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Seit der Spielzeit 2020/21 ist Frau Karin Becker für das Spielgeschehen des Theaters in Konstanz verantwortlich. Mit Klassikern und Stücken von sehr jungen Autorinnen und Autoren will Karin Becker, seit September 2020 neue Intendantin am Theater Konstanz, einen vielfältigen Blick auf die Welt richten.
Es geht um die kostbare kulturelle Vielfalt unserer Erde, um Globalität und Gerechtigkeit. Dass sie ausschließlich Dramaturginnen ans Haus holt liegt daran, dass es „so viele intellektuelle und tolle Künstlerinnen gibt“, sagt Becker.
Das Thema ungleiche Geschlechterverteilung an deutschen Bühnen ist ihr ein Anliegen. Deshalb will sie auch ein Festival einrichten, das bei der ersten Ausgabe eine Plattform für Künstlerinnen sein wird.
Hier die Premieren der Saison 20/2021, die genauen Spieltermine werden noch bekanngegeben:

Monsta
Familienstück von Cora Sachs / nach dem Bilderbuch von Dita Zipfel und Mateo Dineen / Regie Cora Sachs
Das kleine Monster – „Monsta mein Name!“ – hat ein großes Problem: Das Kind, bei dem es wohnt, fürchtet sich nicht. Jede Nacht rüttelt Monsta vorschriftsmäßig, grollt, fletscht und klappert, aber was passiert, ist haargenau: nichts! Gar nichts! Da kann auch monstermäßiges Training nicht helfen. Egal, was Monsta macht, wie viele Grimassen oder Gruseltricks es auch ausprobiert, das Kind schläft einfach weiter, völlig ungerührt. Es schnarcht sogar und grinst im Traum!
Was stimmt da nicht? Ist der Grusel zu harmlos? Oder das Kind zu klein? Oder kaputt? Monsta schaut überall nach: im Ohr, in der Nase, im Mund – nirgends Grusel! Das Kind ist einfach unerschreckbar! Wo auf der ganzen Welt, gibt es denn so etwas? Monsta ist komplett niedergeschlagen. Und fasst schweren Herzens einen Entschluss…
Dita Zipfel und Mateo Dineen drehen in ihrem hinreißend erzählten und gezeichneten Bilderbuch den Spieß einmal gründlich um und geben der Angst einfach keine Chance. Damit schaffen sie eine monstermäßige Vorlage für Cora Sachs, die mit einer Mischung aus Schauspiel, Tanz und Figurentheater daraus ein Theaterstück für kleine und große Monsterfans kreiert.

Katharina Blum
oder: Wie Gewalt entstehen und wohin sie führen kann
von Heinrich Böll
In der 1974 veröffentlichten Erzählung Die verlorene Ehre der Katharina Blum rekapituliert Heinrich Böll vier Tage im Ausnahmezustand einer jungen Frau: Katharina Blum lernt auf einer Party einen Mann kennen, verbringt mit ihm eine gemeinsame Nacht und findet sich am nächsten Morgen plötzlich im Mahlwerk von Presse und Obrigkeit wider. Sie steht unter Verdacht, dem polizeilich gesuchten Ludwig Götten zur Flucht verholfen zu haben. Polizei und Medien stürzen sich auf sie. Liebe, Flucht, ein kostspieliger Ring, eine junge Schönheit, unbekannte Herren – der Stoff aus dem Front-Page-Stories gemacht werden. Am Ende wird Katharina so weit getrieben, dass sie zur Waffe greift.
Katharina Blum entwickelt sich auf der Bühne zu einem Spiel um Meinungsterror, Marginalisierung und Macht. Die Inszenierung von Hausregisseurin Franziska Autzen zeigt ein wütendes Pamphlet gegen die Beschränkung des Menschen auf gesellschaftlich definierte Geschlechter- und Rollenklischees und wird zu einem Plädoyer für das Recht auf Selbstbestimmung. Was bleibt am Ende, wenn man Gefahr läuft, die eigene Autonomie zu verlieren?

Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch
Familienstück nach Michael Ende
Lässt sich die Zerstörung unserer Erde noch aufhalten? Zauberrat Beelzebub Irrwitzer zumindest bemüht sich nicht darum, ganz im Gegenteil, er ist mit seinen Übeltaten im Rückstand. Der mit Seiner Höllischen Exzellenz geschlossene Vertrag ist noch nicht erfüllt. Dieser verpflichtet Irrwitzer, bis zum Jahresende zehn Tierarten ausgerottet, mindestens eine neue Seuche in die Welt gesetzt und das Klima so manipuliert zu haben, dass Dürreperioden oder Überflutungen entstehen. Was ihn noch retten kann, ist das Rezept für den sagenhaften satanarchäolügenialkohöllischen Wunschpunsch. Dieser urälteste und mächtigste böse Zauber des Universums würde die Welt in eine ökologische Katastrophe stürzen; da sind sich Irrwitzer und seine Tante Tyrannja Vamperl endlich einmal einig.
Ein ungleiches Gespann – der kugelrunde Kater Maurizio und der ziemlich zerrupfte Rabe Krakel – wurde vom Hohen Rat der Tiere mit dem Geheimauftrag entsandt, den besorgniserregenden Vorgängen auf der Erde auf den Grund zu gehen. Für Irrwitzer wie für Maurizio und Krakel beginnt nun ein Wettlauf gegen die Zeit – der eine will den Untergang der Welt, die anderen ihre Rettung. Es ist vier vor zwölf.

dosenfleisch von Ferdinand Schmalz
Eine Autobahntankstelle: „hier rastet man im nirgendwo“. Der Versicherungsvertreter Rolf – ein Spezialist des Unglücks – sucht dort nach Mustern und verborgenen Strukturen, „es häuft der unfall sich in letzter zeit.“ Die Begegnung mit Beate und Jayne – zwei von der Autobahn gezeichnete Körper- ist schicksalhaft. Die eine hat ihr Elternhaus an die Autobahn verloren, die andere ist nach einem Unfall mit sich an diesem Un-Ort gestrandet – zubetonierte und überfahrene Vergangenheiten. „wir sind doch alle teil eines viel größren unfalls“, meint Jayne. Was verbindet diese drei Crash-Fetischisten? Und welche Rolle spielt der Fernfahrer, der die monotone Geschwindigkeit der Straße schon ganz im Körper hat und filmisch präzise vom Gefühlsstau zu erzählen weiß?
Der vielfach ausgezeichnete österreichische Dramatiker Ferdinand Schmalz schrieb mit „dosenfleisch“ eine Art stationäres Roadmovie für das Theater. Das für den Mülheimer Dramatikerpreis 2016 nominierte und am Burgtheater Wien uraufgeführte Stück erscheint vordergründig als absurd-komischer Thriller über Menschen auf der rastlosen Fahrt in ihren Blechbüchsen. Es ist aber auch die kluge und sprachlich raffinierte Erzählung von der Sehnsucht nach dem Ankommen und der Suche nach Heimat – auch in anderen. Schmalz‘ Figuren sind Raststätten-Philosophen, die über nichts so leidenschaftlich nachdenken, wie über das Leben innerhalb und außerhalb seiner Leitplanken.

