Der Titelheld in Lord Byrons dramatischem Gedicht Manfred staunt nicht schlecht: Er erwacht eines Morgens völlig unverhofft auf dem Gipfel der Jungfrau im Berner Oberland!

Nicht wenige Komponisten, darunter Robert Schumann, waren von Byrons geisterhaftem, wild-romantischem Werk in alpiner Kulisse derart inspiriert, dass sie sich an eine Vertonung des Gedichts wagten. Mit alpinen Kulissen kannte sich auch der in Brunnen SZ geborene Komponist Othmar Schoeck gut aus. Sein einziges Violinkonzert entstand infolge seiner (unerwiderten) Liebe zu der ungarischen Stargeigerin Stefi Geyer. Das Werk trägt treffenderweise den Titel „Quasi una fantasia”, da es sich nicht den damals gängigen Formkonventionen unterwirft. Auch der Alpinist Felix Mendelssohn hat bei seinen zahlreichen Wanderungen in der Schweiz so manchen Gipfel bestiegen. 1829 wählte er jedoch die andere Richtung: Bei einem Besuch einer Bleimine in Wales hatte er 150 Meter unter der Erde die Eingebung zu musikalischem Material, das er in seiner „Reformationssymphonie” verwenden sollte.

Mit diesem Werk wollte der vom Judentum zum Protestantismus konvertierte Mendelssohn eine Art symphonisches Glaubensbekenntnis komponieren und zitierte unter anderem den Choral Ein feste Burg. Doch Mendelssohn war mit dem fertigen Werk nicht recht zufrieden, nannte den ersten Satz gar „ein dickes Tier mit Borsten”. Am Pult: Gipfelstürmer Mario Venzago, ehemals langjähriger Chefdirigent des Berner Sympho-nieorchesters. Als Solistin begrüßen wir das Schweizer Nachwuchstalent Anna Naomi Schultsz an der Violine.
13. Juni 2024

buehnenbern.ch