Adrian Ghenie ehrt Egon Schiele, einen der bedeutendsten Künstler des Expressionismus, mit einer revolutionären Ausstellung. Diese, basierend auf der Idee und dem Konzept von Ciprian Adrian Barsan, bringt Schieles verlorene Werke – bekannt nur durch Schwarz-Weiß-Fotografien – durch Adrian Ghenies eindringliche künstlerische Fähigkeit zurück ins Sein.
Der rumänische Künstler nimmt Schieles verschollene Werke zum Anlass, um sich mit eigens für diese Ausstellung geschaffenen Werken auf eine ebenso eindrucksvolle wie einzigartige Spurensuche zu begeben.

Das Projekt ‚Schattenbilder‘ nimmt die Zuschauer mit auf eine metaphysische Reise durch Zerfall und Neuschöpfung. Diese als „Schattenbilder“ bezeichneten Werke symbolisieren die dunkle Nacht der Seele, in der sich das Individuum mit seinem inneren Schatten konfrontiert sieht – ein Prozess, der durch Begriffe wie Nigredo, Tenebrosität, und Melancholie geprägt ist. Das Werk weniger Künstler ist so komplex wie jenes von Adrian Ghenie. Es verweist gleichermaßen auf die eigene Biografie wie auf die Geschichte der Kunst. Mehrdeutigkeit, zu der auch das Oszillieren zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktionen zählt, ist das zentrale Merkmal von Ghenies Kunst. Persönliche, geheimnisvolle, ja okkulte Erfahrungen, die sich in der Bildwelt des Künstlers niederschlagen, beruhen so sehr auf Ghenies Leben wie auf dem Set an kunsthistorischen Referenzen.

Adrian Ghenie, Auferstehung 1, 2024, 191 x 200 cm, Öl auf Leinwand ©️ Adrian Ghenie, Foto © Infinitart Foundation

Adrian Ghenie, Auferstehung 1, 2024, 191 x 200 cm, Öl auf Leinwand ©️ Adrian Ghenie, Foto © Infinitart Foundation

Ghenies Phantasie, die sich aus den eigenen sowie den kollektiven Erinnerungen speist, gebiert Monster. Seine Figuren leiden an Gesichtsverlust und körperlichen Deformationen. Die verunstalteten Köpfe können mit dem Einfluss von Filmstills, die die komischen Opfer von Tortenschlachten in alten Slapstick-Komödien zeigen, psychologisch nur unzureichend erklärt werden, so erhellend der Hinweis auf Ghenies Präferenz für diese Filmgattung der Stummfilmzeit ist. Adrian Ghenie verleiht seinen Schattenbildern durch seine Dekonstruktionsmethode eine neue Dimension, die weit über die bloße Form hinausgeht. Er transformiert sie in lebendige Manifestationen des Farbspektrums, wobei er die Grenzen zwischen Realität und Abstraktion verschwimmen lässt. Er strebt dabei nicht nach einer spirituellen Berufung, sondern nach einem Zustand energetischer Euphorie. Ghenie schafft ‚den unmöglichen Körper‘ ohne Anatomie – eine Neuerfindung des Nichts. Adrian Ghenie fühlt sich immer schon von Horror und Suspense angezogen. Er liebt Alfred Hitchcocks Ästhetik des Unheimlichen. Die Atmosphäre, die Ghenies Bilder auszeichnet, ist gesättigt vom Film noir. Ghenie hat in den letzten Jahren nur die Methode des Malens geändert: statt der Collage und der Verwendung von Fotografien arbeitet er allein mit dem Pinsel und Palettenmesser; ein Meister der Peinture pure.
11. Oktober 2024 bis 2. März 2025
www.albertina.at

Adrian Ghenie, Weltwehmut 1, 2024, 210 x 150 cm, Öl auf Leinwand©️ Adrian Ghenie, Foto © Infinitart Foundation

Adrian Ghenie, Weltwehmut 1, 2024, 210 x 150 cm, Öl auf Leinwand©️ Adrian Ghenie, Foto © Infinitart Foundation