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Als eines der international bedeutendsten Opernhäuser blickt die Wiener Staatsoper sowohl auf eine traditionsreiche Vergangenheit zurück als auch auf eine vielseitige Gegenwart: Jede Spielzeit stehen in rund 350 Vorstellungen mehr als 60 verschiedene Opern- und Ballettwerke auf dem Spielplan. Allabendlich sind neben den fest engagierten Ensemblemitgliedern internationale Stars auf der Bühne und am Dirigentenpult zu erleben, im Graben begleitet von einem einzigartigen Orchester: dem Staatsopernorchester, dessen Musiker in Personalunion den Klangkörper der Wiener Philharmoniker bilden.
Hier einige Opernhighlights von 2021:

Carmen von Georges Bizet
Dass die Oper ausschließlich in den unteren Gesellschaftsschichten, bei Soldaten, Schmugglern, spanischen Roma und Fabrikarbeiterinnen spielt, empfand das Pariser Publikum bei der Uraufführung 1875 als schockierend. Auch dass der sterbenden Titelheldin eine Abschiedsarie verweigert wird, empfand man als Ausdruck von Härte und Gewaltsamkeit. Erst mit der Wiener Aufführungsserie begann noch im gleichen Jahr der Siegeszug der „Carmen”. Zwei musikalische Motive prägen die Oper: Der selbstbewusste Refrain des berühmten „Toréador”-Liedes und ein geheimnisvolles, düsteres Motiv, das mit Carmens vorzeitigem und gewaltsamen Tod, der von ihr als schicksalhaft empfundenen wird, in Verbindung steht. Als im Finale in der Stierkampfarena der siegreiche Torero bejubelt wird, während die erstochene Carmen vor ihren Toren zusammenbricht, treffen die beiden Melodien zusammen.
Erstmals wird die weltweit als Carmen gefeierte Anita Rachvelishvili diese Rolle an der Wiener Staatsoper verkörpern, in den Aufführungen im Mai und Juni folgt ihr Michèle Losier. In Wien zuhause, aber erstmals an der Staatsoper zu Gast ist der Dirigent Andrés Orozco-Estrada.
Nachdem Calixto Bieito als Schauspielregisseur Berühmtheit erlangt hatte, war „Carmen” 1999 seine erste große Opernregiearbeit. Seither hat er diese legendäre Inszenierung mehrfach überarbeitet und verfeinert. Für ihn ist Carmen weder die Männerphantasie einer Femme fatale noch Emanzipations-Symbol, sondern eine individuelle Persönlichkeit.
1. März, 26.und 29. Mai, 2., 6. und 9. Juni

Rigoletto von Giuseppe Verdi
„Es gibt kein richtiges Leben im falschen”, lautet einer der bekanntesten Sätze Adornos. Präzise trifft er auf Verdis „Rigoletto” zu: Als Mitläufer des leichtfertigen Herzogs wird der Hofnarr Rigoletto zum Täter und versucht gleichzeitig, seine Tochter Gilda vor der sie umgebenden Welt abzuschirmen. Doch umsonst: Das Lavieren endet in einer Katastrophe, Gilda wird entführt, verführt und opfert schließlich für den haltlosen Herzog ihr Leben.
Der US-ameri­kanische Bassbariton Quinn Kelsey wird als Rigoletto in einer seiner Paraderollen sein Staatsopern-Debüt geben, Nina Minasyan singt als Gilda ebenfalls erstmals im Haus am Ring.
21., 24., 27. und 30. März

Parsifal von Richard Wagner
Die Handlung spielt in der Zeit der christlichen reconquista auf der teilweise arabisch besetzten spanischen Halbinsel. Der dort wirkende Männerbund der Gralsritter ist in die Krise geraten. Denn immer wieder desertieren Ritter in das Gegenreich des Zauberers Klingsor, der sich in seinem Streben nach sexueller Askese selbst entmannt hatte und vom Kreis der Ritter zuvor zurückgewiesen worden war. Seine Kastration gab Klingsor die Macht, Frauen zu beherrschen. Diese setzt er nun ein, um die keuschen christlichen Ritter zu Fall zu bringen. Sogar den Gralskönig Amfortas konnte er zu einem Fehltritt verleiten, bei dem er ihm seinen heiligen Speer entwendete und eine unheilbare Wunde schlug. Dadurch ist Amfortas seine rituelle Pflicht der Gralsenthüllung zur Tortur geworden, die er nur noch unter dem Druck seines »im Grabe lebenden« Vaters vollzieht und nach dessen Tod gänzlich verweigert. Einzig einem »reinen Toren« ist es bestimmt, den Sündenfall des Gralskönigs rückgängig zu machen und seine verheerenden Folgen aufzuheben. Eine entscheidende Rolle bei diesem Erlösungswerk kommt einer rätselhaften Frau zu, die unter verschiedenen Identitäten sowohl auf dem Gebiet der Gralsburg als auch in Klingsors Zauberschloss unterwegs ist.
Am Pult steht Philippe Jordan, der Musikdirektor des Hauses, der Wagners zukunftweisendes Alterswerk erstmals in Wien dirigiert. In nahezu allen Partien sind Rollendebüts von in Wien wichtigen Gästen zu erleben: Ludovic Tézier als Amfortas, Georg Zeppenfeld als Gurnemanz und Wolfgang Koch als Klingsor. Elina Garanca, ehemaliges Ensemblemitglied und heutiger Weltstar, gibt an der Seite von Jonas Kaufmann ihr weltweites Rollendebüt als Kundry.
1., 4., 8. und 11. April 2021

