Dieser Inhalt wurde archiviert. Er ist eventuell nicht mehr relevant.

In der Begegnung mit den geisterhaften Skulpturen Dominique Whites stellt sich ein Gefühl ein – schwankend zwischen Schwere und Leichtigkeit wird Erinnerung kreiert, kann erfahren werden.

Basierend auf ihren fundierten Recherchen befasst sich die Künstlerin mit Schwarzsein in seinen konzeptionellen und materiellen Implikationen. Ihre Skulpturen fungieren als Materialisierung Schwarzen Lebens jenseits seiner subjektiven Grenzen, als Leuchttürme oder Gefäße einer ignorierten Zivilisation, die als staatenlos definiert wird. Sie geht dem Fortbestehen dessen nach, was in uns und um uns herum materiell verschwunden ist. In ihren Werken verschränkt sie Theorien der Black Subjectivity, des Afro-Pessimismus und der Hydrarchie – die Struktur, durch die imperiale Regierungen ihre Macht an Land behaupten, indem sie die Ozeane beherrschen – mit den nautischen Mythen der Schwarzen Diaspora zu einem Begriff, den sie als „Shipwreck(ed)“ definiert, ein reflexives Verb und ein Zustand des Seins.
Im Nirgendwo, das von den gespenstischen Ruinen Schwarzer Leben bewohnt wird, genauer gesagt im Abgrund des Atlantiks, existiert ein lebendiges Vokabular, das immer wieder fantastische Kreaturen, Mythen und Fiktionen hervorbringt, die aus der undenkbaren Vereinigung des ungeborenen Kindes der Versklavten und der Schiffbrüchigen hervorgehen. Die Skulpturen von Dominique White sind Manifestationen dieser bedeutungsvollen, wenn auch enteigneten Äußerungen. In ihrem Werk greift sie verschiedene Legenden auf, die sich im Wasser abspielen und dort ihren Grund haben.

Dominique White, Flagged Out I, 2020, installation view. Courtesy: the artist

Dominique White, Flagged Out I, 2020, installation view. Courtesy: the artist

Ihre Werke fungieren als abstrakte Gedenkskulpturen, die wirken, als seien sie dem Atlantik entnommen, Monumente einer Unterwassernation, die aus gesunkenen versklavten Menschen besteht. Viele Schwarze Zukünfte werden im Weltraum oder unter Wasser imaginiert. Whites Forschung ist inspiriert von den Klängen des Detroit Techno, wobei sie sich vor allem auf afrofuturistische Erzählungen (im Raum, vor allem aber unter Wasser) bezieht, wie sie von DJ Stingray, Drexciya und Tygapaw geschildert werden. Ihre Recherchen gehen über das Greifbare hinaus: Sie ist neugierig auf die Zerstörung und den Mythos, den die Wirbelstürme in der Karibik im Meer hinterlassen.
Dominique Whites Skulpturen sind ein Spiel mit Erinnerung und Metamorphose. In ihren unvorhersehbaren Formen hält das Verschwundene im Rahmen ihrer ersten Einzelausstellung in einer deutschen Institution Einzug in die Räume der Kunsthalle Münster.
9. Dezember 2023 bis 10. März 2024

www.kunsthallemuenster.de