Dieser Inhalt wurde archiviert. Er ist eventuell nicht mehr relevant.

Das Deg­gen­dor­fer Hand­werks­mu­se­um, es ist das ein­zi­ge in Nie­der­bay­ern, wur­de 1991 er­öff­net. Acht Ab­tei­lun­gen bie­ten ei­nen Über­blick über die re­gio­na­le Hand­werks­kul­tur. Wech­seln­de Son­der­aus­stel­lun­gen zu ak­tu­el­lem Kunst­hand­werk und zur Hand­werks­ge­schich­te, so­wie ein al­le drei Jah­re statt­fin­den­der Wett­be­werb für Hand­werk und De­sign er­gän­zen die Dau­er­aus­stel­lung.

Handwerksgeschichte
In der ers­ten Ab­tei­lung wird in vier Zeit­ab­schnit­ten die Ge­schich­te des Hand­werks ver­mit­telt. Be­gin­nend mit der Vor- und Früh­ge­schich­te, in der sich be­reits Hand­werks­be­ru­fe nach­wei­sen las­sen, reicht der Ent­wick­lungs­bo­gen bis in un­se­re heu­ti­ge Zeit. Da der Be­griff Hand­werk bei­des um­fasst, die Hand­wer­ker und die Hand­werks­tech­nik, sind die­se bei­den The­men mit­ein­an­der ver­zahnt. Ge­zeigt wird die Ge­schich­te der Hand­werks­or­ga­ni­sa­tio­nen – von der Zunft bis hin zur Hand­werks­kam­mer. Die Ent­wick­lung der Hand­werks­tech­nik wird am Bei­spiel des Druck­hand­werks ver­deut­licht, von der aus­schlie­ß­li­chen Hand­ar­beit hin zu Fo­to­satz­tech­nik und Off­set­druck.

Handwerk im Industriezeitalter
Schlag­licht­ar­tig wird die Si­tua­ti­on des Hand­werks im In­dus­trie­zeit­al­ter be­leuch­tet: Frü­he Me­cha­ni­sie­rung – Kon­zen­tra­ti­on auf We­ni­ge – Spe­zia­li­sie­rung – Nie­der­gang – Auf­stieg – und Neue Hand­werks­be­ru­fe hei­ßen die The­men, die ex­em­pla­risch an ver­schie­de­nen Hand­werks­be­ru­fen auf­ge­zeigt wer­den. Die Spann­brei­te der aus­ge­stell­ten Be­ru­fe reicht vom Metz­ger und Brau­er über den Flick­schus­ter bis hin zum Elek­tri­ker und Au­to­me­cha­ni­ker. Die Gürt­le­rei Fried­rich Ei­gl­mei­er, die vor al­lem kirch­li­ches Ge­rät re­stau­rier­te und neu an­fer­tig­te, bil­det ei­nen Hö­he­punkt der Ab­tei­lung.

Holzhandwerk im Bayerischen Wald
Der Holz­reich­tum des Baye­ri­schen Wal­des führ­te zu ei­ner Viel­zahl von Holz­be­ru­fen. Da wa­ren zum ei­nen die „Bitz­ler“, dies sind Klein­bau­ern, die im Ne­ben­er­werb Holz­pro­duk­te her­stell­ten wie Re­chen, Schin­deln, Kör­be, Sie­be usw. Zum an­dern gab es die aus­ge­bil­de­ten Holz­hand­wer­ker wie z.B. die Zim­me­rer, Schrei­ner und Wag­ner.
Werk­statt­ein­rich­tun­gen, Werk­zeu­ge und Pro­duk­te ver­wei­sen auf ih­re spe­zi­fi­schen Ar­beits­wei­sen. Die ein­zig­ar­ti­gen Mus­ter­ta­feln der Deg­gen­dor­fer Schrei­ne­rei Wein­zierl er­mög­lich­ten die ge­naue Zu­schrei­bung ei­ner be­mal­ten Mö­bel­grup­pe, die über­re­gio­nal be­kannt wur­de. Ein „Wein­zierl-Schrank“ aber auch ei­ne „Eye­rer Tru­he“ aus Bern­ried ver­deut­li­chen lo­ka­le Werk­statt­sti­le des 19. Jahr­hun­derts.