Turandot von Giacomo Puccini
Die Geschichte von einer männermordenden chinesischen Prinzessin fand in der Kulturgeschichte vielfache Bearbeitung, aber erst Puccinis Fassung verschaffte dem Sujet dauerhaft Aufnahme ins Repertoire. Dabei trieb der Komponist den alten Sagenstoff weit ins Psychologische und schuf Figuren von verstörender Mehrdeutigkeit. In Puccinis Fassung ist es die Vergewaltigung einer Ahnin, die die »eisumgürtete« Prinzessin Turandot rächt: Sie stellt den sie begehrenden Männern unlösbare Rätsel und lässt die versagenden Freier hinrichten. Nur dem Prinzen Calaf gelingt es, sowohl auf intellektueller als auch auf emotionaler Ebene, Turandot zu besiegen: Er löst die Rätsel und gewinnt ihre Liebe. Dass es dabei auch um eine höchstpersönliche Auseinandersetzung Puccinis mit den Themen Liebe und Tod ging, zeigt Regisseur Marco Arturo Marelli, indem er in seiner Inszenierung den Komponisten selbst die Bühne betreten lässt. Mit Calafs »Nessun dorma« schuf Puccini darüber hinaus eine der bekanntesten Arien der Musikgeschichte, die wie keine andere auch jenseits des Opernbetriebs gesungen und rezipiert wird. In der aktuellen Aufführungsserie, die der italienische Dirigent Giampaolo Bisanti leitet, singt Fabio Sartori erstmals den Calaf, Anna Pirozzi kehrt nach ihrer Abigaille als Turandot ans Haus zurück
12., 16. und 19. April 2021

Die Walküre von Richard Wagner
Mit dem vierteiligen „Ring des Nibelungen” schuf Wagner aus dem Geist des frühen Sozialismus in einem mehr als 25 Jahre dauernden Schaffensprozess das bis dahin gewaltigste zusammenhängende Werk der Operngeschichte – eine weltenumspannende, offen kapitalismuskritische Parabel über den unversöhnlichen Gegensatz von Macht und Liebe. Der aus dem Gesamtzusammenhang oft herausgelöste und separat gezeigte zweite Teil – „Die Walküre” – vereint eine Vielzahl der populärsten musikalischen Abschnitte der Tetralogie wie Siegmunds Frühlingsgesang »Winterstürme wichen dem Wonnemond«, die Todesverkündigung, den Walkürenritt oder Wotans Abschied. Erzählt wird das Scheitern des für die Welterlösung vorgesehenen Helden Siegmund und die zugleich aufkeimende Hoffnung auf Rettung durch die abtrünnige, ihrem Vater Wotan sich widersetzende Walküre Brünnhilde. Die Aufführungsserie bringt gleich fünf wichtige Wiener Rollendebüts: Martina Serafin als Brünnhilde (sie singt in der Spielzeit noch die Marschallin und die Lady Macbeth), Günther Groiss­böck als Wotan (er ist auch als Fiesco und Ochs zu erleben), der im deutschen Fach weltweit gefeierte österreichische Tenor Andreas Schager als Siegmund, Okka von der Damerau als Fricka und Mika Kares als Hunding. Ein Wiedersehen und Wiederhören gibt es darüber hinaus mit Camilla Nylund als Sieglinde.
18., 21., 25. und 28. April 2021

Faust von Charles Gounod
Nicole Car verkörpert in ihrem Staatsoperndebüt die französische Marguerite, die so ganz anders ist als Goethes deutsches »Gretchen«. Auch Adam Palka als Méphistophélès und Boris Prýgl als Valentin werden erst-mals an der Wiener Staatsoper zu erleben sein. Der Dirigent Bertrand de Billy hingegen hat bereits die Premiere der letzten »Faust«-Produktion musikalisch geleitet, bei der er vor allem auch durch seine differenzierte Klanggestaltung beeindruckte.
Frank Castorf, der als wohl einflussreichster Regisseur der letzten Deka-den das Theater weltweit verändert hat, entfaltet in seiner Inszenierung eine vielfach geschichtete Geschichte: Das Paris der Uraufführungszeit trifft auf das Paris um 1960, in dem Konflikte kulminierten, die in der hochkapitalistischen und kolonialistischen Zeit Gounods ihren Ausgangspunkt hatten und zugleich zu den Krisen unserer europäischen Gegenwart führten. Das Regieteam fügt dem Werk durch die Vielzahl von Verweisen eine neue Komplexität hinzu. So hat der philosophische „Geist, der stets verneint” in der Oper selbst zwar keinen Auftritt mehr, doch umso machtvoller hat er in ihrem Inszenierungsprozess gewirkt: „Ich bin für die Irritation, das mephistophelische Prinzip der Verneinung, ohne zu sagen für wen, warum und wieso”, hat Castorf in einem Gespräch einmal bekannt.
29. April, 2. Mai 2021