Das Licht im Kasten
(Straße? Stadt?) Nicht mit mir! von Elfriede Jelinek
Konsum macht nicht glücklich – und unsterblich schon gar nicht. Aber das heißt noch lange nicht, dass wir davon lassen können. Wenn Elfriede Jelinek über das Phänomen Mode schreibt, dann schreibt sie über Faszination und Abscheu zugleich. Heraus kommt ein durchaus heiterer Text, eine verschrobene Liebeserklärung und auch bitterböse Abrechnung: mit den menschenunwürdigen Produktionsbedingungen, der absurden Preispolitik und der Diskrepanz zwischen dem, was wir darstellen und dem, was wir sind – sprich dem, was die teuren Stoffe verdecken sollen. Schließlich wäre man so gerne etwas besonderes oder zumindest nicht so wie die anderen Leute.
Denn die sind ja alle furchtbar!
Auf die Glücksgefühle beim Kauf(Rausch) folgt die Ernüchterung beim Blick in den heimischen Spiegel, der dummerweise nie lügt. Wer ist die oder der Schönste im ganzen Land? Leider nicht das eigene Abbild, sondern immer das der Person im Kasten, also die leuchtende Reklame, die Dinge verspricht, die sie nicht halten kann. Deshalb ist Kränkung vorprogrammiert. Zum Glück ist das bei Jelinek gleichzeitig komisch und tragisch. Ohne ihren Humor, der oft verzweifelt und ziemlich schwarz ist, wäre es nicht auszuhalten. Denn die Mode dient der Literaturnobelpreisträgerin auch als Metapher für eine ernste, eine todernste Sache: die eigene Vergänglichkeit.

Feuersturm
von David Paquet / Deutsch von Frank Weigand
Claudette wäre gern eine gute Mutter, aber die ersten Worte ihres Sohnes lauteten: „Ich werf dich ins Feuer.“ Claudine erzählt ihrem Therapeuten Lügengeschichten über ein Leben, das sie nie gelebt hat. Claudia schreibt sich selbst Briefe, um den Briefträger zu verführen. Claudette, Claudine und Claudia sind Drillinge – und haben keine Chance, ihrem tristen Dasein zu entkommen. Statt einander beizustehen, sind sie mit sich selbst beschäftigt. Sie leiden unter ihrer Beschränktheit, ihrer Mutter und der Welt im Allgemeinen.
Carol und Clément sind füreinander bestimmt. Nur hat das Schicksal irgendwas dagegen, dass es klappt. Die beiden Außenseiter suchen nach Erlösung aus ihrer Einsamkeit, Erlösung im anderen. Aber dafür müssen sie mutig sein. Und dann ist da noch Caroline. Sie fühlt sich zu Serienmördern hingezogen und muss sich rückblickend eingestehen, dass sie ihre Kinder immer geliebt hat, es ihnen aber nie zeigen konnte.
Wo hat die Heimsuchung all dieser Familienmenschen ihren Anfang? Und welche Rolle spielt dabei der Hammer im Fernsehen? Humorvoll und bösartig zeichnet David Paquet seine skurrilen Figuren auf ihrer vergeblichen Suche nach dem Glück. Er gestaltet das große Menschheitsthema Familie in pointierten Dialogen zwischen griechischer Tragödie und schwarzer Komödie. Der aus Québec stammende Autor David Paquet wurde mit seinen Stücken in Deutschland bereits mit Preisen ausgezeichnet und zu Festivals eingeladen, etwa 2020 zu Theater der Welt.

Revolution
Ein musikalischer Aufschrei mit Punk, Politik und Pussys
„Versuche, aus jeder Scheiße Pralinen zu machen“, lautet Nadjas Motto. „Entweder man hofft – oder man macht was“, ergänzt Carola, und Amina brüllt darauf „Ein ‚Fuck you’ an alle, die versuchen, uns zu kontrollieren!“ Drei junge Menschen, die genug haben. Sie wollen sich wehren gegen Diktaturen, Korruption, Menschenrechtsverletzungen, Terror und Gewalt. Nur wie lässt sich gegen diese übermächtigen Gegner angehen? Die drei sind sich einig: Reden hilft, aber es braucht mehr. Eine andere Bühne, eine andere Lautstärke! Drei, vier Schnäpse später gründen sie kurzentschlossen eine Band und planen den zivilen Ungehorsam. Doch wer aufbegehrt und sich gegen die regierende Politik stellt – sei es auch in Form von Kunst – läuft Gefahr, zur Zielscheibe zu werden. So muss sich das Trio immer wieder selbst fragen, wie weit es gehen will für die REVOLution.
Gemeinsam mit der Konstanzer Band The Sound Monkeys entsteht ein performatives Punk-Projekt auf Grundlage der Geschichten von mutigen Menschen wie Nadja Tolokonnikowa (Pussy Riot), Carola Rackete (Umwelt- und Menschenrechtsaktivistin) und Amina Bile (Bloggerin und Autorin) und vielen mehr, die sich auch unter widrigen Umständen für eine gerechtere Zukunft einsetzen. Als eine Hommage! Als ein Dank! Als eine Ermutigung!

