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Wir alle sind in Familien aufgewachsen und auch wenn wir diese als Heranwachsende verlassen, bleiben wir meistens weiterhin mit unserer Ursprungsfamilie in Kontakt. Was wir in unserer ›Familie‹ erleben, ob wir Einzelkinder sind oder Geschwister haben, hat Auswirkungen auf unser gesamtes Leben. Überraschenderweise jedoch wurde die längste und nicht selten intensivste Beziehung im Leben eines Menschen – die Geschwisterbeziehung – bislang in den Wissenschaften kaum erforscht und noch nie zum Thema einer Ausstellung gemacht.

Mit Sisters & Brothers. 500 Jahre Geschwister in der Kunst dokumentiert die Kunsthalle Tübingen das facettenreiche Thema der Geschwisterbeziehung in der bildenden Kunst erstmals umfassend mit rund 100 Werken. Aus kulturhistorischer Perspektive machen die gezeigten Gemälde, Skulpturen, Objekte und Videos die Veränderung der Geschwisterdarstellungen vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart anhand eines chronologischen Parcours anschaulich. Dieser führt vom schönen Schein der Genremalerei über das romantische und bürgerliche Geschwisterbild bis zu Darstellungen der Gegenwart. Gerade die zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstler brechen die historischen Geschwisterdarstellungen in ihren Werken heute nicht nur ironisch, sondern unternehmen darüber hinaus eigene „Tiefenbohrungen”, die auch die herausfordernden Seiten in den Beziehungen von Geschwistern ausleuchten. Nicht zuletzt zeigen sie, dass das Thema auch Zukunftspotential birgt.
Ob Zwillinge, Geschwister, Stiefgeschwister oder Geschwister im Geiste, wer mit anderen aufwächst, ist konfliktfähig und übt sich meist früh in Fürsorge und Solidarität – kurz der oder die erwirbt sich wichtige Schlüsselqualifikationen für ein menschliches Miteinander.
Begleitend zur Ausstellung entsteht ein umfangreicher interdisziplinärer Katalog mit Beiträgen von Tilman Allert, Nicole Fritz, Tilo Grabach, Zita Hartel, Bernd M. Meyer, Sabine Wienker-Piepho. Die Publikation leistet einen wichtigen Auftakt für eine längst überfällige, fundierte Analyse von Geschwistern in unserer Gesellschaft.
bis 16. April 2023

August Macke, Zwei Schwestern, 1911 © Lehmbruck Museum, Duisburg

August Macke, Zwei Schwestern, 1911 © Lehmbruck Museum, Duisburg

Die Ausstellung wird anschließend vom Lentos Kunstmuseum Linz, Österreich übernommen. (26. Mai bis 17. September 2023)

kunsthalle-tuebingen.de