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Archivbasiert, thematisch hochaktuell und zukunftsorientiert – so lässt sich das eindrucksvolle Werk von Kapwani Kiwanga (*1978) beschreiben. Jüngst ausgezeichnet mit dem Zurich Art Prize (2022) und dem renommierten Prix Marcel Duchamp (2020), zeigt das Kunstmuseum Wolfsburg im Herbst 2023 in der großen Halle die erste umfassende Mid-Career-Retrospektive der kanadisch-französischen Künstlerin, die im Rahmen der 60. Biennale di Venezia 2024 den kanadischen Pavillon repräsentieren wird.

Kapwani Kiwanga, Terrarium, 2022, Glas, Quarzsand, Stoffe, Textilfarbe, Maße variabel, Installationsansicht, The Milk of Dreams – 59th Venice Biennale, Arsenale, Venice (IT), 2022 © Kapwani Kiwanga, Courtesy die Künstlerin und Goodman Gallery, Kapstadt, Johannesburg, London/Galerie Poggi, Paris/Galerie Tanja Wagner, Berlin,Foto: Sebastiano Pellion di Persano

Kapwani Kiwanga, Terrarium, 2022, Glas, Quarzsand, Stoffe, Textilfarbe, Maße variabel, Installationsansicht, The Milk of Dreams – 59th Venice Biennale, Arsenale, Venice (IT), 2022 © Kapwani Kiwanga, Courtesy die Künstlerin und Goodman Gallery, Kapstadt, Johannesburg, London/Galerie Poggi, Paris/Galerie Tanja Wagner, Berlin, Foto: Sebastiano Pellion di Persano

Kapwani Kiwanga versteht es, die Betrachter ästhetisch zu verführen und zugleich inhaltlich zu berühren. Denn sie nutzt die Macht von Farbe, Licht und Material, um Geschichte aus einer neuen Perspektive zu erzählen und auf Machtasymmetrien zu verweisen. Zarte Pflanzen bergen toxische Kraft und Geschichte, Farben entfalten manipulative Effekte und Licht wird als politisches Instrument entlarvt. So ist das herausstechende Merkmal ihres Werkes die künstlerische Übersetzungsleistung einer fundierten theoretischen Grundlage, wobei ihre Installationen, Bilder, Papierarbeiten, Fotografien und Videoarbeiten durch formale Klarheit und Reduktion bestechen. Dabei spannt Kapwani Kiwanga einen Bezugsbogen vom Lokalen zum Globalen, bezieht Standortfaktoren ein, thematisiert aber auch Kolonialismus, Postkolonialismus, Gender, Rassismus, Sklaverei, Glauben und Spiritualität. Als studierte Anthropologin und vergleichende Religionswissenschaftlerin verfügt sie über den wissenschaftlichen Hintergrund für ihre interdisziplinäre, gesellschaftsanalytische Praxis, in der sie mit sogenannten Exit-Strategien arbeitet. Sie sucht nach einem Vokabular, das zu multiperspektivischen Betrachtungsweisen des Bestehenden und verhärteter hegemonialer Strukturen einlädt, um diese in der Zukunft anders zu denken. Durch diese historisch-gesellschaftspolitische Dimension, die sich erst auf den zweiten Blick erschließt, bricht Kapwani Kiwanga den visuellen Genuss ihrer Arbeiten inhaltlich auf, doppelt ihren Effekt und verleiht ihnen eine nachhaltige Wirkung.

Kapwani Kiwanga, The Marias, 2020, Installationsansicht (Ausschnitt), Remai Modern, Saskatoon, Kanada, 2021 Leihgabe der IAC collection, Frankreich, © VG Bild-Kunst, Bonn 2023, Foto: Blaine Campbell

Kapwani Kiwanga, The Marias, 2020, Installationsansicht (Ausschnitt), Remai Modern, Saskatoon, Kanada, 2021 Leihgabe der IAC collection, Frankreich, © VG Bild-Kunst, Bonn 2023, Foto: Blaine Campbell

Aufgewachsen in Hamilton, Kanada, studierte Kiwanga Anthropologie und vergleichende Religionswissenschaften in Montreal, bevor sie am „La Seine“-Programm der Ecole Nationale Supérieure des Beaux-Arts de Paris teilnahm. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Paris und ist derzeit Stipendiatin des Harvard Ratcliffe Institute/Harvard University, USA.
16. September 2023  bis  7. Januar 2024

www.kunstmuseum.de