Dem Maler Werner Berg (1904-1981) widmet die Stadt Bleiburg seit 1968 ein monografisches Museum. Das repräsentative Haus am Bleiburger Hauptplatz ist seither zu einem Anziehungspunkt für Kunstliebhaber aus der ganzen Welt geworden. Es zeigt das OEuvre des Künstlers, dessen künstlerischer Ausgangspunkt der deutsche Expressionismus war, in einzigartiger Wechselwirkung von Kunst und Umwelt im Kerngebiet seines Ursprungs. Bei den jährlich wechselnden Ausstellungen wird stets versucht einen thematischen Dialog zwischen dem Werk Werner Bergs und der jeweiligen Sonderausstellung zu finden. Die Kunst Werner Bergs wird so auch für den wiederholten Besucher unter ständig neuen Gesichtspunkten erlebbar.
Die Sonderausstellung 2025 konfrontiert Statements und Bilder Werner Bergs mit Zitaten aus den Schriften und Filmen Pier Paolo Pasolinis sowie Alfred Hrdlickas Zyklen „Pasolini“ und „The Rake‘s Progress“.
Viele Gedichte und Gedanken Pier Paolo Pasolinis beklagen das Verschwinden der bäuerlichen Welt mit ihren regionalen Besonderheiten, die PPP in Friaul erlebt hatte und aus der er mit 27 Jahren vertrieben wurde – das Verschwinden einer ursprünglichen bäuerlichen Welt musste auch WB in 50 Jahren seines Schaffens konstatieren, nachdem er sich mit 27 Jahren als Maler für ein archaisches Bauernleben im slowenisch geprägten Unterkärnten entschieden hatte. Über 50 Radierungen von Alfred Hrdlicka (1928-2009), zeigen Auseinandersetzung mit dem für Pasolini lebensbestimmenden Thema Homosexualität und Erschütterung über dessen Ermordung eindrucksvoll und oft verstörend.
Das von jahrzehntelanger Anfeindung geprägte tragische Schicksal des großen italienischen Künstlers und Intellektuellen wird so immanenter Teil der Ausstellung. Pasolinis entscheidende Kritik am zügellosen Hedonismus findet ihren frühen Vorläufer in der großartigen Folge von William Hogarths „The Rake‘s Progress“, dessen drastische erneute Bearbeitung durch Hrdlicka ebenfalls gezeigt wird.
Den Kern der Ausstellung bilden neben zahlreichen Werken Werner Bergs (1904-1981) dessen Texte, in denen er seine Absage an Wohlstandshörigkeit und Fortschrittsgläubigkeit bekräftigt. Dieser Zivilisationskritik werden Texttafeln mit Zitaten und Gedichten Pier Paolo Pasolinis (1922-1975) gegenübergestellt. Die beiden Künstler sind sich zeitlebens nie begegnet, doch sie gelangten in zahlreichen Überlegungen zu ähnlichen Schlussfolgerungen – durch praktizierte Lebensentscheidung bei Werner Berg, wie durch scharfsichtige Essays bei Pier Paolo Pasolini. Ohne die beiden mit ihren sehr unterschiedlichen Lebenswegen gegenseitig zu vereinnahmen, zeigt die Ausstellung die großen Überschneidungsmengen in ihren schriftlichen Äußerungen und im uns hinterlassenen Werk auf. Beide können sie als Propheten von Veränderungen gesehen werden, die heute die Welt bedrohen.