Lebensläufe von Handwerkern
Hand­wer­ker zu sein präg­te und be­stimm­te das gan­ze Le­ben. Meist ist Hand­werk bis heu­te weit mehr als nur ei­ne Be­rufs­aus­bil­dung. Drei ex­em­pla­ri­sche Le­bens­läu­fe aus ver­gan­ge­ner und heu­ti­ger Zeit ver­deut­li­chen dies: Der Wag­ners­sohn Jo­sef Zieg­ler (1859-1955) er­lernt ganz selbst­ver­ständ­lich das Hand­werk sei­nes Va­ters und be­gibt sich auf lan­ge Wan­der­schaft. Er über­nimmt die Werk­statt des Va­ters und ar­bei­tet noch als 90jäh­ri­ger.
Der Schnei­der­sohn Fried­rich Ei­gl­mei­er (1933-1987) hin­ge­gen er­greift nicht den Be­ruf sei­nes Va­ters, son­dern er­lernt sei­ner künst­le­ri­schen Nei­gung fol­gend, das Gürt­ler­hand­werk. Schul­zeug­nis­se von Be­rufs- und Meis­ter­schu­le do­ku­men­tie­ren sei­nen Aus­bil­dungs­weg. Der Schrei­ner Gün­ther Mindt (geb. 1936) muss­te so­gar ei­nen zwei­ten Hand­werks­be­ruf, den des Me­tall­bau­ers er­ler­nen, um wei­ter­hin be­schäf­tigt zu sein. Auch bei ihm fin­den sich Spu­ren sei­nes Be­rufs im pri­va­ten All­tag wie­der.

Lehrling – Geselle – Meister
In die­ser Ab­tei­lung wird der Wan­del der Hand­werks­aus­bil­dung dar­ge­stellt: Zunft­ge­rät­schaf­ten, Hand­werks­lie­der, Wan­der­bü­cher so­wie die Por­traits ei­nes Meis­ter­ehe­paa­res aus der zünf­ti­schen Aus­bil­dungs­zeit ste­hen den mo­der­nen Lehr­lings­ar­bei­ten, Ge­sel­len- und Meis­ter­stü­cken ge­gen­über.
Die Aus­bil­dung war und ist der Stolz des Hand­werks. Be­reits im Mit­tel­al­ter leg­te es sei­ne Aus­bil­dung in den Zunf­tord­nun­gen fest. Erst mit Ab­schaf­fung der Zünf­te (in Bay­ern 1825) und der Ein­füh­rung der Schul­pflicht (in Bay­ern seit 1803) ent­wi­ckel­te sich das dua­le Aus­bil­dungs­sys­tem. Nun kam zum Ler­nen in der Werk­statt die Schu­le hin­zu. Ge­werb­li­che Fort­bil­dungs­schu­len wur­den ge­grün­det, aus de­nen sich im 20. Jahr­hun­dert die Be­rufs­schu­len ent­wi­ckel­ten.
Zwar wa­ren Frau­en bis zur Ge­wer­be­frei­heit of­fi­zi­ell vom Hand­werk aus­ge­schlos­sen, doch ob als „Hilfs­ar­bei­te­rin“ oder als „Frau des Meis­ters“, im­mer ar­bei­te­ten sie ma­ß­geb­lich im Hand­werk mit. Erst mit der Ge­wer­be­frei­heit (1868) durf­ten Frau­en Hand­werks­be­ru­fe er­ler­nen.

Frauen im Handwerk
Ne­ben den ty­pi­schen Frau­en­be­ru­fen wie Fri­seu­se und Hut­ma­che­rin wer­den auch Frau­en do­ku­men­tiert, die in ver­meint­lich männ­li­chen Be­ru­fen tä­tig sind. Ei­ne klei­ne In­for­ma­ti­ons­ecke bie­tet zu­dem die Mög­lich­keit sich über die Be­ru­fe im Hand­werk zu in­for­mie­ren, in de­nen Frau­en noch un­ter­re­prä­sen­tiert sind.

Museumsdruckerei
Ab­ge­run­det wird die Ab­tei­lung Hand­werks­ge­schich­te mit ei­ner „Mu­se­ums­dru­cke­rei“, in der die Be­su­cher un­ter An­lei­tung Hand­satz und Buch­druck aus­pro­bie­ren kön­nen. Setz­re­ga­le, Hei­del­ber­ger Tie­gel und Hei­del­ber­ger Zy­lin­der aus Deg­gen­dor­fer Dru­cke­rei­en ver­mit­teln die At­mo­sphä­re ei­ner Buch­dru­cke­rei um 1960, wie sie heu­te längst der Ver­gan­gen­heit an­ge­hört.

www.handwerksmuseum.deggendorf.de