Großflächige Malereien auf Seide verbunden mit multimedialen Arbeiten im Raum prägen das Werk der britischen Künstlerin Emma Talbot, das diese für das KunstHausWien, einem Museum der Wien Holding, eigens adaptiert hat. In ihrer eigenwilligen, von Geistern und Naturwesen bevölkerten Welt verschwimmen die Grenzen zwischen dem Menschsein und der Natur zu einer höheren Einheit. Emma Talbots Werke fordern dazu auf, die Natur nicht als bloße Ansammlung von Ressourcen, sondern als Spiegel unserer eigenen Existenz zu betrachten.
Gerlinde Riedl, Direktorin des KunstHausWien: „Was mich an Emma Talbot fasziniert, ist ihre Fähigkeit, die natürliche und spirituelle Welt als ein lebendiges, miteinander verwobenes Ganzes darzustellen. Ihre Arbeiten bilden eine perfekte Synthese mit der Kunst von Hundertwasser und Anne Duk Hee Jordan. Denn genau diese Verbundenheit und Gesamtheit natürlicher Prozesse möchte das KunstHausWien aus verschiedenen künstlerischen Perspektiven sichtbar machen.“
Kuratorin Barbara Horvath: „Im Allgemeinen geht es in Emma Talbots Arbeiten darum, was die persönliche menschliche Erfahrung ausmacht. Welche inneren Erzählungen, welche persönlichen Gedanken und Gefühle bestimmen unser Verständnis der Welt? In dieser Ausstellung wird dies auch in einen Kontext gestellt, den wir alle teilen, nämlich unsere Beziehung zur Natur.“
Den Ausgangspunkt von Emma Talbots Werken bilden subjektive, intuitive Zeichnungen, aus denen auf Seide gefertigte Malereien, skulpturale Ensembles und filmische Animationen entstehen. In der nahezu 14 Meter langen Seidenmalerei Ghost Calls (2021) erscheint das Gespenstische als Echo vergangener Möglichkeiten und verlorener Zukunft. Vor dem Hintergrund der humanitären und ökologischen Krisen unserer Zeit imaginiert die Künstlerin eine Welt nach dem systemischen Kollaps. Auf zehn aufeinanderfolgenden bemalten Textilbahnen, die im Projektraum des KunstHausWien auf geschwungenen Trägern präsentiert werden, sind gesichtslose langhaarige Wesen dargestellt, die sich durch diese beschädigte Welt bewegen. Kauernd, kletternd und laufend erkunden sie eine epische Landschaft, die von schottischen Landschaftsbildern geprägt ist. Mitunter begegnen die Wesen mythischen Vögeln, über ihnen schweben geisterhafte Erscheinungen; dabei erkennen sie sich selbst als Teil des zyklischen Prozesses von Leben und Sterben.
Talbots zart gezeichnete Wesen tauchen auch in der filmischen Animation Keening Songs (2021) auf. „Keening“ bezeichnet die gälisch-keltische Tradition des Wehklagens, die in Irland und Schottland überliefert ist. Indem sie ihre Zeichnungen animiert und in Bewegung versetzt, erweckt Talbot ihre Landschaften und Figuren zum Leben. Begleitet werden die Bilder von Ambient Sounds, deren Rhythmen zuweilen mit klagenden Gesängen vermischt sind.
Die dreidimensionale Arbeit Talking to Nature (2020) verkörpert den Dialog des Menschen mit der natürlichen Welt. Ein mit einer samtigen Textur überzogenes weibliches Wesen sitzt einer Schlange gegenüber – in vielen Kulturen Symbol für Weisheit, Wiedergeburt und Transformation – und offeriert ihr eine Kette aus roten und grünen Glasperlen. Diese imaginäre Szene versucht, einer nicht greifbaren Idee Gestalt zu verleihen: Kann man sich mit der Natur unterhalten?
11. September 2024 bis 5. Jänner 2025
www.kunsthauswien.com