Erstmals finden sich drei Museen aus Liechtenstein, Österreich und der Schweiz zu einem grenzüberschreitenden Gedenkprojekt zusammen. Haupt-Projektpartner sind das Museum Prestegg in Altstätten SG, das Jüdische Museum Hohenems und das Liechtensteinische Landesmuseum.
Unter dem gemeinsamen Titel „Gemeinsam erinnern im Rheintal” stehen drei thematisch verknüpfte Ausstellungen in Altstätten und Vaduz im Mittelpunkt. Jede Ausstellung widmet sich einem spezifischen Aspekt der Jahre 1938 bis 1945 und beleuchtet die regionalen Ereignisse und persönlichen Schicksale aus unterschiedlichen Perspektiven. Zusammen eröffnen sie ein vielschichtiges Bild der Vergangenheit und laden dazu ein, diese kritisch zu reflektieren.
Was hat der Zweite Weltkrieg mit uns heute zu tun? Viel mehr, als wir vielleicht denken! In unserem Projekt „Gemeinsam erinnern im Rheintal” blicken wir zurück auf die Zeit von 1938 bis 1945 – eine Epoche voller Herausforderungen, Schicksale und Wendepunkte, die auch unsere Region geprägt hat.
Das Projekt ist mehr als nur drei Ausstellungen. Es ist eine Einladung, sich zu erinnern und gemeinsam nach vorne zu schauen. Im Rheintal, in Liechtenstein und darüber hinaus wird eine länderverbindende Erinnerungskultur geschaffen, die Grenzen überwindet und die Gemeinschaft stärkt.
Ein Blick in die Vergangenheit, der uns heute bewegt
Was bedeutete der Krieg für die Menschen im Rheintal? Wie sah ihr Alltag aus? Und was geschah an der Grenze zur Schweiz, wo sich Menschen auf der Flucht vor dem Schrecken der Nazis Hoffnung erhofften? Diese und viele weitere Fragen stehen im Zentrum von drei spannenden Ausstellungen.

Lebensmittelmarke November 1945 © Liechtensteinisches Landesmuseum, Foto: Sven Beham
Die Vergangenheit verstehen
In einer Welt, die von Konflikten, Flucht und sozialen Spannungen geprägt ist, darf eines nicht vergessen werden: Die Geschichte. Das Projekt „Gemeinsam erinnern im Rheintal” zeigt, wie nah die Ereignisse von 1938 bis 1945 auch heute noch sind. Die Geschichten aus dem Rheintal sind nicht nur Regionalgeschichte – sie sind ein Spiegel globaler Herausforderungen.
Das Rheintal war keineswegs isoliert, sondern Teil des Dramas des Zweiten Weltkriegs. Indem die Schicksale vor Ort wieder sichtbar gemacht werden, kann nachvollzogen werden, wie sich die „grosse Geschichte” von damals auf das persönliche Umfeld der Menschen im Rheintal ausgewirkt hat und teilweise bis heute auswirkt.
Eine verbindende Erinnerungskultur
Mit dieser internationalen Zusammenarbeit möchten wir eine verbindende Erinnerungskultur schaffen, die regionale Perspektiven aufgreift und sie in einen globalen Kontext stellt. Die gemeinsame Auseinandersetzung mit der Vergangenheit fördert das Verständnis für historische Zusammenhänge und legt den Grundstein für ein friedliches Miteinander in der Zukunft.

Landdienst: Junge Männer beim Mähen, v.l. Jakob Wachter, Hans Walser, Hugo Gassner (später Lehrer und Gemeindearchivar in Schaan, gest. 2009), Anton Wachter. Foto: Hans Walser, Schaan Copyright: Liechtensteinisches Landesarchiv / Vaduz Quelle: Liechtensteinisches Landesarchiv / Vaduz
Ein Projekt für die Zukunft
Das Projekt zeigt: Geschichte ist lebendig und wichtiger denn je. Gemeinsam kann regionale Geschichte entdeckt und daraus globale Perspektiven für eine friedlichere Welt entwickelt werden. 80 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg ist es nicht nur Zeit zu erinnern, sondern auch daraus Impulse zu gewinnen für unser künftiges Handeln.
