Dieser Inhalt wurde archiviert. Er ist eventuell nicht mehr relevant.

Mitten in der Altstadt inszeniert das Gewerbemuseum Winterthur Ausstellungen an den Schnittstellen von Design, Kunst und Alltagskultur. Das Haus zeigt Gewohntes auf ungewohnte Weise, stellt relevante Fragen, präsentiert überraschende und sinnliche Einblicke in aktuelle Themen und Zeitphänomene und bietet einen breiten Zugang in die Welt der Materialien.
Mit Wechselausstellungen hat sich das Haus in den vergangenen Jahren einen festen Platz in der Schweizer Museumslandschaft geschaffen und zieht ein breites Publikum an. Daneben stellt das Gewerbemuseum Winterthur mit dem permanent eingerichteten «Material-Archiv» einem interessierten Publikum, Fachleuten, Berufs- und Hochschulen sowie Schulklassen aller Stufen ein interaktives Labor für Materialrecherchen zur Verfügung.

Hella Jongerius – Breathing Colour
Die niederländische Designerin Hella Jongerius ist für ihre einzigartige Auseinandersetzung mit Farben und Materialien international bekannt.
«Breathing Colour» zeigt raumgreifende Installationen, mit denen die Designerin die Wirkung und Wahrnehmung von Farbigkeit erforscht. Denn: Unsere Umwelt bietet eine immens reiche Mischung aus Farben, doch wir nehmen diese schier grenzenlose Vielfalt und Wandelbarkeit nur noch selten wahr.
Mit ihren phänomenologischen Studien thematisiert Hella Jongerius einen elementaren, aber auch unterschätzten Aspekt im zeitgenössischen Design. Sie sensibilisiert und schärft mit faszinierenden dreidimensionalen Formen, mit systematischen Anordnungen und vielfältigen textilen Werken den Blick für Farbnuancen, für Schattierungen und Reflexionen. So kreiert sie entlang der Tagesstimmungen am Morgen, Mittag und Abend mit Farbe, Material, Licht und Schatten ein fast unendliches Potenzial an Wirkungen. Weit über die gängigen codierten Farbsysteme hinaus gibt die Designerin den Farben einen Freiraum zurück, um sich neu zu entfalten – oder eben, in ihren eigenen Worten, um atmen zu können.
1993 gründete Hella Jongerius ihr eigenes Studio: Jongeriuslab. Zu ihren Auftraggebern zählen unter vielen mehr das niederländische Designkollektiv Droog, die Fluggesellschaft KLM Royal Dutch Airlines, der US-amerikanische Textilhersteller Maharam und die Designfirmen Vitra und Artek. Gleichzeitig waren ihre Werke in internationalen Museen und Galerien ausgestellt, wie zum Beispiel im MoMA in New York oder in der Galerie Kreo in Paris. «Breathing Colour» wurde in Zusammenarbeit mit dem Design Museum London entwickelt.
bis 22. August 2021

U-Joints oder Die Kunst des Verbindens, Part III
Ob Bastelei oder Hightech-Ingenieurskunst – überall müssen Teile verbunden werden. In jeder dieser Verbindungen steckt eine überzeugende Einfachheit, eine grosse Portion praktische Intelligenz oder gar ein Hauch von konstruktiver Genialität. Dieser immensen Bandbreite widmet sich das prozesshafte, auf mehrere Jahre angelegte Forschungsprojekt U-Joints von Andrea Caputo und Anniina Koivu mit einer Ausstellungsreihe und einem ambitionierten Buchprojekt.
Im Gewerbemuseum Winterthur werden nun die jüngsten Ergebnisse bis 9. Januar 2022 präsentiert: «Adhesives and Fusions». Die Verbindungstechniken des Klebens und Verschmelzens, meistens möglichst unauffällig eingesetzt – und allzu oft als banal betrachtet, werden für einmal ins Rampenlicht gerückt. Die Schau schafft informativ und ebenso fesselnd einen umfassenden Einblick in die vielfältige Leistungsfähigkeit von herkömmlichen wie auch innovativen Klebstoffen und Haftmitteln. Gleichzeitig beleuchtet sie traditionelle Schweisstechniken bis hin zu technologischen Schmelzverbindungen mit teils abenteuerlichen Namen wie Hochfrequenzschweissen, Plasmalöten, Stereolithografie oder 4D-Druck. Einige dieser Techniken haben einen grossen Einfluss auf Design und Architektur der Gegenwart oder weisen weiter in die Zukunft. Anhand von Objekten, Fakten und Hintergrundgeschichten werden diese näher beleuchtet.
bis 9. Januar 2022

