Der Maler und Bildhauer Otto Freundlich formulierte 1928 in Paris die Idee einer Straße der Skulpturen von Paris nach Moskau. Die Hauptstadt der Kunst und die Hauptstadt der Revolution sollten miteinanderverbunden werden. Die Idee wurde nicht umgesetzt, sondern vergessen. In den 70er Jahren belebte der Bildhauer Leo Kornbrust die Idee wieder. In St. Wendel/Saar begann er den ersten Abschnitt mit heute über 50 Skulpturen. In Niedersachsen gibt es drei Teilstrecken des Skulpturenweges: in Salzgitter, Lamspringe und Braunschweig.
Vom Charakter einer Stadt zeugen ihre kulturellen Aktivitäten und die Zeichen, die sie ihren Bürgern gibt. Salzgitter ist eine Stadt, die mit Natur und Landschaft lebt wie kaum eine andere. Urbaner Umraum und Felder, Wälder, Wiesen sind gemeinsam der Lebensraum. Zugleich haben die industriellen Strukturen von Erzförderung und Verhüttung die Region und ihre Menschen geprägt. Gemeinsam mit den Künstlern und der Salzgitter AG konnte der Plan verwirklicht werden, bisher 9 Skulpturen am Südrand der Stadt auf diesem Teilstück des internationalen Skulpturenweges zu errichten, die im Dialog mit der Landschaft und der Technik stehen. Hier wird symbolhaft verwirklicht, was im Wirtschaftsleben längst Wirklichkeit ist. Eine europäische Idee wird mit internationalem Künstlern zu einem neuen Wahrzeichen der Stadt.
Jean Ipoustéguy: Sonne, Mond und Himmel, 1999
ist eine einzigartige Skulptur im Werk von Ipoustéguy: Keine zweite ist so reduziert: Die Bahn der Sonne und des Mondes laufen durch einen Berg. Doch der Berg ist auch ein Dach, vielleicht sogar nur ein Dreieck. Die Gestirne haben eine Bahn des Lichts und eine Bahn des Schattens, doch es ist nur eine Bahn, die sich im Schatten des Berges verdunkelt und ins neue Licht wieder aufsteigt. Ein symbolisches und ein mythisches Verständnis von Welt. Am Ende des zweiten christlichen Jahrtausends kehrt ein großer Künstler zu Vorstellungen früher Hochkulturen zurück.
Menashe Kadishman „Der Kuss”, 1999
ist wie alle Stahlarbeiten Kadishmans direkt aus der Zeichnung entstanden.
Die Vögel, die sich leicht und schwebend in der Luft küssen und dabei die monumentale Schwere des Materials vergessen lassen, sind für den Künstler Symbol von Frieden, Versöhnung und Liebe.
Der Mensch Kadishman ist fröhlich und lebenslustig, der Künstler skeptisch und nachdenklich. Mit jeder Arbeit lotet Kadishman das Zusammenleben von Mensch und Natur aus. „Die Natur,“ so sagt er. „denkt nicht nach, aber der Mensch. Die Natur hat vier Jahreszeiten, der Mensch hat fünf. Die fünfte Jahreszeit ist dein Gefühl.“ Kadishmans Gedanken sind einfach. Sie treffen direkt den Kern der Dinge und geben den Menschen und dem Künstler Ruhe und Bescheidenheit.
Leo Lornbrust Kubus offen, 2000
Leo Kornbrust beschäftigt sich mit geometrischen Grundformen wie Kugel und Würfel, untersucht die Möglichkeiten ihrer Transformation in andere geometrische Formen durch Teilung, Zerlegung, neues Zusammensetzen. Das geometrische Formenvokabular, das allein aus der Vorstellung, aus dem Kopf des Menschen entspring, bildet den größtmöglichen Gegensatz zu den aus der Natur abgeleiteten organischen Formen. Im Spannungsfeld dieser beiden Pole entfaltet sich Leo Kornbrusts künstlerisches Werk.