In einer Zeit, die weiterhin von Konflikten und gesellschaftlicher Polarisierung geprägt ist, zeigen die Ausstellungen, wie wichtig es ist, aus der Geschichte zu lernen. Die persönliche Dimension der gezeigten Schicksale lädt dazu ein, die Vergangenheit zu verstehen, über die Gegenwart nachzudenken und Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen. Mit einem innovativen Ansatz, der historische Aufarbeitung und moderne pädagogische Vermittlung verbindet, richtet sich die Ausstellung insbesondere an junge Menschen. Interaktive Lernmodule und persönliche Lebensgeschichten fördern kritisches Denken und historisches Bewusstsein.
Für Menschlichkeit, Toleranz und Solidarität
In Zeiten von wachsendem Misstrauen, Polarisierung und neuen Krisen erinnert dieses gemeinsame Projekt an das, was wirklich zählt: Zusammenhalt, Empathie und Respekt. Durch die Wiederbelebung regionaler Geschichten schafft es eine Verbindung zwischen dem Gestern und dem Heute – gerade für die junge Generation.
Jetzt ist die Zeit, zu erinnern – und zu handeln!
www.gemeinsam-erinnern.ch
Museum Prestegg, Altstätten: Im Schatten des Krieges. Alltag im Rheintal
Im März 1938 erlebte die Rheintaler Bevölkerung den Anschluss Österreichs an Hitlers Grossdeutschland hautnah. Über Nacht wurde die österreichisch-schweizerische Grenze zur deutschen Grenze. Die Schweiz reagierte mit dem Zusammenzug des Landjägerkorps im Rheintal, sperrte Brücken und befestigte sie mit Stacheldraht. Zeitzeugen erinnern sich an verschiedene Aspekte des Alltags im Schatten des Kriegs. Der Lehrer Jakob Boesch aus Berneck nannte die Gefahr, die von Nazideutschland ausging, in seiner Chronik 1938 eine „dunkle Drohung”. Mit dem Ausbruch des 2. Weltkriegs am 1. September 1939 wurde diese dunkle Drohung Realität. Von 1938 bis 1945 lebten die Menschen im Rheintal ihren Alltag in einer schwierigen Zeit, in der die Bedrohung durch den Krieg stets im Hintergrund lauerte. Die Ausstellung gibt Einblicke in das Leben und die Erlebnisse der Rheintaler und Rheintalerinnen und lässt Zeitzeugen zu Wort kommen. Anhand von Fotografien und historischen Dokumente wird illustriert, welche Herausforderungen im Schatten des Krieges zu bewältigen waren.
31. August 2025 bis 27. Januar 2027
„Rettende Schweiz? Flucht im Rheintal”
Tausende von Menschen – Jüdinnen und Juden, Oppositionelle, Zwangsarbeiter und Deserteure – versuchten zwischen 1938 und 1945 aus dem Deutschen Reich über den Rhein in die Schweiz zu fliehen. Wo sie Rettung erhofften, erwartete sie oft Abweisung oder ein jahrelanger Kampf um Asyl. Im August 1938 und nochmals im August 1942 schloss die Schweiz ihre Grenzen und wollte, wenn überhaupt, nur Durchreisende hereinlassen. Insbesondere Juden sollten nicht aufgenommen werden, egal ob sie sich aus dem Deutschen Reich, dem besetzten Frankreich oder schliesslich aus Italien vor der Vernichtung durch die Nazis und ihren Kollaborateuren retten wollten. Mit dem Fokus Rheintal erzählt die Ausstellung die Geschichten dieser Menschen und die ihrer zurückgebliebenen Familien im Kontext der schweizerischen Flüchtlingspolitik und sie beschreibt die Reaktionen der Bevölkerung, der Behörden, Grenzpolizisten, Hilfswerke und Fluchthelfer und Fluchthelferinnen. Vielleicht gibt es noch Erzählungen und Gegenstände zum Thema im Rheintal, die in die Ausstellung mit aufgenommen werden könnten? Herzlich willkommen!
31. August 2025 bis 27. Januar 2027
www.prestegg.ch