U-Joints oder Die Kunst des Verbindens, Part III : Foto: Lorenz Cugini

U-Joints oder Die Kunst des Verbindens, Part III : Foto: Lorenz Cugini

Alchemie der Oberfläche
Peter Bauhuis, Laurenz Stockner, Anita Tarnutzer
Mit den drei künstlerischen Positionen von Peter Bauhuis, Laurenz Stockner und Anita Tarnutzer zeigt «Alchemie der Oberfläche», wie mit experimenteller Neugier und kreativer Materialforschung die Grenzen des Werkstoffs Metall ausgelotet und die visuellen Erscheinungen in unzählige Variationen weiterentwickelt werden können. Die Ausstellung im Gewerbemuseum Winterthur wird von der Sonderpräsentation «edel unedel» ergänzt, die Hintergründe zu den vielfältigen Methoden in der Metalloberflächenverarbeitung im Bereich des Kunsthandwerks beleuchtet. Der Münchner Künstler und Goldschmied Peter Bauhuis (*1965) präsentiert aus verschiedenen Metalllegierungen gegossene Gefässe, die durch das ungewöhnliche Verfahren archaisch anmutende Farben und Strukturen entwickeln. Seine Arbeiten sind geprägt von einer grossen Experimentierlust und langjährigen Erfahrungen. Dabei gelingt es ihm, in seinen Simultangussverfahren den Zufall so zu steuern, dass die Oberflächen seiner «Polycasts» dank überraschender Fliessspuren, Verkrustungen, feinen Rissen und Löchern in einer urtümlichen, aber auch verblüffend fantastischen und malerischen Qualität erscheinen. Der Südtiroler Laurenz Stockner (*1971) schmiedet Schalen aus mitunter selbstgewonnenem «Zementkupfer» und Eisen. In einem aufwendigen Prozess erarbeitet er sich das Rohmaterial für seine Gefässe in einem Verfahren, das in seiner Region seit der Antike bekannt ist. Seine Auseinandersetzung mit der Gewinnung des Grundstoffs und seine fundierten Kenntnisse der Schmelzverfahren sind für ihn grundlegender Bestandteil seiner Werke. Mit seinen Arbeiten lotet er auch immer wieder die Grenzen des Materials aus, dank dem sich seine hauchdünn ausgetriebenen Kupferschalen selbst im feinen Luftstrom verformen. Die Schweizer Kunstgiesserin und Künstlerin Anita Tarnutzer (*1977) bearbeitet mit natürlichen Oxidations- und Färbeverfahren Bronze- und Messingplatten. In ihrer Arbeit «Quintessenzen» sind es Pflanzen wie die Brennnessel, die Sauerampfer oder die Kamille, die Färbeprozesse auslösen und auf der Metalloberfläche einen unmittelbaren chemischen Abdruck hinterlassen. In experimentell angelegten Langzeitverfahren nutzt sie die Eigenschaft der unedlen Metalle, um aufgrund des spezifischen Einflusses von Erde, Pflanzeninhaltsstoffen oder auch Handschweiss zu reagieren und sich zu verändern.
19. September 2021 bis 6. Februar 2022

Alchemie der Oberfläche © Anita Tarnutzer

Alchemie der Oberfläche © Anita Tarnutzer

www.gewerbemuseum.ch