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Die 1920er-Jahre gelten als Umbruchphase und Experimentierfeld der westlichen Moderne. Die Gleichzeitigkeit und Radikalität dieser Epoche verleiht ihr noch im 21. Jahrhundert eine bemerkenswerte Aktualität und bildet den Ausgangspunkt dieser Ausstellung. Kaleidoskopartig wird die Vielfalt der unterschiedlichen Bilder und Stimmen zu immer neuen Konstellationen zusammengefügt, die den Blick für die Einzigartigkeit der Ereignisse sowie für die Analogien zur heutigen Zeit gleichermaßen schärfen sollen.

Das Jahrzehnt wird einerseits von einer tiefen Zerrissenheit geprägt, andererseits wird es von einem ungebrochenen Fortschrittsglauben und noch nie dagewesenem Innovationsschub in allen gesellschaftlichen Bereichen (Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik) erfasst. Das Wort NEU entwickelt sich zum allgegenwärtigen Schlagwort der Epoche. Obgleich richtungsweisende Entwicklungen bereits vor 1900 einsetzten, kommen sie erst Jahrzehnte später – durch eine immense Beschleunigung und internationale Verflechtungen entfesselt – richtig zum Tragen.

Auch Kunst und Kultur erheben selbstbewusst den Anspruch, die „neue Wirklichkeit“ mitgestalten zu wollen. Weitgespannte Künstlernetzwerke entfalten ihre Wirkungsmacht über die traditionellen Kunstzentren um/nach 1900 – Paris, Wien, München, London – hinaus, die bis in die USA, nach Lateinamerika und Asien ausstrahlt. Die rasante Internationalisierung des Kunstbetriebs erweitert die etablierte Netzgeografie um weitere Kunstmetropolen wie Berlin, Moskau, Rom, Prag, New York oder Mexiko City. Gesellschaftliche Umbrüche, politische Divergenzen, Massenkommunikation und Mobilität tragen zur Ausbildung urbaner, multikultureller Avantgarden bei, deren Mitglieder sich jenseits der Generationsgrenzen durch programmatische Orientierung und multimediale Kunstpraxis definieren. Es ist eine Epoche der Kontraste und Konflikte, in der sich unterschiedliche Kunstpositionen nebeneinander behaupten.

Die Disziplinen übergreifend angelegte Ausstellung will dieses kaleidoskopartige Bild der 1920er-Jahre einer aktuellen Betrachtung unterziehen. Drei große Themenkomplexe bestimmen und strukturieren das Ausstellungsnarrativ: Das Phänomen der Großstadt als Biotop und Zerrbild der Moderne; der Diskurs über die neuen Rollenbilder von Frau und Mann sowie die Konstruktion und Wahrnehmung der neuen Lebenswelten.
1. April bis 30. Juli 2023

www.bundeskunsthalle.de