»fragil | fragile« lautet das Motto des kommenden wortwiege Theaterfestivals in den Kasematten Wiener Neustadt. Vom 21. Februar bis 24. März stehen zwei neue Inszenierungen, zwei internationale Gastspiele mit israelischen Theatermacherinnen und Theatermachern im Rahmen der SEA CHANGE Collection, die Fortsetzung der Serie „Reden!“ sowie die thematisch vertiefenden „Salons“ auf dem Programm.

MEDEA – Alles Gegenwart
Dramatisches Gedicht von Franz Grillparzer / wortwiege
wortwiege zeigt Grillparzers „dramatisches Gedicht“ um eine ausweglose Liebe aus der Perspektive Medeas, in deren taghellem Bewusstsein sich die traumatischen Geschehnisse um Schuld, Vertreibung und Verlustangst bildhaft gestalten. Grillparzers messerscharfe Analyse der traum-artigen und dennoch psycho-logischen Verarbeitungsmechanismen von allem, was „menschliche Kraft übersteigt“, stehen dabei im Mittelpunkt.
Nach jahrelanger Seereise lagern Medea, Jason und ihre beiden Söhne vor Korinth. König Kreon gewährt Asyl, bietet Jason, dem Griechen, sogar die Hand seiner Tochter, wenn dieser bereit sei, Medea — die gefährlich Andere — zu verstoßen. Verraten von dem Mann, für den sie die Heimat, Kolchis, verlassen und den Tod ihrer königlichen Familie auf ihr Gewissen genommen hat, verzweifelt durch die komplette Entfremdung von den Söhnen, voller Befürchtungen für deren Zukunft, entschließt sie sich zur undenkbaren Tat.
Premiere: 21. Februar 2024
Weitere Aufführungen. 24. und 29. Februar, 10., 14., 15., 20. und 24. März 2024

Medea © Julia Kampichler

Medea © Julia Kampichler

SCHLACHTHOF – Wir essen nur Karfiol
Sławomir Mrożek / wortwiege
Sławomir Mrożek sorgte mit seinen absurden Texten über das Leben und Wirken in totalitären Regimen weltweit für Aufsehen. Als Akt der Solidarität mit dem niedergeschlagenen Prager Frühling verließ Mrożek 1968 sein Land und beantragte Asyl in Frankreich. Die wortwiege setzt — nach dem großen Erfolg von Vaclav Havels „Audienz“ am Festival 2023 — ihre Beschäftigung mit bedeutenden dissidentischen Autorinnen und Autoren fort.
Einsam sitzt der Geiger in seinem Zimmer im Haus seiner Mutter, die ihn in liebevoller Geiselhaft hält. Er sehnt sich nach Befreiung. Die Musik — seine Kunst, die von der mütterlichen Überwachung beherrscht und reguliert wird — soll ihm die Flucht ermöglichen. Auf wundersame Weise wird er tatsächlich zum Genie und gibt Konzerte auf der renommierten Bühne der Philharmonie. Doch bald erkennt er, dass es auch in dieser Umgebung keine künstlerische Freiheit gibt und verlegt sich aufs öffentliche Schlachten. Denn: Wie macht man Kunst in restriktiven Systemen oder gar im Krieg?
Premiere: 28. Februar 2024
Weitere Aufführungen. 3., 7., 9., 13., 17. und 22. März 2024

Schlachthof © Julia Kampichler

Schlachthof © Julia Kampichler

A HANDBOOK FOR THE ISRAELI THEATRE DIRECTOR IN EUROPE
Théâtre Majâz, Frankreich/Israel
Wie packt man Krieg und Macchiato, Selbstverliebtheit und zynische Distanz, Hoffnung und Verzweiflung und ein oder zwei internationale Konflikte in ein kompaktes Unterhaltungsformat? Udo Shaked und Hannan Ishay erzählen ihre erfundene Geschichte über eine sehr gegenwärtige Realität.
Zwei israelischen Regisseure machen im Rahmen ihrer internationalen Theaterarbeit dieselbe Erfahrung: Überall betrachtet man sie als „den Israeli“. Zwischen Politik, Moral, Geschichte und Realität — was ist eigentlich eine israelische Geschichte und könnten sie sie überhaupt vertreten, den vielen Fragen begegnen? Nur wenn sie selbst bereit sind, die angsteinflößende Mission anzugehen: Ein Theaterstück über Ihre neurotische, halb verrückte und immer totalitärer werdende, aber dennoch geliebte Heimat anzubieten. Da überholt die Realität jede irre Fiktion, als mitten während ihrer Vorbereitungen am 7. Oktober der Krieg ausbricht und alles, was sie über das Leben in Israel / Palästina zu wissen glauben, auf den Kopf stellt.
2. und 16. März 2024

THE ANTHOLOGY
Acco Theatre Center, Israel
Das international gefeierte Bühnenstück des Akko Theatre Center: Zelma Greenwald ist eine Überlebende des Holocaust. Zwei Umstände halten sie am Leben: Ihr eigenwilliger Sohn und das Klavier.
Das Publikum ist eingeladen, sich an Zelmas Klavier zu setzen, ein Glas Cognac zu trinken und ihre Gedanken als aktive Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner mitzuerleben.
21. und 23. März 2024

A HANDBOOK FOR THE ISRAELI THEATRE DIRECTOR IN EUROPE © Wortwiege 2024

A HANDBOOK FOR THE ISRAELI THEATRE DIRECTOR IN EUROPE © Wortwiege 2024

„Was kann die darstellende Kunst zeigen, in einer Gegenwart, welche die schrecklichsten und skurrilsten Fantasien großer Dramatikerinnen und Dramatiker auf der realen Weltbühne überbietet? Vielleicht, wie fragil jede Art von Beziehung ist: zwischen Menschen, geschweige denn zwischen Staaten. Wie fragil der Friede. Wie rasch ein falscher Schritt, ein falsches Wort, eine falsche Geste zur fatalen Explosion führen kann, wenn das lang Verdrängte mit Macht hervorbricht. Vorsicht! könnten die Figuren unserer Stücke rufen, Vorsicht – wir sind zerbrechlich! Und: Kunst, diese zweite Realität, ist eine valide Alternative zu Krieg.“
Festivalleiterin Anna Maria Krassnigg

www.wortwiege.at