Immer wieder werden Menschen von Gemeinschaften für ein vermeintliches Gemeinwohl stigmatisiert und ausgegrenzt. Am Beispiel der abgeschiedenen Northern Region im Norden Ghanas widmet sich die Ausstellung „Witches in Exile” dem Glauben an Hexerei, der vornehmlich Frauen zu Sündenböcken werden lässt. Solche Vorstellungen existieren in vielen Weltregionen und beschränken sich keineswegs auf ländliche oder bildungsbenachteiligte Kreise. Heute finden in mehr als 40 Ländern Hexenverfolgungen statt.

Auf einer gemeinsamen Reise durch Ghana bis Burkina Faso im Jahr 2005 setzten sich die Künstlerinnen Ann-Christine Woehrl und Senam Okudzeto mit der zeitgenössischen Hexenverfolgung auseinander. Im Mittelpunkt der Sonderausstellung stehen Frauen, die der Hexerei bezichtigt wurden. Neid und Missgunst sowie der Vorwurf, für Krankheiten, Todesfälle, Dürren und andere Katastrophen verantwortlich zu sein, haben diese Frauen zu geächteten Außenseiterinnen gemacht. Oft in Todesgefahr, wurden sie in sogenannte „witch camps” exiliert. Diese Dörfer, von denen es in Ghana heute acht gibt, befinden sich in sehr abgelegenen Gebieten, weit entfernt von der Hauptstadt Accra. Aus diesem Grund waren sich nur wenige Menschen zur damaligen Zeit in Ghana ihrer Existenz bewusst. Ann-Christine Woehrl zeigt diese Frauen in einer eindringlichen konzeptionellen Porträtserie in ihrer ganzen Würde und Verletzlichkeit – und mit all ihrem Stolz. Den allgemeineren Kontext der Hexendörfer und der Porträts illustriert Senam Okudzeto in einer Multimedia-Installation – bestehend aus Fotografien aus dem erweiterten Archiv von Ann-Christine Woehrl sowie aus ihren eigenen Fotos, Zeichnungen und Malereien, die speziell für diese Ausstellung angefertigt wurden. Senam Okudzeto erzählt von der gemeinsamen Reise durch Ghana in die Northern Region, wo sie und Ann-Christine Woehrl zwei sehr unterschiedliche „witch camps” besucht haben – Kukuo und Gambaga. Die Arbeiten von Okudzeto und Woehrl veranschaulichen das soziale und wirtschaftliche Gefälle, welches zum damaligen Zeitpunkt zwischen den vom Volta-Stausee abgeschnittenen nördlichen Gebieten und dem sich rasch entwickelnden Zentrum Ghanas sowie seinen Küstenregionen mit seiner Hauptstadt Accra bestand.
Dadurch wird versucht, die Porträtserie, die zwischen 2009 und 2013 in den Dörfern Gambaga und Gushiegu entstanden ist, in einen komplexeren geografischen, zeitlichen, sozialen, politischen, religiösen und auch wirtschaftlichen Kontext einzubetten. Das Museum Fünf Kontinente nimmt die aktuell politische Brisanz des Themas in Ghana und den dortigen kritischen Diskurs über Hexenverfolgung und die Schließung der Hexendörfer zum Anlass, Witches in Exile zum jetzigen Zeitpunkt zu zeigen. Die ghanaische Historikerin Gertrude Nkrumah widmet sich hierfür den soziopolitischen Fragen der aktuellen Debatte.
24. November 2023 bis 5. Mai 2024

museum-fuenf-kontinente.de