Pier Paolo Pasolini beklagte Zeitlebens das Verschwinden einer bäuerlichen Welt. Deren Verlust musste auch Werner Berg in 50 Jahren seines Schaffens feststellen. Die Schau konfrontiert Bilder, Filme und Zitate der beiden und zeigt zusätzlich Alfred Hrdlickas Zyklus „Pasolini“. Den Kern der Ausstellung bilden neben den Werken Werner Bergs (1904–1981) dessen Texte, in denen er seine Absage an Wohlstandshörigkeit und Fortschrittsgläubigkeit bekräftigt. Seiner Zivilisationskritik werden Texttafeln mit Zitaten Pier Paolo Pasolinis (1922-1975) gegenübergestellt.

Pier Paolo Pasolini, Standbild aus dem Film Il vangelo secondo Matteo, 1964 © Societa Compass, Roma
Die beiden Künstler sind sich zeitlebens nie begegnet, doch sie gelangten in zahlreichen Überlegungen zu ähnlichen Schlussfolgerungen. Ohne die beiden mit ihren sehr unterschiedlichen Lebenswegen gegenseitig zu vereinigen, zeigt die komplexe Schau die Arbeit auf. Beide können sie als Propheten von Veränderungen gesehen werden, die heute die Welt bedrohen.
Der Schriftsteller und Regisseur Pier Paolo Pasolini – dessen Todestag sich 2025 zum 50. Mal jährt – erlebte eine Zeit als junger Erwachsener in der ländlichen Welt Friauls, die er mit 27 Jahren gezwungen war zu verlassen und in der er Zeitlebens eine vorbildhafte Lebensweise sah. Unermüdlich bemühte er sich auch um den Erhalt von Dialekten und regionalen Eigenheiten.
Mit 27 Jahren entschied sich Werner Berg für ein ausgesetztes Leben in selbstgewählter Armut in einem abgelegenen, ursprünglich verbliebenen Randgebiet der Gesellschaft. In radikaler lebenswirklicher Umsetzung verurteilte er eine bürgerliche Lebensweise mit ihrem Primat von Hab und Gut, sowie Konventionen und Konformismus. Als einfacher, hart arbeitender Bauer unter seinen langsamen Nachbarn dokumentierte er die Besonderheiten seiner Wahlheimat und ihrer Sprachgruppe.

Alfred Hrdlicka, Version politischer Fememord III, 1983 © Archiv Alfred Hrdlicka, Wien
In seinem erschütternden Zyklus „Pasolini“ zeigt Alfred Hrdlicka (1928-2009) mit über 40 Radierungen Pasolinis lebensbestimmendes Thema Homosexualität und die Erschütterung über dessen Ermordung eindrucksvoll und verstörend. Das von jahrzehntelanger Anfeindungen geprägte tragische Schicksal des großen italienischen Künstlers und Intellektuellen wird so immanenter Teil der Ausstellung. Die Gegend um den Tagliamento und das südlich der Drau gelegene Gebiet Kärntens veranlassten die beiden Künstler zu allgemeinen Einsichten angesichts einer anthropologischen Zeitenwende. Unabhängig voneinander stellt sie den Verlust einer seit Jahrhunderten bestehenden archaischen Kultur durch die, letzte Randgebiete erfassende, vollständige Industrialisierung und allgemeine Nivellierung fest. Gegenüberstellungen von Standbildern aus den Filmen Pier Paolo Pasolinis sowie von zwei seiner ebenfalls zu sehenden frühen Filme mit Werken Werner Bergs belegen auch die Übereinstimmung.
Die Kunst-Fassaden-Aktion soll auch im Jahr 2025 durchgeführt werden. Dabei erweitern großflächige Fassadengestaltungen die Ausstellung in der Innenstadt. Ein solches, ein ganzes städtisches Ensemble bestimmendes Übergreifen der Präsentation im Museum in den öffentlichen Raum stellt mittlerweile ein Alleinstellungsmerkmal der Kulturstadt Bleiburg/Pliberk dar.
1. Mai bis 9. November 2025
Im Skulpturengarten des Museums wird eine korrespondierende Ausstellung von Hans-Peter Profunser gezeigt. Geboren in Lienz und aufgewachsen in Berg im Drautal, erlernte dieser außergewöhnliche Künstler zunächst den Beruf des Maschinenschlossers. Erst im Jahr 1988 begann er seine bemerkenswerte Karriere als Bildhauer. Über einhundert Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland, die Teilnahme an Symposien sowie zahlreiche Auszeichnungen zeugen von der künstlerischen Gestaltungskraft Profunsers. Viele seiner Werke finden sich in privaten und öffentlichen Sammlungen wieder, während über zwanzig Skulpturen im öffentlichen Raum zu bewundern sind. Seine beiden großformatigen Metallskulpturen „Begegnung/ srečanje“ und „Die Getriebenen“ begrüßen bereits seit Jahren die in der Kulturstadt Bleiburg/Pliberk Reisenden an der nördlichen Gemeindegrenze.
www.wernerberg.museum

Hans-Peter Profunser, Verstickung, Stahl, Hanfseile; Krastaler Marmor, Foto © Thomas Taurer