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Das Schauspielhaus Bochum besteht seit 1919 als Städtische Bühne der Stadt Bochum. Als Sprechtheater gehört auch ein Angebot im Bereich Kinder- und Jugendtheater zum Profil des Hauses. Seit der Saison 2018/2019 ist der niederländische Theater- und Opernregisseur Johan Simons Intendant. Er prägt das Schauspielhaus Bochum als Stadttheater des 21. Jahrhunderts, in dem Künstler*innen unterschiedlicher Nationen und Kulturen sowie unterschiedlicher Disziplinen eine kreative Heimat finden – neben Schauspiel auch Tanz, Performance, Film- und Installationskunst sowie Musik. Kern des Theaters ist ein festes Schauspielensemble, das kulturelle Einflüsse aus unterschiedlichen Ländern Europas und der Welt mitbringt. Die vier Spielstätten sind das Schauspielhaus, die Kammerspiele, das Oval Office (ehem. Theater Unten) sowie das Theaterrevier (Zeche Eins). Neben zeitgenössischen Interpretationen großer und klassischer Stoffe zeigt das Schauspielhaus zahlreiche Uraufführungen und Stückentwicklungen. Produktionen des Schauspielhaus Bochum gastieren in anderen Theatern in Deutschland und Europa und werden zu internationalen Festivals eingeladen.

Ödipus, Tyrann von Sophokles
Die Geschichte ist notorisch und schnell erzählt. Dem Laios, Vater des Ödipus’, wird vom Orakel vorhergesagt, dass sein erstgeborener Sohn ihn erschlagen und seine Mutter heiraten werde. Daraufhin gibt er Ödipus nach dessen Geburt zum Sterben fort, der wird aber gerettet, wächst bei Zieheltern auf, hört später, dass dies nicht seine wirklichen Eltern seien, macht sich auf, das Orakel zu befragen, versteht aber die Weissagung nicht, erschlägt auf dem Rückweg seinen Vater Laios als Unbekannten, zieht in Theben ein, löst dort das Rätsel der Sphinx, wird Herrscher und heiratet Iokaste, seine Mutter.
Das alles ist schon geschehen, wenn die Tragödie einsetzt, sie beschäftigt sich damit, diesen Inzest aufzuklären, ans Tageslicht zu holen, und endet damit, dass Iokaste sich das Leben nimmt und Ödipus sich die Augen aussticht und Theben verlässt. Das Inzestverbot ist ein vieldiskutierter Topos, eine moralische Forderung, die politisch durchgesetzt wurde. Dem Beispiel des Ödipus begegnet man in der Grundlegung der Psychoanalyse von Sigmund Freud an prominenter Stelle, und heute kann man sich fragen, ob dieses Verbot tatsächlich noch irgendeinen Sinn hat.
Was also wäre, wenn Iokaste – die in der 429 v. Chr. geschriebenen Tragödie von Sophokles erst sehr spät zu Wort kommt und immer wieder sagt: „Wer sprach? Von welchem? Kehr dich nicht daran. / Und was man sagt, bedenke nicht zu viel es.“ – was also wäre, wenn sie „wüsste“ und sich freuen würde, ihren geliebten und vermissten Sohn als Mann wieder in die Arme schließen zu können, diesmal nicht als Mutter, sondern als Frau?
Das öffentlich zu behaupten, war 429 v. Chr. wahrscheinlich genauso unmöglich, wie es das heute wäre, aber es ist eine Spur, die „aufs Spiel zu setzen” sich lohnt und die vielleicht – bei gleichem Ausgang – eine neue Deutung möglich macht.
Der Intendant des Hauses, Johan Simons wird Sophokles Tragödie inszenieren.
Premiere: 30. Januar 2021

