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Die Tiroler Festspiele Erl feiern im kommenden Winter ein rundes Jubiläum. Im Zentrum des Programms stehen zwei faszinierende Opernpremieren.

Vor zehn Jahren, im Dezember 2012, begann mit der Eröffnung des architektonisch herausragenden Festspielhauses eine neue Ära in der Geschichte der Tiroler Festspiele Erl: Das renommierte, in atemberaubende Landschaft eingebettete Festival veranstaltet seit damals auch eine mit interessanten Aufführungen bestückte Wintersaison. Dieses runde Jubiläum wird bei den kommenden, von Intendant Bernd Loebe und seinem Team konzipierten Winterfestspielen mit einem wundervollen Programm in höchst würdiger Weise gefeiert.

Donizettis Meisterwerk: Don Pasquale
Mit großer Vorfreude wird die Erler Neuinszenierung von Gaetano Donizettis Opera buffa Don Pasquale erwartet – ein Meisterwerk des Belcanto, dem man sich bekanntlich schon in den vergangenen Jahren in Erl auf höchstem Niveau (und international viel akklamiert) gewidmet hat. In der 1843 im winterlichen Paris uraufgeführten Oper rund um den alternden Don Pasquale sind, so erzählt Deborah Einspieler, die Dramaturgin der hochkarätigen Neuproduktion, Referenzen an Carlo Goldonis Figuren der Commedia dell’Arte unübersehbar. Die Oper mit ihrer turbulenten, von Liebeswirren durchzogenen Handlung (Libretto: Giovanni Ruffini und Gaetano Donizetti) gilt zudem musikhistorisch als wegweisend. Deborah Einspieler: „Während sich der Librettist auf die Glanzzeit der Opera buffa berufen und an alten Mustern und Formen festhalten wollte, drängte der Komponist nach Neuerungen und vollzieht mit diesem Werk den Wandel von der klassischen musikalischen Form zu einer neuartigen Buffa, deren Personen sich überaus glaubwürdig begegnen.“
Donizettis Erfolgsoper wird in Erl von der italienischen Regisseurin Caterina Panti Liberovici in Szene gesetzt, die musikalische Leitung hat mit Francesco Lanzillotta ein Dirigent inne, der regelmäßig den Orchestern bedeutender italienischer Opernhäuser – etwa des Teatro La Fenice in Venedig – vorsteht. Die Titelpartie übernimmt mit Donato di Stefano ein exzeptioneller Buffobass, der an der New Yorker Met, der Mailänder Scala und der Oper Frankfurt ebenso zu erleben war wie bei den Salzburger Festspielen. Als junge, mittellose Witwe Norina steht die italienische Sopranistin Bianca Tognocchi auf der Bühne, als Norinas Geliebter Ernesto der Tenor Brayan Ávila Martínez, als Dottore Malatesta der ukrainische Bariton Danylo Matviienko und als Notar der französische Bass Nicolas Legoux.

Francesco Lanzillotta (musikalische Leitung Don Pasquale) © Festspiele Erl

Francesco Lanzillotta (musikalische Leitung Don Pasquale) © Festspiele Erl


Spektakuläre Wiederentdeckung: Francesca da Rimini
Die zweite Musiktheaterpremiere der Winterfestspiele in Erl ist einer sensationellen Wiederentdeckung gewidmet. Auf dem Programm steht Saverio Mercadantes im Jahr 1830 geschaffenes Opernjuwel Francesca da Rimini, das aufgrund diverser unglücklicher Umstände zu Lebzeiten des Komponisten nicht auf die Bühne gebracht werden konnte und nach seinem Tod der Vergessenheit anheimfiel. Die Winterfestspiele präsentieren nun die österreichische Erstaufführung des Werks, die an die höchst erfolgreiche Uraufführung der Oper – im Sommer 2016, beim renommierten Festival della Valle d’Itria – mit exzellenter Besetzung anschließt. Mercadantes zweiaktige, musikalisch faszinierende Oper entfaltet sich auf der Bühne als dramatisches Werk über eine Zwangsehe mit bitteren Folgen, das auf ein historisches Ereignis im 13. Jahrhundert zurückgreift, das von Dante, dem Zeitgenossen, in seiner Göttlichen Komödie verarbeitet wurde: Im Zentrum der Handlung (Libretto: Felice Romani) stehen die tragischen Begebenheiten rund um Francesca da Polenta, die aus dynastischen Gründen mit Lanciotto Malatesta verheiratet wurde, aber ihren Schwager Paolo, Lanciottos Bruder, auf leidenschaftliche Weise liebt.

