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Die Verantwortung als Mehrspartenhaus mit überregionaler Ausstrahlung möchte das Staatstheater Kassel auch in Zukunft gerecht werden. Dabei will man nicht nur gut unterhalten. Theater vermittelt Bildung und Empathie. Es ist der Ort, an dem die Identität unserer Gesellschaft verhandelt wird. Die zunehmende Intoleranz gegenüber anderen Meinungen und die Vereinfachung von Sachverhalten sind bedrohlich. Daher wird das Staatstheater Kassel mit den Sparten Oper, Konzert, Schauspiel, Tanz und Junges Staatstheater noch stärker daran arbeiten, niemanden von der kulturellen Teilhabe auszuschließen.

Welcome to Paradise Lost
Uraufführung von Falk Richter. Inspiriert von „Die Konferenz der Vögel” von Farid ud-Din Attar
Ein Vogel nach dem anderen taucht auf über Bodega Bay. Heraufbeschworen vom Goldglanz auf Tippi Hedrens Haar? Vom Wiegenlied, das aus dem Klassenzimmer klingt? Bald ist das Klettergerüst schwarz von Krähen. „She combs her hair but once a year”, singen die Kinder: „Nickety-nackety, now, now, now …”. Hitchcocks Meisterwerk „Birds” endet stumm mit einer besetzten, windigen Welt. Ende offen. Das Paradies so verloren, wie in John Miltons Groß-Epos über Satan, Sündenfall und Menschheit, das Falk Richters Titel bissig-paradox zitiert: als feiere man die Heimkehr ins verwüstete Eden, in eine globale Geisterstadt toter Tankstellen, auf denen Vögel hocken …
Willkommen im Anthropozän! Dem neuen Epos des Menschen. Meldung an Bibel, Auftrag ausgeführt: Erde untertan. Kraft Industrie- und Nuklearzeitalter wurden wir der totale Klimafaktor! Apokalypse, Endgericht, Neo- Prometheus, Transformation, Biotechnologie: „What legacy will humans leave in the rocks?”. Auf die Suche hiernach begeben sich bei Richter, quasi über unseren Köpfen … die Vögel. Sie entsteigen einer alten persischen Dichtung, dem Manṭiq aṭ-ṭair, da alle Vögel ausschwärmen, den neuen König der Welt hinter dem Berge Qāf zu suchen, um Abenteuer in vielen Ländern und Gesängen zu erleben und am Ende eine überraschende Antwort zu finden. Aber wie lautet diese heute, fünf vor zwölf auf der Uhr der Welt? Wird diese sein, dass sie wieder in einer lautlosen Welt sitzen, uns anstarren wie Hitchcocks Rächer?
Der Schweizer Regisseur Gustav Rueb zeichnet für die Inszenierung dieser Uraufführung von Falk Richters verantwortlich.
Premiere 6. November 2020

Das Weihnachtsmärchen: Der Zauberer von Oz
Musical nach Lyman Frank Baum
Dorothy hat kein Zuhause mehr: Ein heftiger Wirbelsturm hat sie aus ihrer Heimat, dem grauen Kansas, in das quietschbunte Oz katapultiert und obwohl es hier viel abenteuerlicher ist, vermisst sie ihre Heimat. Die Vogelscheuche hat keinen Verstand: nur Stroh im Kopf, behauptet sie und wehe, ein Streichhölzchen kommt zu nahe. Als die beiden auch noch den Blechmann ohne Herz und den Löwen ohne Mut treffen, tun sich die vier zusammen, um den großen Zauberer von Oz um Hilfe zu bitten. Auf ihrem Weg über die gelbgepflasterte Straße, durch Mohnfelder und die Smaragdenstadt begegnen sie nicht nur bösen und guten Hexen, sondern finden auch heraus, wer hier eigentlich der herzlose, feige Dummkopf ist. Ein musikalisches Märchen zum Dahinschmelzen!
Das Team aus Regisseurin Martina van Boxen, Musiker Thorsten Drücker, Bühnenbildner Michael Habelitz und Kostümbildnerin Esther van de Pas lässt mit „Der Zauberer von Oz” bereits das zweite Weihnachtsmärchen für das JUST – Junges Staatstheater Kassel lebendig werden. Einige Vorstellungen von „Der Zauberer von Oz” werden auch mit Übersetzung in DGS Gebärdensprache angeboten.
Premiere 22. November 2020

Dorian, hinter den Spiegeln
Uraufführung von Thomaspeter Goergen
Ein junger Mann, ein junges Mädchen. Er begegnet dem makellosen Porträt der eigenen Schönheit. Sie blickt durch den Spiegel in eine andere Welt. Er wird ein Monster. Sie trifft auf welche. Dorian Gray und Alice. Ihre Schöpfer haben tief in Fragen von Wirklichkeit und Fantasie labyrinthische Geheimgänge zwischen beiden gegraben. Beide haben, lange vor den endlosen Labyrinthen des Cyberspace, erste wirkliche Metaphern – einen dunklen Helden und eine kindliche Heldin – des Virtuellen geschaffen. Dorian, der unsterblich wird, indem er sich in ein Bild verwandelt; Alice, die auf der anderen Seite des Spiegels in den Hyperraum des Schwarzen Königs eintritt – wer von beiden träumt nun wen? Und falls sie aufwacht, oder er, wer von beiden wird verschwinden, so wie Dorian verschwindet, als er sein Porträt zerstört? Was passiert, wenn der ästhetische Vampir Dorian in den Spiegel von Alice blickt – wird er Spiegelschnaken sehen und Goggelmogel oder sich selbst – als hässlichen Jabberwock? Der „mirror that mirrors soul”, wie es in Wildes „The Critic as Artist” heißt, hängt er in Alices Wohnung an jenem Novembernachmittag, da sie „through the looking glass” spaziert? Dorian und Alice, Bruder und Schwester, Teufel und Engel unseres Jahrtausends der Simulation und Künstlichkeit, der Fakes und der Spiegelfechterei …
Premiere 29. Januar 2021

www.staatstheater-kassel.de