James Reineking, Glacier, 2000
Für James Reineking ist Stahl nicht ein knallhartes Material, sondern sehr lebendig. Stahl hat ein Leben, er ändert sich, ist empfindlich, nimmt die Umwelt an und gibt sie wieder, indem er rostet. Stahl ist ein sehr ursprüngliches Material und gleichzeitig ein Material des 20. Jahrhunderts. Stahl ist ein Material, das wenig braucht. Es lässt sich biegen und behält seine Form, es hat eine Erinnerung an sich selbst. Man kann es verformen und es braucht eigentlich keinen Schutz. Es ist sehr stabil und auf der anderen Seite zwar nicht labil aber verformbar. Wenn man Stahl sieht, fragt man überhaupt nicht, was es ist; man weiß es sofort und ahnt unmittelbar, ob es hohl oder massiv ist.
Gerd Winner, Jakobsleiter, 2000
Aber Jakob zog aus von Beer-Seba und reiste gen Haran 11und kam an einen Ort, da blieb er über Nacht; denn die Sonne war untergegangen. Und er nahm einen Stein des Orts und legte ihn zu seinen Häupten und legte sich an dem Ort schlafen. 12Und ihm träumte; und siehe, eine Leiter stand auf der Erde, die rührte mit der Spitze an den Himmel, und siehe, die Engel Gottes stiegen daran auf und nieder; 13und der HERR stand obendarauf und sprach: Ich bin der HERR, Abrahams, deines Vaters, Gott und Isaaks Gott; das Land darauf du liegst, will ich dir und deinem Samen geben. 14Und dein Same soll werden wie der Staub auf Erden, und du sollst ausgebreitet werden gegen Abend, Morgen, Mitternacht und Mittag; und durch dich und deinen Samen sollen alle Geschlechter auf Erden gesegnet werden. 15Und siehe, ich bin mit dir und will dich behüten, wo du hin ziehst, und will dich wieder herbringen in dies Land. Denn ich will dich nicht lassen, bis daß ich tue alles, was ich dir geredet habe…
Hiromi Akiyama, Shadow Dimension, 2002
„Der Schatten der dritten Dimension ist zweidimensional. So gedacht, entspricht die dritte Dimension dem Schatten der vierten Dimension.
Franz Bernhard, Kopf-Salzgitter, 2002
Franz Bernhard arbeitet mit einem fast schon geometrisierenden Formenvokabular, das nur teilweise mit dem Material und seinen Vorgaben im Zusammenhang steht. Das Naturhafte vermittelt sich dem Betrachter – neben der schon erwähnten Bewegung, den Verschleifungen und Verkantungen der Form -auch über die Vitalität der genutzten bildhauerischen Materialien. Ganz bewusst werden bei Bernhard handwerkliche Techniken ungeschönt eingesetzt, das heißt, die Schmiede- und Raspelspuren werden nicht verwischt oder getilgt. Franz Bernhard pflegt einen Umgang mit dem Material, bei dem dieses ungeschützt bleibt und damit gleichsam dem Menschen und der Natur ausgesetzt ist.
Alf Lechner, Auf Ab Auf, 2005/2006
Eine Skulptur ist ein Gegenstand, der die Kraft der Natur und das Produkt des menschlichen Geistes in sich vereint.
Ulrich Rückriem, Opus Magnum
Ulrich Rückriem Skulpturen existieren in der wirklichen Welt, weil Sie, wie alle echten Skulpturen, einen materielle Wirklichkeit haben; und doch stellt sich die Frage: Von welcher Art ist ihre Wirklichkeit? Und, wichtiger noch: Welchen Zugang erlaubt der Künstler zu der Wirklichkeit, die er für seine Skulptur gewählt hat?
So entsteht ein Werk, an dem nichts dem Zufall überlassen ist, ein Gegenstand, der eine Form und eine Oberfläche hat, der von derselben Atmosphäre umgeben ist wie die Gegenstände der Natur, auf den die gleichen Lichter und die gleichen Schatten fallen, der seinen Platz in der Welt des Alltags einnimmt.
Rückriems Werke spielen eine bedeutende Rolle in der Befreiung der Skulptur der Gegenwart von dieser alten Tyrannei, der geistigen und visuellen Erwartungen eines Ausdrucks, welcher eigentlich eher einer literarischen Gattung zukäme. Seine Skulpturen existieren nach ihren eigenen Regeln, sie ahmen nichts nach.