The Black Rider
The Casting of the Magic Bullets
Musik und Gesangstexte von Tom Waits / Regie und Stage Design der Originalproduktion von Robert Wilson / Buch von William S. Burroughs / In deutscher Sprache mit englischen Songs
Wilhelm liebt Käthchen, Käthchen liebt Wilhelm – alles könnte einem Happy End zustreben, wenn die holde Angebetete nicht die Tochter des Erbförsters wäre. Und der will einen echten Jägerburschen zum Schwiegersohn, der sein Ziel sicher trifft. Wilhelms Liebe scheint aussichtslos, doch er gibt nicht auf und übt sich heimlich im Wald im Schießen. Allerdings ohne Erfolg. Plötzlich erscheint ein hinkender Fremder, der mysteriöse Stelzfuß, und bietet ihm magische Kugeln an, die ihr Ziel nie verfehlen. Mithilfe dieser Zauberkugeln wird aus dem Amtsschreiber Wilhelm ein treffsicherer Schütze. Doch der teuflische Pakt mit Stelzfuß hat seinen Preis…
Die Volkssage vom Schwarzen Reiter, die schon Carl Maria von Weber zu seiner Oper „Der Freischütz“ inspiriert hat, bot Regisseur Robert Wilson, Musikikone Tom Waits und dem Dichter der Beat-Generation William S. Burroughs die Vorlage für das 1990 uraufgeführte faszinierende Musical abseits aller Konventionen. Die eigenwillige Mischung aus schrägem Varieté, poetischen Bildern und rauchigen Melodien verführt zu einem schaurig-schönen Höllenritt.
„Come on along with the Black Rider, we´ll have a gay old time!“

Wer hat Angst vor Virginia Woolf? von Edward Albee
„Wir feiern doch ein Fest, oder?“, fragt George seine Ehefrau Martha, als der Abend schon völlig aus dem Ruder gelaufen ist. Es ist spät nachts, und das Akademikerpaar kommt angetrunken von einer Party nach Hause, empfängt aber noch Gäste: Nick, den Fleisch gewordenen American Dream, und seine naive Frau. Die beiden werden nichtsahnend Zeugen eines seit Jahren einstudierten Ehekrieges zwischen dem Gastgeberpaar. Werden unweigerlich Teil von deren Spiel, und dabei zeigt sich schnell, wie es um ihre eigene Ehe bestellt ist. Eines ist sicher: Diese Afterparty wird mit einem Kater enden.
Das in Anlehnung an den Kinderreim „Who’s afraid of the big, bad wolf?“ betitelte Theaterstück von Edward Albee feierte 1962 am Broadway Premiere und hat seitdem nichts an Aktualität eingebüßt. Albee hält das Beziehungsgeflecht seiner Figuren die ganze Zeit in Bewegung und stellt die Brüchigkeit menschlichen Verhaltens in den Vordergrund, den fortdauernden Kampf um Macht und Deutungshoheit.

