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Die Fürstäbtliche Residenz Kempten ist die erste mo­numentale barocke Klosteranlage Deutschlands nach dem Dreißigjährigen Krieg. Nach der Zerstörung des 750 gegründeten Benediktinerstifts ließ der ehrgeizige junge Fürstabt Roman Giel von Gielsberg Kirche und Residenzgebäude von 1651 an in gewaltiger Größe neu errichten. Als Baumeister des Großprojekts berief er den Vorarlberger Michael Beer. Als Beer Ende 1653 aus dem Dienst schied, stand der Westflügel der Resi­denz. Für die übrigen Trakte existierten bereits die Fun­damente. Auch die Stiftskirche war schon in Teilen erbaut. Im Frühjahr 1654 trat der Graubündner Johann Serro die Nachfolge Michael Beers an. Mit einem Sakristeianbau verband er Kirche und Residenz und schloss den Hauptbau 1670 ab. Die Ausstattung der fürstäbtlichen Wohn­räume im Südflügel der Residenz erfolgte von 1732 bis 1742 unter dem kunstsinnigen Anselm von Reichlin­ Meldegg, der 1728 Rupert von Bodmann abgelöst hatte. Er aktivierte alle Kräfte für die große Aufgabe der Neuausstattung.
Zu den Künstlern zählten der Maler Franz Georg Hermann als künstlerischer Leiter, Aegid Verhelst als Bildhauer und der Stuckator Johann Georg Üblher. Die Abfolge der Räume entspricht dem im 18. Jahrhundert für Appartements von Regenten üblichen Schema: Festsaal – Vorzimmer – Audienzzimmer – Wohnzimmer – Schlafzimmer. Es fehlt lediglich das üblicher­weise an das Schlafzimmer angrenzende Kabinett, an dessen Stelle sich die Hofkanzlei befindet. 1732 bis 1735 arbeitete das Künstlerteam an den eigentlichen Wohnräumen, die im späten Régencestil gehalten sind. 1740 bis 1742 folgte dann als Krönung die Ausstattung des Festsaals, wohl nach Entwurf von Dominikus Zimmermann – ein Höhepunkt des bayerischen Rokoko.
Der über fünf Fensterachsen und zwei Geschosse reichende Rechtecksaal ist durch ein subtiles architektonisches System gegliedert und rhythmisiert und mit aufwändigen, vielfigurigen Stuckkompositionen Johann Georg Üblhers ausgestattet.
Das gesamte Tonnengewölbe wird von einem Deckenbild Franz Georg Hermanns überzogen, das die Verherrlichung des Fürst­stifts und seine Geschichte zum Thema hat. Das unverwechsel­bar Besondere der fürstäbtlichen Zimmer liegt zum einen in der Einbringung sakraler Architektur­ und Dekorationselemente in fürstliche Wohnräume, zum anderen in ihrer kräftigen, warmen Farbigkeit, die den Eindruck von Wohnlichkeit, Behaglichkeit und Heiterkeit erweckt.

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