Künstlerexistenzen gelten als chic – besonders bei Jugendlichen. Entbehrungen werden dabei gern als Understatement angesehen, zumal sie sich mit der Hoffnung auf späteren Ruhm kompensieren lassen. Die Wirklichkeit sieht jedoch ganz anders aus: „Szenen aus dem Leben der Bohème“ nannte Henri Murger seinen berühmt gewordenen Roman, der die Anregung zu Puccinis Oper gab.
Vier Künstler im winterlichen Paris. Der Dichter Rodolfo und seine Freunde haben ihr Leben der Kunst verschrieben, auch wenn schon einmal mangels Holz der neueste Dramenentwurf ihr Pariser Atelier erwärmen muss und der Hunger ihr steter Begleiter ist. Umso überschäumender ist die Freude, wenn es einem von ihnen gelingt, Nahrungsmittel oder Geld aufzutreiben. Rodolfos Leben wird aus der Bahn geworfen, als eines Abends die Nachbarin an die Tür klopft, um Feuer für ihre Kerze zu bitten. Es ist Mimi, die allein lebt und an einer schweren Lungenkrankheit leidet. Rodolfo und Mimi verlieben sich ineinander und verbringen mit den Freunden einen rauschhaften Abend in der Stadt. Sie ziehen zusammen, doch schon bald sieht Rodolfo keine Zukunftsperspektive für die Beziehung, weil er der Kranken keine ihr zuträgliche Bleibe bieten kann.
Puccini ließ sich von diesen Schicksalen, dem turbulenten Treiben des Künstlervolkes und der tragischen Liebe Mimis zu zauberhaften Melodien inspirieren. Seine eindringliche und klangmalerische Musik beschreibt die Welt der Bohémiens und ihre Umgebung dabei genauso realistisch wie auch das Seelenleben der ihr entstammenden Figuren, Sozialkritik und großes Gefühlsleben gehen hier nahtlos ineinander über. Mit „La Bohème“ gelang Puccini der endgültige Durchbruch als Komponist und zweifellos sein größter Welterfolg.
18. Januar 2024