Hin und Her
Uraufführung nach Ödön von Horváth
Das erste Projekt des neuen STADTENSEMBLE, das wir mit Ihnen, liebes Publikum, gründen möchten, hat als Grundlage das Stück „Hin und Her“ des österreichischungarischen Schriftstellers Ödön von Horváth. Die Komödie entstand 1933 und kam 1934 in Zürich zur Uraufführung. Horváth galt nach der nationalsozialistischen Machtergreifung in Deutschland als „unerwünschte Person“. Er musste nach Budapest reisen, um seine ungarische Staatsangehörigkeit zu erneuern. Dieses Erlebnis inspirierte ihn zu „Hin und Her“. Die Premiere in Zürich nutzte er als Gelegenheit, gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Deutschland zu verlassen.
Die Komödie spielt auf einer Brücke, die, über einen Grenzfluss führend, zwei Staaten miteinander verbindet. Auf der einen Seite wacht der Grenzer Thomas Szamek, am anderen Ende der Grenzer Konstantin. Im Niemandsland dazwischen findet sich Ferdinand Havlicek wieder, der nach dem Konkurs seiner Drogerie aus dem Staat, in dem er über fünfzig Jahre gelebt hat, abgeschoben wird. Über die Brücke möchte er zurück in sein Geburtsland. Jedoch hat er vergessen, dort die alle fünf Jahre erforderliche Erneuerung der Staatsbürgerschaft vorzunehmen, sodass er nun nicht mehr einreisen kann.
Horváths Grundidee ist bestechend: Die Brücke ist idealer Spielort und die Grenze – nicht nur geografisch begriffen, sondern auch in den Köpfen – liefert damals wie heute Stoff für neues Denken.

Bär im Universum von Dea Loher
Benny ist nicht der hellste Eisbär im Universum. Aber er weiß, dass er bald aussterben wird, wenn er sein Schicksal nicht selbst in die Hand nimmt. Weil ihm seine Eisscholle unter dem Hintern weggeschmolzen und weit und breit keine Eisbärin in Sicht ist, baut er sich kurzerhand ein Floß und macht sich auf den Weg, hinaus in die Welt. Dorthin, wo man gut leben kann, wo es nicht zu warm ist und wo es eine Freundin für ihn gibt. In Pollinesien wird er an Land gespült. Dort ist es zwar ziemlich warm und Eisbärinnen gibt es leider auch keine, doch dafür lernt er Polly kennen, das tollste Huhn, das er je getroffen hat. Und Polly ist ziemlich nett, kann gut Schneckenchili kochen und hat ein weiches „Fell“. Deshalb fragt Benny rundheraus, ob sie ihn heiraten will. Doch Polly sagt nein, sie beide seien zu verschieden. Sie hat eine bessere Idee: Sie gibt eine Kontaktanzeige für Benny auf. Wer sich da wohl meldet?
Die bekannte und vielfach ausgezeichnete Dramatikerin Dea Loher hat ihr erstes Kinderstück geschrieben. Darin widmet sie sich auf humor- und phantasievolle Weise den Auswirkungen unserer Lebensweise auf die Tier- und Umwelt und konfrontiert den sympathisch-naiven Antihelden mit Klimaerwärmung, Artensterben und der Vermüllung der Weltmeere. Bennys Geschichte hat ein Happy End – aber wie lange noch?

Farm der Tiere
Eine dystopische Fabel nach George Orwell
Wenige Mächtige beuten viele Rechtlose aus. So auch auf der Farm des Alkoholikers Mr. Jones. Er tyrannisiert seine Tiere und hält sie wie Sklaven, ihre Futtertröge bleiben oft leer. Bis der „Alte Major“, ein angesehener Zuchteber, von einem Traum erzählt: vom Traum der Freiheit. Und dann rebellieren die Tiere. Der Aufstand gelingt. „Jones war vertrieben, und die Herren-Farm gehörte ihnen.“
An dieser Stelle könnte die Geschichte zu Ende sein, doch sie fängt jetzt erst so richtig an. Die Tiere haben Großes vor: Sie wollen eine Gesellschaft errichten, in der es keine Gewalt und Unterdrückung gibt. Alle Tiere sollen gleich sein. Doch dann reißen die Schweine die Macht an sich und bald schwingt wieder jemand die Peitsche. „Die Tiere draußen blickten von Schwein zu Mensch und von Mensch zu Schwein, und dann wieder von Schwein zu Mensch; doch es war bereits unmöglich zu sagen, wer was war.“
Der Aufstand der Tiere in George Orwells Satire lässt sich nicht ausschließlich auf den von ihm gemeinten einmaligen historischen Tatbestand – die kommunistische Revolution von 1917 – anwenden, sondern vielmehr auf all jene Revolutionen, deren Motivationen ins Gegenteil kippen, weil die Machtmechanismen auch nach der Revolution die gleichen sind.