Der Schriftsteller und Regisseur Pier Paolo Pasolini – dessen Todestag sich 2025 zum 50. Mal jährt – erlebte eine Zeit als junger Erwachsener in der ländlichen Welt Friauls, die er mit 27 Jahren gezwungen war zu verlassen und in der er eine vorbildhafte Lebensweise sah. Zeitlebens bemühte er sich auch um den Erhalt von Dialekten mit ihren sprachlichen Eigenheiten. Scharfsichtig fühlte er sich stets der Realität um ihn verpflichtet, wobei ein unverfälschtes Leben oberste Priorität für ihn besaß. Dieses sah er bei den Randgruppen der Gesellschaft, deren Assimilierung die Gefahr existenzieller Verflachung und Leere beinhaltete. Werner Berg entschied sich für ein ausgesetztes Leben in selbstgewählter Armut in einem abgelegenen, ursprünglich geblieben Randgebiet der Gesellschaft. Ähnlich Pasolini jedoch in radikaler lebenswirklicher Umsetzung verurteilte er eine bürgerliche Lebensweise mit ihrem Primat von Hab und Gut, sowie Konventionen und Konformismus. Als einfacher Bauer unter seinen slowenischen Nachbarn dokumentierte er die regionalen Besonderheiten seiner Wahlheimat und ihrer Sprachgruppe, die unter jahrzehntelangem Assimilierungsdruck zu verschwinden drohte. In dem gelebten Ausweg in eine ihn und seine Familie tagtäglich fordernde Realität fand er zu seiner „Existenzmalerei“. Die friulanische Gegend um den Tagliamento und das südlich der Drau gelegene Gebiet Kärntens veranlassten die beiden Künstler zu allgemein gültigen Einsichten angesichts einer historischen anthropologischen Zeitenwende.
Unabhängig voneinander stellten Pier Paolo Pasolini und Werner Berg in ihrem jeweiligen Werk den Verlust einer seit Jahrhunderten bestehenden Kultur durch die, letzte Randgebiete erfassenden, vollständigen Industrialisierung und Nivellierung fest. Mit ihrem Werk wurden sie Zeuge des unwiederbringlichen Verschwindens einer bäuerlichen Welt. Gegenüberstellungen von Filmen und Frames Pier Paolo Pasolinis mit Werken Werner Bergs belegen auch die oftmals verblüffende Übereinstimmung in Bildaufbau und Bildkomposition dieser beiden Künstler – ein semiologisches System, in dem, im Gegensatz zur Sprache, das Leben in unmittelbar aus dem Leben selbst extrahierten Bildzeichen sich selbst ausdrückt.
Eigens für die Ausstellung von Christoph Klimke verfasste Texte über Werner Berg und Pasolini umreisten pointiert die Problematik aus der Sicht des sich lebenslang mit Pasolini beschäftigenden Schriftstellers.
1. Mai bis 9. November 2025
Im Skulpturengarten des Museums wird eine korrespondierende Ausstellung von Hans-Peter Profunser gezeigt. Geboren in Lienz und aufgewachsen in Berg im Drautal, erlernte dieser außergewöhnliche Künstler zunächst den Beruf des Maschinenschlossers. Erst im Jahr 1988 begann er seine bemerkenswerte Karriere als Bildhauer. Über einhundert Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland, die Teilnahme an Symposien sowie zahlreiche Auszeichnungen zeugen von der künstlerischen Gestaltungskraft Profunsers. Viele seiner Werke finden sich in privaten und öffentlichen Sammlungen wieder, während über zwanzig Skulpturen im öffentlichen Raum zu bewundern sind. Seine beiden großformatigen Metallskulpturen „Begegnung/ srečanje“ und „Die Getriebenen“ begrüßen bereits seit Jahren die in die Kulturstadt Bleiburg/Pliberk Reisenden an der nördlichen Gemeindegrenze.

Kunst-Fassaden-Aktion 2024 der Ausstellung „Christine Lavant & Werner Berg” © Werner Berg Museum
Die Kunst-Fassaden-Aktion soll auch im Jahre 2025 durchgeführt werden. Dabei erweitern großflächige Fassadengestaltungen die Ausstellung in die Innenstadt. Ein solches, ein ganzes städtisches Ensemble bestimmendes Übergreifen der Präsentation im Museum in den öffentlichen Raum stellt mittlerweile ein Alleinstellungsmerkmal der Kulturstadt Bleiburg/Pliberk dar.