Karolina Makuła (Paolo/Francesca da Rimini) © Wolfgang Runkel

Karolina Makuła (Paolo/Francesca da Rimini) © Wolfgang Runkel

Die Inszenierung übernimmt der renommierte Regisseur Hans Walter Richter, der mit seiner Regie des Postillon de Lonjumeau bei den Winterfestspielen 2021 Publikum und Medien gleichermaßen zu Begeisterungsstürmen hinriss. Die musikalische Leitung liegt in den Händen von Giuliano Carella, dessen Einspielungen des Belcanto-Repertoires mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurden. Für das Bühnenbild zeichnet der international gefeierte Bühnenbildner Johannes Leiacker verantwortlich, der von der einflussreichen Branchenbibel Opernwelt schon mehrfach zum „Bühnenbildner des Jahres“ gewählt wurde. In der Titelrolle ist die junge Koloratursopranistin Anna Nekhames zu erleben, in der Hosenrolle des Paolo die polnische Mezzosopranistin Karolina Makuła und als Lanciotto Theo Lebow, der zu den besten lyrischen Tenören seiner Generation zählt.

Schillernde Programmperlen mit Bach, Bizet und Rachmaninow
Umrahmt werden die beiden Musiktheaterproduktionen von einem Kaleidoskop an schillernden musikalischen Perlen. Der schon legendären Festspieltradition folgend, eröffnet das Festival im winterlichen Erl auch heuer mit Johann Sebastian Bachs herrlichem Weihnachtsoratorium – eine exzellent besetzte Aufführung, unter der Chorleitung von Tilman Michael, der mehrfach für seine Arbeit von der „Opernwelt“ ausgezeichnet wurde. Im Weihnachtskonzert wiederum wird das 10-Jahre-Jubiläum der Winterfestspiele mit einer prachtvollen Auswahl barocker Werke zelebriert: Auf dem Programm stehen Kompositionen von Monteverdi über Händel bis zum meisterhaften Ottorino Respighi (1879–1936), der die italienische Barockmusik liebte und ihr mit seinen Werken ein neues Klanggewand verlieh. In einem quirligen Familienkonzert (Dirigent: Beomseok Yi) widmen sich die Festspiele zudem ganz der Fledermaus von Johann Strauß, der hinreißendsten aller Wiener Operetten also, und im fröhlich-rasanten Silvesterkonzert erklingen mitreißende Melodien aus Carl Millöckers beliebtesten Werken. Höchst schwungvoll wird auch 2023 begrüßt: im Neujahrskonzert mit ausgewählten Werken französischer Komponisten. Auf dem Programm stehen Kompositionen etwa von Bizet, Massenet und Joseph Canteloube, als Solistin ist die irische Mezzosopranistin Paula Murrihy zu erleben. Und auch auf das Abschlusskonzert der Winterfestspiele in Erl darf man sich freuen: Mit Nikolai Rimski-Korsakows majestätisch-malerischer Ouvertüre zu Die Zarenbraut sowie Sergei Rachmaninows Rhapsodie über ein Thema von Paganini op. 43 und der Sinfonie Nr. 1 in d-Moll op. 13 ist ein aufregendes Konzert angekündigt, das zu den Höhepunkten des Festivals gezählt werden muss.
Spannendes lässt sich überdies in der tollen Erler Festspielreihe „Kammermusik & Specials“ entdecken. So kreist der kluge, vielschichtige Abend „Casanovas Rückkehr“ um Arthur Schnitzlers berühmte Novelle Casanovas Heimfahrt und inkludiert dabei auch eine kammermusikalische Kostbarkeit von Beethoven (mit dem renommierten Frankfurter Amici Ensemble und dem Tatort-Kommissar Udo Wachtveitl). Im Rahmen von „Pepe & Speedy“ wiederum, einem Polsterkonzert für Kinder, forschen die Jazzmusiker Christoph Pepe Auer und Manfred Temmel mit Gitarre, Klarinetten, Saxofonen und dem selbst gebauten Pepephon spielerisch nach Klängen, Rhythmen und Melodien. Abschließend muss natürlich ganz besonders auch auf die Osttiroler Musicbanda Franui hingewiesen werden, die sich in „Strg F Volksmusik“ etwa auf die Suche nach Klängen begibt, die von den Volksmusikpflegern garantiert niemals aufgefunden wurden – Tipp!
26. Dezember 2022 bis 8. Januar 2023 

www.tiroler-festspiele.at