Anna Karenina
für die Bühne dramatisiert von Armin Petras nach dem gleichnamigen Roman von Leo Tolstoj
„Alle glücklichen Familien gleichen einander, jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise unglücklich“, schreibt Leo Tolstoj. Anna scheint glücklich in ihrer Ehe mit dem aufstrebenden Politiker Karenin. Doch dann begegnet sie dem jungen Wronski, es trifft beide wie ein alles versengender Brand. Anna kann sich nicht mit einer heimlichen Affäre begnügen. Sie gibt Wronski ihr ganzes Leben, verzichtet dafür sogar auf ihren Sohn. Von der Gesellschaft wird sie als unmoralisch gebrandmarkt und geächtet, denn der wahre Skandal ist, dass sie den Konventionen offen trotzt.
Auch die Figuren im Umfeld Annas stehen in komplizierten Beziehungen: Annas Bruder Stefan, der sich in der Rolle des Lebemanns gefällt und seine gutmütige Frau betrügt. Deren Schwester Kitty, die hoffnungslos in Wronski verliebt ist und ihren schüchternen Anbeter Lewin in eine tiefe Sinnkrise stürzt, und natürlich Karenin, Annas karrierebewusster Mann, der seine Reputation über alles stellt.
Tolstojs Roman beschreibt auf über 1000 Seiten die Zerrissenheit der großartig gezeichneten Charaktere, die in einen unauflöslichen Konflikt zwischen persönlichem Glücksstreben und der sozialen Verantwortung verstrickt sind. Armin Petras versucht gar nicht, dieses Gesellschaftspanorama der Belle Époque einzufangen. Er hat daraus ein Theaterstück destilliert, in dem es um die zeitlose Sehnsucht nach der großen, alles aus- und erfüllenden Liebe geht.

Open Air Theater am Münsterplatz
Viel Lärm um nichts
Komödie von William Shakespeare
Für das Freilichtspektakel am Münsterplatz entführt uns Shakespeares Komödie in die flirrende Welt des sommerlichen Siziliens und wartet auf mit einem der amüsantesten und unkonventionellsten Paare der Weltliteratur: der schlagfertigen Beatrice und ihrem wortgewandten „Gegner“ Benedikt. Die Schlacht ist geschlagen, das Fest kann beginnen! Als Sieger kommen Don Pedro und seine Männer nach Messina zu Leonato. Der junge Claudio verliebt sich in die schöne Hero, die Tochter des Gastgebers, und sogleich wird die Hochzeit vorbereitet. Währenddessen sollen Benedikt, ein Edelmann aus Padua, und Beatrice, die Nichte Leonatos, durch einen Streich zusammengebracht werden. Beide sind eingefleischte Singles, die in ihren witzigen Wortduellen immer wieder beteuern, wie wenig sie voneinander, vom Heiraten und überhaupt vom jeweils anderen Geschlecht halten. Sie erfahren nun, scheinbar zufällig und aus sicherer Quelle, dass sie vom andern heiß geliebt würden, dass er bzw. sie es nur nicht zugeben wolle und sich deshalb in Spott und Bosheit rette. Der Trick funktioniert und zur Freude aller scheinen beide plötzlich wie ausgewechselt.
Nur einem ist das Geturtel unerträglich: Don John, der seinem Halbbruder Don Pedro in der Schlacht unterlag. Er will Claudio und Hero entzweien und ersinnt deshalb einen hinterhältigen Plan, der beinahe eine Tragödie auslöst und einmal mehr zeigt, wie viel Lärm um nichts gemacht werden kann.

www.theaterkonstanz.de