Das Theater Bremen ist ein Vierspartentheater mit der Oper Bremen, dem Schauspiel Bremen, dem Tanztheater Bremen sowie dem MoKS Bremen. Hier einige Premieren der Spielzeit 2020/2021:
Mutter Vater Land von Akın Emanuel Şipal
„Wie kann man sich vor den Blicken anderer schützen? – Ich starre zurück.“ (Hengameh Yaghoobifarah) – Theater gilt als Ort der Empathie und Perspektivwechsel. Aber wie kann man andere Blickwinkel auch im realen Leben einnehmen? Es mehren sich die Stimmen derer, die allzu lange nicht gehört wurden. So versammelt etwa die Anthologie „Eure Heimat ist unser Albtraum“ (2019) Texte über Deutschland aus der Sicht von jenen Deutschen, denen das Deutschsein oft abgesprochen wird. Was hindert uns daran, die Vielfalt dieses Landes anzunehmen, die längst Realität ist? Akın Emanuel Şipal knüpft an aktuelle Debatten an und erzählt in seinem neuen Stück hundert Jahre Familiengeschichte zwischen Istanbul, Breslau, Adana, Wanne-Eickel, Athen und Hamburg. In Szenen, Träumen und Rachefantasien begegnen sich vier Generationen, erzählen von Tief- und Höhepunkten und bringen sich auf den neusten Stand. Jeder szenische Versuch setzt die Familiengeschichte in Beziehung zu gesellschaftlichen Umbrüchen der Vergangenheit, der Gegenwart und Zukunft.
Uraufführung 5. November 2020
WÜST oder die Marquise von O…. – Faster Pussycat! Kill! Kill! von Enis Maci
nach Heinrich von Kleist und Russ Meyer
„Knock me down nine times, but I get up ten.” (Cardi B.) – 1808. Eine junge Witwe ist schwanger und weiß nicht von wem. Über eine Zeitungsannonce wird der Vater gesucht, schließlich geht es um Familienehre, und da heiratet man eben auch einen Vergewaltiger. Aber Rache naht! Diese Frau will Gerechtigkeit. 1965. Drei Stripperinnen rasen mit ihren Sportwagen durch die Wüste. Sie fahren schneller und besser als jeder Mann und schrecken vor nichts zurück, um sich zu holen, was sie haben wollen. Das ist vor allem Spaß, aber auch: Geld. Kleist zeichnete in seiner Novelle das Bild einer jungen Frau, die sich durch die Wirren der patriarchalen Strukturen den Weg zur eigenen Gerechtigkeit bahnt, und Russ Meyer schuf einen Film, der im Nachhinein zu einem feministischen Klassiker werden sollte. Die junge Regisseurin Elsa-Sophie Jach arbeitet zum ersten Mal am Theater Bremen und findet in der Autorin Enis Maci eine Partnerin, um die normative Darstellung von Weiblichkeit für alle Zeiten in die Luft gehen zu lassen.
Uraufführung 20. November 2020
Die Italienerin in Algier / L’italiana in Algeri von Gioacchino Rossini
Halbszenische Aufführung
Ein neues Format: eine halbszenische Opernaufführung. Das Orchester sitzt auf der Bühne, vor ihm agieren die Sänger in Kostüm, aber mit sparsam gesetzten szenischen Mitteln. Weniger Tiefgründigkeit als vielmehr Spaß soll in Rossinis temporeicher Komödie herrschen, die lustvoll ungehobelt mit Geschlechterrollen spielt. „Din din tac tac cra cra bum bum“, Rossini kommentiert plastisch musikalisch das, was Isabella, die Italienerin, in Algier anrichtet: Chaos, Anarchie, die Umkehrung aller geltenden Werte. Eigentlich ist Isabella gekommen, um ihren Geliebten Lindoro zu befreien. Doch zuerst muss sie sich der Avancen des präpotenten Potentaten Mustafà erwehren. Dafür bedient sie sich zweier Mittel: Erotik und Aussicht auf einen Ehrentitel. Dass die Mitgliedschaft im Geheimorden der Pappataci nichts bringt und die Aufnahmebedingungen, nur zu schlafen und zu essen, vor allem Isabellas Flucht ermöglichen sollen, bemerkt der von Eitelkeit Geblendete zu spät. Und so bleibt Mustafà in einer Welt zurück, in der der männliche Herrschaftsanspruch zerfallen ist.
Premiere 11. Dezember 2020