der tiefsten mexikanischen Provinz, entdecken Kinder im Wasser zwischen Schilf und Plastikmüll einen halb verwesten Leichnam. Das Gesicht ist zu einer Fratze verzerrt, aber alle wissen, wer die Tote ist: La Bruja, die Hexe. Auf sie richteten sich der Hass, die Ängste, aber auch die Hoffnungen. Von sagenhaftem Reichtum wurde gemunkelt, aber auch von perversen Exzessen, die sich in ihrem heruntergekommenen Haus abgespielt haben sollen. Sie war das Opfer von Unterstellungen, Verleumdungen und Lügen, sie saß im Auge eines sozialen Hurrikans, dem das ganze Dorf zum Opfer fiel.
„Saison der Wirbelstürme“ nennt die mexikanische Autorin Fernanda Melchor ihren Roman, der nur von Verlierern erzählt: nicht von irgendwelchen Verlierern, sondern von jenen Menschen, die ihr Leben ganz unten fristen, für die vom Wohlstandsversprechen der globalen Wirtschaft gerade noch ein Paar Adidas-Sneaker, schlechtes Rauschgift und raubkopierte Pornofilme abfallen.
Uraufführung 28. Mai 2021

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