Dogville von Lars von Trier
Auf der Flucht vor Gangstern findet Grace Zuflucht in dem kleinen Dorf Dogville. Die Menschen nehmen sie auf, und als Gegenleistung dafür hilft sie ihnen bei ihren täglichen Arbeiten. Alle lieben die junge Frau, eine harmonische Zeit beginnt. Doch immer wieder taucht die Polizei mit einem Steckbrief von Grace im Dorf auf. Das Misstrauen gegen die Fremde steigt. Wer ist sie eigentlich? Kann man ihr vertrauen? Das Verhalten der Dorfbewohner ändert sich, die hilflose Grace ist ihnen ausgeliefert. Ihr einstiger Ort der Zuflucht wird zu einem Ort, vor dem sie die Flucht ergreifen will. Doch die Dynamik zwischen Hilfesuchender und Helfenden, zwischen Machthabern und Machtloser kehrt sich unerwartet noch einmal um.
Mit der Inszenierung von Dogville setzt das Schauspielhaus Bochum die langjährige Zusammenarbeit mit der Folkwang Universität der Künste fort. Im neugegründeten Theaterrevier entsteht in der Spielzeit 2020/2021 eine Aufführung mit den Schauspiel-Studierenden des 4. Jahrgangs. Regie führt Karin Drechsel, die nicht nur eine vielfältige Expertise als Regisseurin hat, sondern die auch seit vielen Jahren als Dozentin für Schauspiel an der HfMDK in Frankfurt, am Mozarteum in Salzburg und auch der Folkwang Universität der Künste lehrt.
Premiere Februar 2021

Herbert von Herbert Fritsch mit Text und Musik von Herbert Grönemeyer
Was für ein Fest wäre das geworden! Herbert Fritsch inszeniert frei aus dem OEuvre von Herbert Grönemeyer, am Schauspielhaus! Alle Augen und Ohren waren auf Bochum gerichtet. Noch sieben Tage bis zur Premiere, das Programmheft schon im Druck, Plakate, Kunstausstellung im Foyer, alles in den Startlöchern … Und dann zieht uns Covid-19 den Stecker. Probenabbruch. Premierenverschiebung. Mensch!
Und jetzt? Bleibt alles anders. HERBERT – das ist die große Bühne, großer Auftritt, die völlige künstlerische Freiheit und vor allem: für alle. Dieser Abend lebt für und mit seinem Publikum. Dieser Abend ist nichts für Abstandregeln und Mundschutzsicherheit, für ein durchlöchertes Parkett, für Zuschauer*innen auf Distanz. Dieser Abend sollte ein Fest werden und soll es immer noch. Also warten wir. Warten wir so lange, bis wir wieder in einem vollen Saal miteinander feiern können: das Theater, die Musik, die Kunst – Herbert hoch zwei!
Warten wir mit steigender Vorfreude auf extended Hits und lyrische Raritäten aus Grönemeyers Feder, von Fritsch geformt zu neuen Klang- und Gesangserlebnissen, mit ’nem Pulsschlag aus Stahl. Grönemeyers Songs und Texte, wie man sie noch nicht gehört hat. Eine Hommage an Deutschlands erfolgreichsten zeitgenössischen Musiker. Eine Sprachoper für Kopf, Bauch, Stimmbänder, Zwerchfell und Gliedmaßen. Für großen Chor, ohne Orchester. Kein Musical, ein Viewsical, vielleicht.
Herbert Fritsch hat sich in früheren Inszenierungen auf seine besondere Weise bereits Künstlern wie Dieter Roth (Murmel Murmel), Konrad Bayer (der die mann) oder Hugo Wolf (Wer hat Angst vor Hugo Wolf?) gewidmet. Jetzt wird der nächste Schritt folgen, das Werk des größten lebenden deutschen Musikers. Für Herbert Grönemeyer, der als Spiritus Rector die Proben begleitet, ist HERBERT auch eine Rückkehr ans Schauspielhaus Bochum, wo er in den 1970er Jahren als Theatermusiker begann. Er sagt: „Fritsch darf alles. Er darf mich zerlegen, zerfleddern, ohne Ehrfurcht, mit Witz. Es lebe das Chaos, der Fritsch‘sche Wahnsinn.“
Uraufführung: früher oder später: aber dann …!

www.schauspielhausbochum.de