Macbeth von Giuseppe Verdi
Die groß besetzte Oper wird zum alptraumhaften Kammerspiel, bei dem bis zum Schluss unklar bleibt, was reales und was halluziniertes Geschehen ist. Eine Grenzerfahrung, passend zu Verdis radikalen Psychogrammen. Der Musikdirektor der Staatsoper, Philippe Jordan, wird diese Musik gewordene Extremsituation dirigieren.
Für „Macbeth“ wünschte sich Verdi keinen schönen Gesang, sondern extremen dramatischen Ausdruck mit Mut zur Abscheulichkeit: Deklamation, gedämpfte, erstickte, raue und dumpfe Stimmgebung. Insbesondere »die beiden wichtigsten Nummern« – das Duett zwischen der Lady und Macbeth in der Mordnacht sowie die Schlafwandelszene der Lady – »dürfen absolut nicht gesungen werden«. Scheinbar paradox zieht Verdi aber auch noch einmal alle Register eines hochdramatischen Koloratursoprans, dessen Koloraturen und Fiorituren eine perfekte Belcanto-Technik verlangen. Ihre letzte Phrase soll Lady Macbeth nur noch mit einem fil di voce, also mit einem Hauch (wörtlich: einem Faden) von Stimme spannen. Anna Netrebko wird diese abgründige Figur erstmals an der Wiener Staatsoper verkörpern.
10., 14., 17., 21., 24. und 28. Juni 2021

Der Rosenkavalier von Richard Strauss
Mit dem 1911 uraufgeführten »Rosenkavalier« ge­lang Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal die Gestaltung einzigartiger Momente der Operngeschichte: von den Monologen der Marschallin über die Rosenüberreichung bis zum verklärten Schlussterzett. Dabei sollte das Kolorit eines erfundenen theresianischen Wiens weniger zur sentimentalen Rückschau einladen, als einen Blick ins Kaleidoskop menschlicher, auch gebrochener, Empfindungswelten gestatten. In Wien zählt der »Rosenkavalier« zum zentralen Repertoirebestand, dem sich stets auch die großen Interpreten am Dirigentenpult widmeten. Das zeigt sich etwa an der aktuellen Produktion, die im Jahr 1968 unter Leonard Bernstein zur Premiere kam. Philippe Jordan, den eine hohe Affinität mit dem Strauss-Repertoire verbindet, leitete bereits eine musikalische Neueinstudierung des »Rosenkavaliers« an der Wiener Staatsoper und dirigierte die Oper zudem in Mailand, Berlin und Paris. Als neuer Musikdirektor der Wiener Staatsoper wird er das Werk nun abermals musikalisch neu einstudieren und in gleich zwei Serien mit exquisiten Sängerbesetzungen leiten.
13., 16. und 20. Juni 2021

Lohengrin von Richard Wagner
Wie bei Wagner üblich ging der Konzeption und Schöpfung des vom Komponisten als romantische Oper bezeichneten »Lohengrin« die Lektüre zahlreicher Schriften über den geheimnisvollen Schwanenritter voraus. Und so spielen in diesem 1850 unter Franz Liszt uraufgeführten Werk die bekannten Sagen-Elemente vom gralsgesandten Retter, vom Brechen des Frageverbotes und von der dunklen Welt der Zauberin Ortrud auch eine wichtige Rolle. Dennoch lässt sich »Lohengrin«, wie alle Opern Wagners, nicht auf die Vertonung eines mittelalterlichen Stoffes reduzieren. Vielmehr ging es Wagner darum, gesellschaftspolitische Utopien von einer gerechten Welt aufzuzeigen, die er in das Gewand eines halb historischen, halb sagenhaften Geschehens kleidete. Mit Sara Jakubiak als Elsa wird sich eine stimmlich wie darstellerisch weltweit hochgelobte Sängerin dem Staatsopern-Publikum vorstellen, Tanja Ariane Baumgartner hingegen debütierte vor einigen Jahren im Haus am Ring als Brangäne und kehrt nun erstmals als Ortrud zurück. Zu den derzeit unbestritten wichtigsten Lohengrin-Sängern zählt Klaus Florian Vogt, der nicht zuletzt durch sein ganz spezielles, unverwechselbares Timbre einen Platz in der Interpretationsgeschichte beanspruchen darf.
19., 23., 27. und 30. Juni 2021

www.wiener-staatsoper.at